Der, der immer läuft: Adamu ist für Rangnick eine "echte Option"

UEFA Europa League - SC Freiburg vs  TSC Backa Topola
Der 23-Jährige hat jene Fähigkeiten, die Ralf Rangnick besonders schätzt. Ob sie gegen Kasachstan zum Tragen kommen?

Mehr Heavy Metal und weniger langsamen Walzer, das war das Motto, das Ralf Rangnick vor dieser Nationalteamwoche ausgegeben hat. Jetzt erst Recht will der Teamchef „seinen“ Pressingfußball sehen, wenn es am Donnerstag (20.45 Uhr, live ORF 1) gegen Kasachstan und am Sonntag gegen Norwegen geht in der Nations League, jeweils in Linz.

Einer, der seit je her für diesen Spielstil steht, ist Junior Adamu. Ob der Teamchef den 23-Jährigen auch deshalb wieder einberufen hat? Der Stürmer des SC Freiburg ist jedenfalls einer der wenigen Spieler im Kader des ÖFB-Teams, denen es gelungen ist, ihre Situation bei ihrem Klub in dieser noch jungen Saison zu verbessern.

Junior Adamu ist bei Freiburg gesetzt. In allen sechs Bundesligapartien stand der ehemalige Salzburger in der Startelf und hat seinen Anteil an vier Siegen und Tabellenplatz vier. Und es ist nicht unbedingt so, dass Adamu dabei als Torschütze vom Dienst geglänzt hat. Zwei Bundesligatore, es war ein Doppelpack gegen Bochum, hat der Angreifer zwar erzielt. Doch Adamu ist ein Musterbeispiel dafür, dass Stürmer nicht mehr immer nur an ihren Toren gemessen werden. Vor allem im System Rangnick.

Der Pressingstürmer

Was Junior Adamu tut, wenn er nicht gerade Tore schießt? Er läuft, er rutscht, er blockt und ist damit in erster Linie sehr unangenehm für die Verteidiger des Gegners, weil er ihnen keine Luft lässt zum Atmen, keine Zeit und keinen Raum, um das Spiel aufzubauen. Junior Adamu ist das, was man einen Pressingstürmer nennt. Das schätzt auch sein Trainer Julian Schuster an ihm: „Junior ist auf dem Platz sehr fleißig, arbeitet defensiv viel und belohnt sich mit Toren und Assists. So ist Junior auf dem richtigen Weg“, sagt der Freiburg-Coach zum KURIER.

Viel zu laufen, das war schon immer sein Ding. Schon, als er als Knirps bei seinem ersten Klub, dem GSV Wacker in Graz als linker Verteidiger nicht aufzuhalten war. „Irgendwann hat mich der GAK zum Probetraining eingeladen, weil sie davon beeindruckt waren, wie viel ich auf dem Platz gelaufen bin“, erinnert sich Adamu, der in Nigeria geboren wurde und als Dreijähriger mit seiner Familie nach Österreich gekommen ist.

Über den GAK ging es dann Jahre später nach Salzburg, wo Adamu die gesamte Akademie durchlaufen ist. Als Stürmer. Ganz fokussiert auf den Fußball. Dabei war das nicht immer so. Denn Adamu war eine Zeit lang polysportiv unterwegs und spielte zuvor auch Tennis und Basketball in Vereinen. „Mein Vater hat mich dann aber gefragt, was ich wirklich will. Er meinte, ich könne ja nicht in drei Vereinen gleichzeitig spielen. Ich musste mich also irgendwann entscheiden.“

Sieht so aus, als wäre es die richtige Entscheidung gewesen. Adamu hat nicht nur den Schritt zum Profi geschafft, er ist auch drauf und dran, sich in einer Topliga durchzusetzen. Dabei hatte es zu Beginn in Freiburg nicht danach ausgesehen, als würde das gelingen.

Sechs Millionen Euro hat der Klub aus dem Schwarzwald nach Salzburg überwiesen. Nie zuvor gab Freiburg für einen Spieler so viel Geld aus. Eine Last für einen jungen Spieler? Gut möglich. Die erste Saison unter Trainerlegende Christian Streich verlief jedenfalls nicht nach Wunsch. Mit einer Blessur an der Patellasehne in Freiburg angekommen, kam der Stürmer zunächst nur auf Kurzeinsätze und dann gar nicht mehr zum Zug.

In Freiburg unten durch

Klubkollege Michael Gregoritsch erinnert sich an den Herbst des Vorjahres: „Da hat Junior zwei Mal von Beginn an spielen dürfen und beiden Male wurde er zur Halbzeit ausgetauscht. Da kommst du in einen Negativ-Strudel, wo du dir selbst zu viel Druck machst.“

Auch David Weigend, als Redakteur der Badischen Zeitung in Freiburg bei Trainings und Spielen meist vor Ort, blickt zurück: „Adamu war bei Christian Streich schon unten durch, weil er dem Trainer zu wild war in seinen Aktionen und sich dem Freiburger Stil nicht unterordnen konnte“, sagt der Journalist. „Seine Verpflichtung galt schon als teures Missverständnis.“

Adamu hat sich aber zurückgekämpft. Zunächst über ein eigens finanziertes privates Trainingslager, um wieder vollständig fit zu werden. Und dann durch eine überzeugende Vorbereitung mit der Freiburger Mannschaft unter dem neuen Trainer. Nun steht er auch wieder im Aufgebot von Ralf Rangnick, der ihn schätzt. „Im Spiel gegen den Ball ist Junior sicher einer unserer Vorzeigespieler und hat ein gutes Gespür dafür, wann er das Pressing auslösen muss“, sagt der Teamchef. Doch auch im Spiel mit dem Ball habe der Stürmer Selbstvertrauen getankt. Adamu ist als Mittelstürmer so etwas wie die Antithese zu Marko Arnautovic. Man darf gespannt sein, für welchen Typen sich der Teamchef entscheidet.

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