Wie drei Ex-ÖFB-Teamspieler Bayerns Star-Trainer Tuchel erlebten

Bayern München hat die Länderspielpause zu einem Paukenschlag genutzt und Julian Nagelsmann als Trainer freigestellt. Nur wenige wissen, dass dessen Nachfolger sein letzter Trainer war. 2008 betreute Thomas Tuchel die zweite Mannschaft von Augsburg, wo der 20-Jährige Nagelsmann in diesem Jahr seine Karriere beendete.
Aber alle wissen, dass der jetzige Bayern-Trainer Tuchel zwei Jahre auch Chefcoach in Dortmund war. Und das erste Spiel von Tuchel auf der Bayern-Bank ist am Samstag der Bundesliga-Klassiker zwischen den Bayern und Dortmund (18.30 Uhr, live Sky). Sportlich kommt der Tabellenführer (Dortmund) zum Serienmeister (Bayern), seinem ersten Verfolger.
Tuchel, der im August 50 Jahre alt wird, kickte unter Trainer Ralf Rangnick in der Regionalliga bei Ulm, musste just im Aufstiegsjahr in die 2. Bundesliga verletzungsbedingt seine Karriere mit 24 beenden. Und stieg ins Trainergeschäft ein.
Rot-weiß-rote Mainzer
2009 saß Thomas Tuchel bei Mainz erstmals bei einem Profiklub auf der Bank und blieb bis 2014. In dieser Zeit lernten ihn drei ehemalige österreichische Teamspieler kennen: Julian Baumgartlinger (2011 – 2016/76 Spiele unter Tuchel), Andreas Ivanschitz (2009 – 2013/104 Spiele) und Christian Fuchs (2010, 2011/31 Spiele).
Andreas Ivanschitz hat in seiner langen Karriere nur unter einem Trainer (Josef Hickersberger) mehr Spiele bestritten als mit Tuchel an der Seitenlinie. Dementsprechend stark geprägt wurde der heute 39-Jährige vom damaligen Mainzer Chefcoach: "Er kam als Meistertrainer der A-Jugend und hatte vom ersten Tag an bei den Profis eine unglaubliche Ausstrahlung mit einer tollen Kommunikation und die volle Überzeugung in sein Tun."
Die Mannschaft merkte schnell, dass der Neue nicht nur gut reden konnte: "Jedes Training hat er akribisch vorbereitet. Die Trainingssteuerung hat gepasst und bei der Videoanalyse war er extrem detailliert." Tuchel wirkte wie besessen von seinem Job: "24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche hat er sich mit uns und dem Fußball allgemein beschäftigt. Ich glaube, er hat nie abgeschaltet."
Ivanschitz sagte einmal, er verstehe, "wenn Tuchel als anstrengend beschrieben wird. Ich habe damit gemeint, dass er sehr direkt war. Die Kritik konnte auch hart sein. Ich war das nicht gewohnt. Unser Verhältnis war durchaus angespannt".
Auch Julian Baumgartlinger, der noch bei Augsburg aktiv ist, erinnert sich an den Perfektionisten. "Tuchel ist ein akribischer Arbeiter, der nichts dem Zufall überlässt. Natürlich ist er anspruchsvoll. Ich bin mit ihm sehr gut ausgekommen."

Tuchels lockere Seite
Christian Fuchs ist bald 37 Jahre alt und Anfang des Jahres in den Trainerstab von Charlotte in den USA gewechselt. Er erinnert sich an die Spielanalyse: "Wir haben schon drei Tage vor einem Spiel begonnen, uns mit dem Gegner zu beschäftigen. Du warst überzeugt: Die Partie können wir sicherlich gewinnen." Er berichtet jedoch von einem entspannten Trainer. "Er war ein lockerer Typ, mit dem einige Spieler sogar per Du waren. Ich nicht, das war ich mit keinem Trainer. Man konnte mit ihm auch abseits des Berufes Spaß haben, umgekehrt brachte er immer wieder die nötige Schärfe rein."
Fuchs erwähnt eine Anekdote: Damals bat das Magazin Der Spiegel den Österreicher sowie Jungstar Lewis Holtby in einem Lokal nahe dem Mainzer Stadion zum Interview. "Lewis und ich waren gerade dabei, Trainer Tuchel in höchsten Tönen zu loben. Da tauchte er plötzlich laut lachend auf, denn er hatte in diesem Moment das Lokal betreten und war auf die Antwort gespannt."
Für Fuchs ist ein großes Erfolgsgeheimnis, dass "man ihm alles abkauft, weil er einfach authentisch ist".
Aber reicht das für die Bayern? Ivanschitz, der mittlerweile Vienna-Sportdirektor ist, hat mit dem neuen Bayern-Trainer keinen Kontakt mehr. „Er wird sein Ding durchziehen. Er hat mit Dortmund, Paris und Chelsea Titel gewonnen, er weiß also, wie man große Mannschaften führt. Aus diesen Erfahrungen wird Tuchel ableiten, wie er mit dem speziellen Bayern-Umfeld umgehen muss.“
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