Junuzovic: "Koller spricht, wie er als Mensch ist"

Junuzovic: "Koller spricht, wie er als Mensch ist"
Zlatko Junuzovic spricht darüber, wie er mit guten und schlechten Arbeitstagen umgeht und was das besondere am ÖFB-Team ist.

Kein Teamspieler erlebt im Berufsalltag größere Gegensätze als Zlatko Junuzovic. Als Führungsspieler übernimmt der 28-jährige Mittelfeldstratege seit zwei Jahren eine ungewöhnliche Doppelrolle: Mit dem deutschen Traditionsklub Werder Bremen kämpft Junuzovic gegen den Abstieg. Mit dem ÖFB-Team verlor er zwischen September 2014 und Oktober 2015 keine einzige Partie und qualifizierte sich als Gruppensieger für die Europameisterschaft.

Stress in Bremen, Euphorie in Österreich. Im Interview mit The Red Bulletin spricht Zlatko Junuzovic darüber, wie er mit guten und schlechten Arbeitstagen umgeht und was das besondere am österreichischen Nationalteam ist.

Herr Junuzovic, vergangenen November kassierten Sie mit Bremen ein 0:6 in Wolfsburg – die höchste Niederlage Ihrer Bundesligakarriere (beim 0:7 gegen München 2013 stand Junuzovic nicht im Kader; Anm.). Als Führungsspieler wurden Sie nach dem Match besonders hart kritisiert. Wie verarbeitet man so eine Pleite?
Zlatko Junuzovic: Mit vielen Gesprächen. Ich habe an diesem Abend lange mit meiner Frau geredet und danach meinen Vater angerufen. Wir haben Spielsituationen analysiert. Das machen wir nach jedem Match. Niederlagen verarbeitet man am besten mit Dialog. Man darf den Frust nicht in sich hineinfressen.

Junuzovic: "Koller spricht, wie er als Mensch ist"
Wie stärken Sie Ihr Selbstvertrauen, wenn es im Beruf schlecht läuft?
Ich spiele positive Situationen aus der Vergangenheit in meinem Kopf noch einmal durch. Einzelne Szenen, die ich immer wieder neu zusammenschneide - Tore, Vorlagen, Freistöße. Zum Beispiel mein Freistoßtor gegen Leverkusen 2015. Der Ball ging unhaltbar in die linke Ecke. Solche Szenen erinnern mich daran, dass ich das Kicken nicht verlernt habe, wenn es einmal schlecht läuft.

Das klingt nach einem guten Trick für miese Tage im Büro.
Es ist gleichgültig, ob du Fußball spielst oder in einem Büro sitzt. Erfolg abspeichern kann jeder. Nimm, was dich stolz macht, und denk daran, wenn es dir schlecht geht. Auch kleine Erfolge stärken das Selbstvertrauen. Durch Selbstvertrauen ändert sich deine Körpersprache, du trittst wieder sicherer auf und so weiter. Das baut alles aufeinander auf.

Wir haben zu Beginn über einen besonders schlimmen Arbeitstag gesprochen. Ein besonders guter war der 4:1-Sieg mit dem Nationalteam gegen Schweden im Oktober. An diesem Abend qualifizierte sich Österreich für die EM. Was nehmen Sie von einem Tag wie diesem mit?
Die Gewissheit, dass wir auch große Gegner schlagen können. Ich habe noch auf dem Spielfeld probiert, dieses Glücksgefühl aufzusaugen. So ein Sieg gibt dir unglaublich viel Energie.

Was macht das ÖFB-Team derzeit so erfolgreich?
Unser Teamgeist. Marko Arnautovic spricht von einer „Familie“. Martin Harnik nennt das Team eine „Wohlfühloase“. Nur ein Beispiel: Normalerweise bilden sich in jedem Team Gruppen, wenn man abends Freizeit im Hotel verbringt. Bei der Nationalmannschaft sitzen am Abend alle Kaderspieler gemeinsam in der Players Lounge. Es gibt keine Gruppen mehr.

Was macht man in einer Players Lounge?
Tischtennis spielen, Karten spielen, gemeinsam fernsehen. Solche Abende sind wichtig, um ein Team zusammenzuschweißen. Die Stimmung außerhalb des Platzes beeinflusst die Leistung auf dem Feld.

Im Nationalteam arbeiten Sie für Österreichs beliebtesten Chef. Was trägt Marcel Koller zur Wohlfühloase bei?
Er hat sie erschaffen. Mit Vertrauen. Er hat auf Leute gesetzt, obwohl sie in ihrem jeweiligen Verein abgeschrieben waren. Beispiel Marc Janko. Der stand bei Trabzonspor nicht einmal im Kader. Koller ließ ihn trotzdem spielen. Janko zahlte ihm das Vertrauen mit sieben Toren zurück.

Verraten Sie uns, wie Marcel Koller seine Spieler vor einem wichtigen Spiel in der Kabine motiviert?
Er spricht alles an: von der Taktik bis zum Auftreten auf dem Platz. Was Sie nie hören werden, sind banale Aussagen wie: „Geht raus und fresst sie auf!“ Koller spricht, wie er als Mensch ist: organisiert.

Dass er organisiert ist, haben wir vermutet. Aber was ist sein Erfolgsgeheimnis als Führungskraft?
Er lässt seinen Spielern Freiräume innerhalb fest gesteckter Grenzen. Wir haben Spieler, die Freiräume brauchen, um gut zu sein: David Alaba, Marko Arnautovic, ich selbst zähle mich auch dazu. Koller setzt taktische Grenzen fest. Aber innerhalb dieser Grenzen können sich Spieler entfalten.

Verraten Sie uns zum Abschluss bitte noch Ihre Prognose für einen besonders wichtigen Arbeitstag: Am 18. Juni spielen Sie bei der EM gegen Portugal und Cristiano Ronaldo. Ihr Tipp?
Es ist geil, gegen Ronaldo zu spielen. Aber wir wollen die Partie gewinnen.

Welche Serie Zlatko Junuzović nachts am liebsten sieht wenn er nicht schlafen kann und wie er sich persönlich für gute Spiele belohnt, lesen Sie im kompletten Interview in der aktuellen Ausgabe des „The Red Bulletin“ und auf https://www.redbulletin.com.

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