Andreas Ivanschitz: Nicht ganz hoffnungslos in Seattle
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Noch besteht sie für Andreas Ivanschitz, dass er Teil des 23-Mann-Kaders sein könnte, den Teamchef Marcel Koller mit nach Frankreich zur EURO nimmt. Allerdings war der Legionär von Seattle Sounders schon lange nicht mehr mit von der Partie, stand dem Team nur noch auf Abruf bereit.
Es wäre wohl ein kleines Fußball-Wunder, wenn der Burgenländer Geschichte schreiben würde. Der 32-jährige Mittelfeldspieler wäre bei einer EM-Teilnahme in Frankreich neben Fuchs, Garics, Özcan, Prödl und Harnik einer von sechs österreichischen Fußballern, die zwei Mal an einer EM-Endrunde teilgenommen hätten.
KURIER: Herr Ivanschitz, zwei Länderspiele haben im EURO-Jahr schon stattgefunden. Wie haben Sie die miterlebt?
Andreas Ivanschitz: Ich habe beide Spiele leider nicht live im Fernsehen sehen können. Ich habe die Resultate erfahren und mir danach die Highlights angesehen.
Sie sind nur noch "auf Abruf". Wie fühlt sich das an?
Ich bin nicht weg, nicht dabei. So fühlt sich das für mich an. Ich habe immer klar gesagt, dass für mich das Thema Team nicht abgeschlossen ist. Ich stehe zur Verfügung, wenn ich gebraucht werde. Aber Tatsache ist auch, dass nun schon einige Zeit vergangen ist und ich nicht mehr dabei war. An meiner Einstellung wird sich dennoch nichts ändern.
Hatten Sie Kontakt zu Teamchef Marcel Koller?
Das letzte Mal, als ich vor neun Monaten in die USA gewechselt bin.
Das ist also auch schon wieder länger her. Ganz ehrlich: Haben Sie noch Hoffnung auf eine EM-Teilnahme?
Ich denke nicht daran, weil sich die Frage von allein beantworten wird. Ich kann nur darauf schauen, dass ich weiterhin auf gutem Niveau gute Leistungen bringe. So lange ist das Kapitel nicht abgeschlossen.
Testen müsste Sie Koller jedenfalls nicht mehr.
Wir kennen einander. Ich habe ja an die 15 Länderspiele unter ihm gespielt. Ich denke auch, dass gegenseitiger Respekt vorhanden ist.
Es wäre Ihre zweite EM-Teilnahme. Was würde das für Sie bedeuten?
Das ist nicht in Worte zu fassen. Klar wäre es etwas ganz Besonderes, daher ist der Anreiz groß. Ich bin älter und routinierter, aber noch immer motiviert wie ein Junger. Aber wie gesagt, ich bin jetzt schon länger nicht Teil des Teams. Spekulieren bringt gar nichts. Ich kann nur Woche für Woche hier in Seattle meine Leistungen bringen.
Apropos. Wie geht es Ihnen in Seattle?
Für mich persönlich läuft es mit einem Treffer und drei Vorlagen hervorragend, auch wenn wir zu Beginn einige Spiele unglücklich verloren haben. Ich fühle mich gut, bin topfit und wurde zuletzt sogar ins Team der Woche der Major League Soccer berufen. Ich kann mich somit nicht beklagen.
Wie geht es dem Privat-Menschen Andreas Ivanschitz in Nordamerika?
Sehr gut, auch unsere Kinder haben sich gut eingelebt in der Schule. Es läuft immer besser, wir genießen die Zeit in den USA.
Was macht Seattle für Sie so besonders?
Die Natur. Wir haben viel Grün und viel Wasser mit einem See und dem Ozean. Das ist Natur pur. Seattle ist ein aufregender Ort, hier tut sich sehr viel, weil mehrere verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. Große Konzerne wie Starbucks, Microsoft oder Amazon haben hier ihre Firmensitze. Seattle ist daher extrem international geprägt.
Wie lange gedenken Sie in Seattle zu bleiben?
Ende des Jahres endet mein Vertrag, danach gibt es zwei Optionen: Mit der ersten verlängert sich der Vertrag um ein Jahr, danach gibt es eine Möglichkeit auf eine weitere Saison. Dann wären wir insgesamt dreieinhalb Jahre hier. Das wäre sehr schön.
Haben Sie sich schon Gedanken über eine Rückkehr nach Österreich gemacht?
Interessante Frage. Aber nein, ich habe keinen bestimmten Plan. Das hängt eher von den Möglichkeiten ab. Ich kann nichts ausschließen und werde mir alles in Ruhe anhören, sollte es wirklich so weit sein. Noch ist allerdings mein Plan, weiter im Ausland zu bleiben.
Europa ist derzeit für Sie in weiter Ferne. Was bekommen Sie in den USA von der Flüchtlingskrise in Europa mit?
Nur aus den Nachrichten. Und aus Gesprächen mit meiner Familie und Freunden daheim. Aber man bekommt schon mit, dass es für Europa keine einfache Zeit ist. Da ich aber nicht vor Ort bin, maße ich mir aber kein Urteil an.
Haben Sie sich schon einmal gedacht: Gut, dass wir jetzt so weit weg sind?
Nein. Wir sind schon neun, zehn Jahre im Ausland. Ich habe während meiner Karriere mehr Zeit im Ausland als in meiner Heimat gelebt. Unterm Strich bin ich jetzt von der Situation in Europa nicht direkt betroffen. Ich würde aber nicht weglaufen, würde ich in Österreich leben. Ich hoffe nur, dass Europa das Problem bald gemeinsam in den Griff bekommt.
Andreas Ivanschitz, geboren am 15.10.1983 in Eisenstadt, wechselte mit 14 von Baumgarten zu Rapid. Mit 16 Jahren war er der jüngste Spieler, der je bei den Rapid-Profis zu einem Pflichtspiel- Einsatz kam (Cup).
Im Jänner 2006 ging er zu Salzburg. Von 2006 bis ’09 spielte der 69-fache Teamspieler bei Panathinaikos, bis 2013 bei Mainz und vor dem Seattle-Engagement bis 2015 bei Levante in Spanien.
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