"Ich will meine Linie durchziehen"

Gerald Baumgartner ist zum zweiten Mal bei der Austria, erstmals als Trainer.
Der neue Austria-Trainer über Ansprüche, Ziele und raunzende Kicker.

Er ist schon heimisch geworden, auch wenn er kein echter Wiener ist. Der Salzburger Gerald Baumgartner zieht nach seinen ersten Austria-Wochen eine positive Bilanz. Der Job bei den Veilchen bedeutet für ihn auch die Blütezeit seiner Karriere. Gestern schlug er in einem Test seinen Ex-Klub St. Pölten 6:0.

KURIER: In den letzten Wochen arbeiten Sie fast rund um die Uhr. Wie geht es Ihnen?

Gerald Baumgartner: Derzeit ist sehr viel zu tun, vor allem Organisatorisches. Aber ich bin gern bereit, diese Dinge alle persönlich zu erledigen. Die Arbeit bei der Austria macht mir großen Spaß.

Sie kennen die Austria von Ihrer Zeit als Spieler. Wie sehr haben Sie den Verein wiedererkannt?

Als Spieler bekommt man von dem Rundherum nicht allzu viel mit, weil man in erster Linie auf sich selbst fokussiert ist. Jetzt habe ich einen ganz anderen Einblick erhalten. Aber Neuland ist die Austria für mich keines.

Was sollen die Spieler von Ihnen kennenlernen?

Ich habe als Trainer meine Persönlichkeit, mein Trainingsprogramm, meine Philosophie. Das müssen sie kennenlernen. Umgekehrt will ich die Spieler als Menschen kennenlernen, die verschiedenen Charaktere. Denn unterm Strich geht es im Trainerjob um Menschenführung. Mein erster Eindruck sagt mir, dass der Draht zur Mannschaft von Start weg ein guter ist.

Welche Philosophie haben Sie als Trainer?

Das ist auch von den Spielertypen abhängig. Qualität ist bei der Austria ja vorhanden. Der eine oder andere könnte den Klub noch verlassen wie zuletzt Hosiner. Dann müssen wir uns noch verstärken. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, dann kann man die Philosophie umsetzen. Wir wollen schnell den Ball erobern, aktiv sein und dem Gegner unser Spiel aufzwingen.

Haben Sie die Spieler für Ihre Philosophie?

Ja. Einige Spieler sind schon sehr bereit, das umzusetzen. Andere brauchen noch eine Woche länger, um das zu verstehen. Ob alle Spieler für das System geeignet sind, kann ich nicht zu 100 Prozent sagen. Das wird sich herauskristallisieren.

Ist die Austria für Sie als Trainer Ihr bisheriges Highlight?

Ja. Ich habe mich sehr abstrampeln müssen, um dort zu sein, wo ich jetzt bin. Ich denke, dass mein Konzept in den letzten Jahren sehr gut war. Wir haben mit durchschnittlichen Mannschaften Überdurchschnittliches erreicht, vor allem im Cup.

Die Austria ist nicht im Europacup. Ewig schade? Oder ein Vorteil, dass man sich auf die Liga konzentrieren kann?

Einerseits hat die Austria den Anspruch, international zu spielen. Natürlich ist der Europacup immer ein Ziel. Umgekehrt wurde ein Neustart eingeleitet mit einer Philosophie, auf der man künftig aufbauen soll. Vielleicht ist es gut, wenn man sich auf eine Sache konzentriert.

Wie hoch ist Ihr Anspruch?

Ich möchte so schnell wie möglich mit der Austria erfolgreich sein. Als Trainer bekommst du nicht viele Möglichkeiten, mit diesem Traditionsverein Erfolge zu feiern. Ich will in meiner Mannschaft nicht die oft typisch österreichische Mentalität haben, dass ab und zu weniger mehr ist.

Ist diese Mentalität im Profi-Fußball noch vorhanden?

Wie kann man sonst mit einer Zweit- oder Drittliga-Mannschaft ins Cupfinale kommen und sich für den internationalen Bewerb qualifizieren?

Welcher Typ Trainer sind Sie? Man hört, dass Sie sehr direkt sein können.

Ja, ich habe eine Linie, und die will ich durchziehen. Damit die Spieler auch wissen, wo die Grenzen verlaufen. Wenn Dinge nicht umgesetzt werden, bin ich eine Zeit lang geduldig. Ich verlange von den Spielern nur Dinge, die ich von mir selbst auch verlange. Ich will meine Ziele erreichen und mich weiterentwickeln.

In der aktuellen Mannschaft sind sensible Typen. Bekommen die mit Ihnen nun ein gröberes Problem?

Alle Fußballer in Österreich sind auf eine Art sensibel. Es ist unsere Mentalität, dass man gerne raunzt, oft die Fehler bei anderen sucht und mit Fakten nicht so offen umgehen kann. Ich spreche Dinge an, mache klare Ansagen. Manchmal muss man einem Spieler auch den Kopf waschen können, wenn es erforderlich ist. Von einem Profi bei Austria Wien darf man auch viel erwarten. Sonst wäre er ja nicht hier bei diesem Verein.

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