„Afghanistan ist mehr als Krieg und Taliban“

Integrations-Fußball-Turnier. Am Langen Felde 60, 1220 Wien am 060072013.
16 Teams treten in Wien beim dritten Integrationsturnier an.

„Nicht erschrecken“, sagt Samim Sultan. Es klingt ein wenig entschuldigend. „Wenn es um Fußball geht, können wir schon sehr emotional werden.“ Mit wir meint der 18-jährige HTL-Schüler, der aus Afghanistan stammt, seine Landsleute, die sich am Samstagvormittag auf dem Donaustadt-Platz in Wien versammelt haben. Aufmerksam verfolgen die 100 Zuschauer das Treiben auf dem Rasen. Die Stimmung ist entspannt, während die Musikauswahl zwischen traditionellen Liedern und YouTube-Hits wie Gangnam Style wechselt. Da darf schon mal getanzt werden.

„Afghanistan ist mehr als Krieg und Taliban“
Integrations-Fußball-Turnier. Am Langen Felde 60, 1220 Wien am 060072013.
„Es ist uns ein Anliegen, den Menschen in Österreich zu zeigen, dass Afghanistan mehr ist, als nur Krieg und Taliban“, sagt Shokat Ali Walizadeh vom Verein Afghanische Jugendliche – Neuer Start in Österreich. Zum dritten Mal ist der 23-Jährige gemeinsam mit rund 20 Freiwilligen für die Organisation des interkulturellen Fußballturniers verantwortlich.

Neuanfang

16 Teams aus ganz Österreich sind 2013 mit dabei, doppelt so viele wie bei der Premiere 2011. Viele der 176 Spieler sind Flüchtlinge oder Asylwerber. „Aber wenn die Leute auf dem Rasen sind, geht es nur um den Sport“, sagt Walizadeh, der nur zu gut weiß, wie es sich anfühlt seine Heimat verlassen zu müssen. 2008 kam der Mitbegründer des Vereins nach Österreich, fünf Jahre später hat er seine Zahntechniker-Lehre fast beendet und will auch anderen Flüchtlingen beim Neustart helfen.

„Eigentlich hat es mit einer Fahrkarte zu einem Deutschkurs begonnen“, erzählt der Afghane über die Gründung des Vereins. Für einen Freund habe man Geld gesammelt und plötzlich festgestellt, „dass wir einander selber helfen können“, erinnert sich Walizadeh, bei dem alle paar Minuten das Mobiltelefon läutet. Fast jeder Spieler, der vorbei geht, bleibt stehen und schüttelt ihm die Hand. Ob jung oder alt, hier kennt man den engagierten jungen Mann. „Er ist ein guter Freund“, sagt auch Peter Meisl, einer der beiden Schiedsrichter des Turniers, der aus Niederösterreich angereist ist.

Doch weibliche Zuschauer sucht man rund um den Rasen in der Donaustadt am Samstag vergeblich – eine Polizistin und die Patenmutter eines Spielers sind die Ausnahmen. Das hängt auch damit zusammen, dass Frauen auf Fußballplätzen in Afghanistan selten gesehen sind, sagt Walizadeh. „Aber hier sind wir in Österreich, das haben wir versucht, den Leuten zu vermitteln – da kämpfen wir noch weiter.“

Weiter geht es am Sonntag auch auf dem Platz des FCB Donaustadt: Die K.o.-Phase steht auf dem Spielplan. Auch da wird es wieder emotional zugehen.

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