Hyballa: "Mensch bleibt Mensch"

Hyballa: "Mensch bleibt Mensch"
Der Sturm-Trainer über sein Team, Gegner Salzburg, junge Trainer und darüber, was er zum Kotzen findet.

Peter Hyballa ist seit rund 20 Jahren Trainer – und doch der jüngste Bundesliga-Trainer. Am Sonntag gastiert der 36-jährige Deutsche mit Sturm bei Titelfavorit Salzburg.
 
KURIER: Sie waren ein halbes Jahr Trainer bei den Red Bull Juniors und treffen irgendwie am Sonntag auf den Exklub. Mit welchen Gefühlen gehen Sie in dieses Match?
Peter Hyballa: Es ist ein Spiel wie jedes andere. Aber ich habe mit den Burschen gerne gearbeitet und wäre vielleicht noch länger geblieben, wenn Sturm nicht gekommen wäre.
 
Ist Salzburg auch Ihr Titelfavorit?
Sie sind  finanziell und strukturell in anderen Dimensionen, haben Spieler gekauft, von denen wir nicht einmal träumen dürfen. Aber es sind normale Fußballer, die du an guten Tagen schlagen kannst.
 
Sie sind Sturms jüngster Bundesliga-Trainer der Geschichte. Bringen junge Trainer Vorteile mit?
Das kann man so oder so drehen. Als junger Trainer bist du vielleicht näher an den Spielern dran, als älterer bist du oft eine Vaterfigur. Jedenfalls haben auch Ältere, wie Del Bosque oder Heynckes, große Erfolge.
 
Die Spieler sind nicht viel jünger als Sie, ein Spieler ist sogar älter. Wie halten Sie es mit dem Du-Wort?
Die Spieler sagen Sie zu mir. Junger Trainer hin- oder her: Aber ich bin seit 20 Jahren im Trainergeschäft. Länger als die meisten Bundesliga-Trainer in Österreich.
 
Es gibt ja in Österreich die Cordoba-Generation. Die meisten ehemaligen Kicker sind ja heute gelegentlich noch als Experten unterwegs...
Wenn ihre Meinung sachlich und fachlich ist, finde ich es absolut in Ordnung, dass ihre Meinung zählt. Ich halte aber nichts von Zynismus und Ironie.

Können Sie nach Niederlagen schnell abschalten?
Das musst du. Als Trainer brauchst du eine seelische Hornhaut. Bei Siegen sind alle daran beteiligt, bei Niederlagen muss der Trainer den Kopf hinhalten. Wenn ich höre, dass in Innsbruck nach jeder Niederlage berichtet wird, dass Trainer Kogler fliegt, finde ich das zum Kotzen. Weil er gute Arbeit leistet. Der Aspekt Menschlichkeit ist sehr wichtig.
 
Es gibt den legendären Ausspruch des verstorbenen Fußball-Lehrers Max Merkel zum Trainerjob: "Zuckerbrot und Peitsche". Wie sehen Sie Ihre Rolle?
Manchmal werde ich laut mit knallharten Ansagen, dann musst du wieder sensibel mit dem Spieler umgehen, Erklärungen abgeben, obwohl im leistungsorientierten Profigeschäft oft keine Zeit dazu bleibt. Aber ich bin ein Trainer mit vielen Facetten, wie auch als Mensch. Man kann nicht jeden Tag Pommes weiß-rot essen, manchmal kann es auch Gemüse sein.
 
Wie laut können Sie denn werden?
Das hat nichts mit dem Zuknallen von Türen zu tun und sinnlosem Schreien. Wichtig ist: Man muss immer Lösungen mitgeben, das ist schließlich mein Beruf, in dem man eine Vorbildfunktion zu erfüllen hat. Gleichzeitig stehst du als Trainer selber unter Druck. Die Tätigkeit beschränkt sich nicht nur auf die Vorbereitung auf das Spiel, das Training, du bist auch ständig gefordert mit dem Umgang mit Sponsoren und Medien.
 
Sturm neu hat zu Saisonbeginn offensiv gespielt, dabei die Defensive anscheinend vernachlässigt. Jetzt spielt Sturm fast wieder wie Sturm alt...
Die Spieler müssen nach vorne verteidigen. Das ist unser Stil  und dieser erfordert Mut, Fitness und vor allem taktisches Verständnis, manche Spieler haben eine gewisse Eingewöhnungszeit gebraucht. Aber in manchen Spielen, wie in jenem gegen Salzburg zu Saisonbeginn haben viele nur das Ergebnis gesehen. Ich aber sehe immer das Ganze. Und Fußball ist ein ständiger Entwicklungsprozess, der sich nicht nur in einzelnen Ergebnissen ablesen lässt.
 
Platz fünf berechtigt dieses Mal zur Europacup-Teilnahme und diesen zu erreichen, ist für Sturm wohl Pflicht ....
Pflicht? Leistungssport erzeugt immer Druck. Aber ich würde mich lächerlich machen, wenn ich jede Woche erzählen würde, diesen oder diesen Platz wollen wir erreichen. Am 15. Dezember, am Ende der Herbstsaison gibt es das erste Fazit. Dann denken wir weiter. 

Ihr Co-Trainer Ayhan Tumani ist seit kurzem Sportchef und damit Ihr Chef. Für Sie eine außergewöhnliche Situation?
Nein. Alles eine Sache des Respekts. Für mich sind alle Menschen gleich, für mich ist ein Magister nicht mehr wert als eine Putzfrau, Mensch bleibt Mensch. So ist es auch in dieser Situation. Wir arbeiten gemeinsam und finden gemeinsame Lösungen. Und Tumani ist mit seinen strukturellen Ideen auch der richtige Mann. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass seine Doppelfunktion keine Übergangslösung ist. Kommt ein Anderer, müssten wir uns wieder neu beschnuppern. Das wäre nur Zeitverschwendung.
 
In Graz blieb im Vorstand kein Stein auf dem anderen. Mit Paul Gludovatz und Christopher Houben verabschiedeten sich innerhalb kurzer Zeit die beiden Geschäftsführer. Wie gingen Sie und die Spieler damit um?
Die Spieler waren in dieser Zeit sehr stark auf Tumani und mich fokussiert. Dass sie jedoch  über die Vorkommnisse etwas wissen wollten, ist ihr gutes Recht. Für uns war es positiv, weil wir in dieser Situation noch mehr Einblicke in die Spielerköpfe bekommen haben.

Frühstart: Die jüngsten Trainer der Liga

Geschichte
Peter Hyballa ist mit 36 derzeit der jüngste Trainer der Bundesliga, aber seit der Liga-Gründung 1974 gab es jüngere (Spielertrainer und Interimstrainer sind ausgenommen). Der Jüngste ist Ferdinand Milanovich. Der Oberösterreicher übernahm 1978 mit 31 Jahren VOEST Linz, 1980 wechselte er dort auf einen Posten im Management.

Felix Latzke, Teamcoach der Österreicher bei der WM 1982, wurde 1974 mit 32 Jahren LASK-Trainer. Mit 33 Jahren übernahm der heutige ÖFB-Damen-Teamchef 2004 Dominik Thalhammer die Admira. Alfred Riedl, derzeit Wunschkandidat des indonesischen Teams, war mit 33 Jahren Sportklub-Trainer (1983). 33 waren auch Milan Miklavic (1982, Wels) und Ivan Gudelj (1994, Steyr)

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