Hoeneß nur auf Kaution frei
Der Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß, befindet sich laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung nur wegen der Zahlung einer Millionen-Kaution auf freiem Fuß. Hoeneß sei am 20. März vorläufig festgenommen worden, berichtete die SZ am Dienstag im Voraus aus ihrer Mittwochsausgabe. Gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von fünf Millionen Euro sei der Haftbefehl kurz darauf aber wieder außer Vollzug gesetzt worden.
Dem Bericht zufolge kamen die Ermittler am 20. März mit einem Haftbefehl gegen Hoeneß zu einer Hausdurchsuchung. Die Justiz soll ursprünglich sieben Millionen Euro an Kaution gefordert haben, damit der 61-Jährige frei bleiben kann. Hoeneß habe sich dann in den vergangenen Wochen zweimal pro Woche bei den Behörden melden müssen. Warum ein Haftbefehl gegen Hoeneß erlassen wurde, ist der SZ zufolge bisher unbekannt. Die Anwälte von Hoeneß äußerten sich demnach nicht dazu.
Dem Bericht zufolge ist ein Haftbefehl nach einer Selbstanzeige ungewöhnlich. Es sei ein ernster Hinweis, dass diese von Hoeneß im Jänner beim Finanzamt wegen eines Kontos in der Schweiz erstattete Selbstanzeige möglicherweise nicht strafbefreiend sein kann.
Beckenbauer verteidigt Hoeneß
Franz Beckenbauer hat Uli Hoeneß verteidigt. "Uli Hoeneß ist kein Betrüger, da ist ihm irgendein Fehler unterlaufen, das kann sein", sagte der Ehrenpräsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters am Dienstagabend beim Pay-TV-Sender Sky Sport. Beckenbauer will sich nicht von seinem langjährigen Weggefährten abwenden.
"Ich halte zu ihm, immer, ganz gleich was passiert, das habe ich ihm auch gestern auf Band gesprochen", erklärte der Weltmeister von 1974. "So nach dem Motto: You'll never walk alone. Da sind wir, die wir jahrelang mit ihm unterwegs waren und teilweise von ihm profitiert haben, aufgefordert, ihn zu unterstützen."
Steuersünder Uli Hoeneß bemüht sich um Schadensbegrenzung. "Ich habe erkannt, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe, den ich versuche, mit der Selbstanzeige zumindest halbwegs wiedergutzumachen", betonte der Unternehmer und Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München in der Sport Bild (Mittwoch). Negative Folgen für den deutschen Fußball befürchtet unterdessen der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger. "Da werden wir nun einige Häme zu spüren bekommen", sagte Zwanziger.
Hoeneß im Stadion
Die Nachricht von Mario Götzes Königstransfer an die Isar löste die Steuercausa Hoeneß am Dienstag zumindest vorerst als Gesprächsthema Nummer eins vor dem Halbfinal-Hinspiel in der Champions League gegen den FC Barcelona ab. Der 61-Jährige meldete sich aber via Sport Bild noch einmal zu Wort: "Ich will reinen Tisch machen. Das Gesetz bietet ja diese Möglichkeit."
Bereits am Montag hatte Hoeneß angekündigt, vorerst keine Details zu der brisanten Steuersache nennen zu wollen. "Ich werde einige Wochen ins Land ziehen lassen, ehe ich mich äußere", sagte Hoeneß, der am Dienstagabend in der Münchner Arena beim Königsklassen-Gipfeltreffen erwartet wurde.
Merkel enttäuscht
Am vergangenen Samstag war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft München II gegen den Fußball-Funktionär und Financial-Fairplay-Verfechter wegen Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Einzelheiten wollte die Ermittlungsbehörde, die sich nach der Selbstanzeige in den Fall eingeschaltet hatte, aber nicht mitteilen.
Der Steuerfall wird Hoeneß und seinen FC Bayern in den wichtigen kommenden Wochen bei der Jagd auf das Triple auf Schritt und Tritt begleiten. Für seine Verfehlung muss der Präsident des Rekordmeisters aber bereits jetzt mit einem riesigen Imageschaden bezahlen.
Allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel ging auf deutliche Distanz zu dem 61-Jährigen. "Viele Menschen sind jetzt enttäuscht von Uli Hoeneß, die Bundeskanzlerin zählt auch zu diesen Menschen", hatte Regierungssprecher Steffen Seibert bereits am Montag gesagt.
Respekt oder Angst?
Die politische Debatte um das Thema Steuerhinterziehung hat durch die Affäre wieder richtig Fahrt aufgenommen. Die TV-Talkshows nehmen den Fall Hoeneß dankbar als Vorlage, in Leitartikeln, in Foren und Blogs wird der Sündenfall des einstigen Vorbilds heftig diskutiert.
Nur die eng mit dem FC Bayern verbandelten Unternehmen und die ansonsten so geschwätzige Fußball-Branche, die für gewöhnlich auf jeden Hoeneß-Vorstoß anspringt, quittiert den spektakulären Fall mit weitgehendem Schweigen. So bleibt viel Raum für Fragen. Ist es der ehrliche Respekt vor dem Menschen Hoeneß und seinem Lebenswerk, der die Mächtigen aus Wirtschaft und Fußball sprachlos macht? Oder doch eher die Angst vor dem Einfluss des Rekordmeisters und die Sorge um künftige Geschäfte?
Zumindest der frühere DFB-Präsident Zwanziger, einer von vielen Hoeneß-Widersachern, formulierte eine über "Schock" und "Privatangelegenheit" hinausreichende Warnung. "Dieser Fall dient nicht gerade unserer Wertschätzung und Glaubwürdigkeit", sagte das Mitglied der FIFA-Exekutive der Bild-Zeitung (Dienstag).
Nur Politik fordert Rücktritt
Rücktrittsforderungen an Hoeneß gibt es jedoch bisher nur aus der Politik. Groß-Unternehmen wie Audi, die Telekom oder Adidas, alle Partner des FC Bayern und zugleich strengen Compliance-Regeln für ihr Geschäftsgebaren unterworfen, verzichten ebenso auf öffentlichen Druck auf Hoeneß wie die Spitzenfunktionäre von DFB und Bundesliga.
Die Hypovereinsbank nahm zwar einige Werbevideos mit Hoeneß aus dem Internet, versicherte aber eilig, die Werbekampagne sei ohnehin bereits im vergangenen Jahr ausgelaufen. Und Bayern-Vizepräsident Rudolf Schels sagte dem Bayerischen Rundfunk: "Als Klub stehen wir unverändert zu Uli Hoeneß und wünschen ihm alles Gute für die Klärung der Angelegenheit."
Die am Wochenende bekannt gewordene Selbstanzeige des weit über die Fußball-Szene hinaus bekannten Präsidenten des FC Bayern, Uli Hoeneß, verstärkt die deutsche Diskussion um Steuergerechtigkeit. Mitten im Wahlkampf fühlt sich die Opposition in ihrer Kampagne gegen Reiche, Spekulanten, Banken und Steueroasen bestätigt.
Der Union ist die bisher betonte Nähe des erfolgreichsten deutschen Fußballmanagers plötzlich peinlich. Für Hoeneß selbst sind die Folgen unabsehbar.
Aus dessen kargen Bestätigungen und Medien-Spekulationen lassen sich eine Selbstanzeige bei der Finanz und ein hoher Vorschuss auf Steuernachzahlungen ableiten. Er dürfte jahrelang Gewinne aus Kapitalgeschäften in der Schweiz nicht in Deutschland versteuert haben.
Enttäuschte Hoffnung
Das Geld stamme aber weder vom FC Bayern noch aus Hoeneß’ Wurstfabrik: Es soll ein Darlehen eines inzwischen verstorbenen Adidas-Managers gewesen sein. Damit würde es sich nicht um deutsches Schwarzgeld handeln und auch nicht um die vom Magazin Stern vermutete Größenordnung von 600 Millionen Euro.
Hoeneß hatte im Focus eingeräumt, dass er auf die anonyme Bereinigung des Problems durch das von der Regierung Merkel mit der Schweiz vereinbarte Steuerabkommen gehofft habe. Weil das von der deutschen Opposition blockiert wurde, habe er sich im Jänner selbst angezeigt und sechs Millionen Euro hinterlegt.
Offenbar macht sich Hoeneß Hoffnung, damit davonzukommen. Sollte die Finanzbehörde, die am 20. März trotzdem sein Haus am Tegernsee durchsucht hat, schon vor der Selbstanzeige ermittelt haben, drohen ihm aber bis zu fünf Jahre Gefängnis. Gegen diese Drohszenario spricht aber, dass Hoeneß seinen Präsidenten-Job unverändert weitermachen und heute, Dienstag, beim Spiel seines Deutschen Meisters im Stadion sein will.
Image kaputt
Hoeneß’ Bild als Selfmade-Mann, Leistungsträger und sozialer Wohltäter, das er in vielen Medienauftritten gepflegt hatte, ist jedenfalls zerstört. Zynisch mutet heute auch seine Werbung für eine Bank mit dem Slogan an: "Wo sich Ihr Geld wohlfühlt."
Für die Opposition ist Hoeneß’ Steuersünde, egal wie gravierend sie ist, schon jetzt ein gefundenes Fressen. Hoeneß hatte sich mehrfach als Fan von Kanzlerin Merkel geoutet und pflegte auch zur CSU ein Naheverhältnis. Genüsslich nahmen nun SPD-Politiker wie ihr Finanzsprecher Joachim Poß und der bayerische Spitzenkandidat Florian Pronold Kanzlerin Merkel, Finanzminister Schäuble und CSU-Chef Seehofer ins Visier: Mit ihrem Steuerabkommen mit der Schweiz hätten sie sich zum "Komplizen großer Steuerhinterzieher" gemacht.
Kanzlerin Merkel ließ ihren Sprecher „Enttäuschung“ über Hoeneß äußern, Schäuble den seinen das Abkommen verteidigen: Damit hätte man "nicht einzelne große Fische, sondern den ganzen Schwarm erwischt".
Tennislegende Boris Becker hat es ebenso getan wie Fußballer Michael Ballack oder die Schlagerstars Freddy Quinn und Patrick Lindner sowie Ex-Deutsche-Post-Chef Klaus Zumwinkel. Sie alle haben Steuer hinterzogen. Gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser läuft noch ein Verfahren in Millionenhöhe (es gilt die Unschuldsvermutung).
Dass infolge der Selbstanzeige von Uli Hoeneß auch prominente Österreicher seinem Beispiel folgen könnten, glauben Experten nicht. Grund sei das Steuerabkommen mit der Schweiz, das zu Jahresbeginn in Kraft getreten ist.
"In den meisten Fällen gehen die Betroffenen straffrei aus, auch wenn sie auf einer Steuer-CD auftauchen sollten", sagt Constantin Veyder-Malberg, Vorstand der Capital Bank. Sie berät unter www.weissgeld.at Steuerflüchtlinge, wie sie auf legalem Weg das Geld nach Österreich bringen können.
"Die Selbstanzeige ist der billigere Weg", sagt der Banker. Denn es müsse keine Strafe, sondern nur die Kapitalertragssteuer nachgezahlt werden (nach Abzug der Schweizer Steuer). Da bleiben laut Unternehmensberater BDO nur zwischen 7 und 10 Prozent Steuer übrig.
Steuerprüfung
Entscheiden sich die Anleger jedoch für die Zahlung einer Abgeltungssteuer, so fallen in der Regel 15 bis 25 Prozent, in Ausnahmefällen sogar bis zu 38 Prozent an. Dennoch entscheiden sich laut Veyder-Malberg die meisten Betroffenen gegen eine Selbstanzeige. "Sie haben Angst vor Repressalien der Finanz."
Denn bei 80 Prozent der Selbstanzeigen würde eine Steuerprüfung folgen. Er berichtet von einer Betroffenen, die bei einem Vermögen von zehn Mio. Euro in der Schweiz lieber 2,5 Millionen Euro mehr Steuer zahlt, um ihre Ruhe zu haben.
Am teuersten werde es für all jene, die die in der Schweiz nicht deklarierten Gelder illegal nach Österreich zurückbringen oder in eine andere Steueroase transferieren und eines Tages aufgedeckt werden.
Der Präsident des FC Bayern München und Weltmeister von 1974, Uli Hoeneß, hatte schon immer ein Gespür für Geld. Noch im Vorjahr besserte er seine Kasse durch eine Werbekampagne für eine Bank auf. Slogan: „Wo sich Geld jetzt wohlfühlt.“
Seine (unversteuerten) Millionen fühlten sich in der Schweiz wohl. Dort wird uns versichert, man wolle gar kein Schwarzgeld mehr. Aber der Steuerskandal Hoeneß wurde nur deshalb bekannt, weil die deutschen Sozialdemokraten im Dezember 2012 im Bundesrat ein Abkommen mit der Schweiz verhinderten, das zu einer Amnestie geführt hätte. Als Hoeneß begriff, dass sein Betrug bekannt werden könnte, zeigte er sich selbst an.
Österreich hat mit der Schweiz einen Vertrag ausgehandelt, der Schwarzgeld rückwirkend legalisierte, dafür bekommen wir künftig von den Konten der Österreicher Steuern aus der Schweiz überwiesen.
Ein moralisches Dilemma bleibt in jedem Fall. Millionäre, die ihren Staat betrogen haben, konnten ihr Geld weiß waschen, indem sie Geld nachzahlten und künftig Steuern abführen. Das ist problematisch. Der Ankauf von (gestohlenen) Datenträgern mit Steuerflüchtlingen ist rechtsstaatlich auch umstritten. Man könnte das am ehesten mit Notwehr rechtfertigen.
Was bleibt, ist die Hilflosigkeit der Staaten, die gerade im Rahmen der EU alles und jedes regeln wollen. Die EU ist zwar in der Lage, im Bereich Wettbewerb hohe Strafen gegen Kartellsünder zu verhängen. Aber die europäischen Finanzminister schaffen es nicht, ein Mindestmaß an Steuerehrlichkeit durchzusetzen. Es war sicher falsch, dass die EU nicht gemeinsam mit der Schweiz und Liechtenstein verhandelt hat.
Vielleicht löst nun die Angst, als Nächster in der Zeitung zu stehen, weitere Bekenntnisse aus.
Kommentare