Hitzige Debatte um Fußball-WM 2022
Auch der Weltfußballverband FIFA muss mit der Zeit gehen und mit Traditionen brechen. Und revolutioniert sich selbst mit der Idee, die ohnehin umstrittene WM 2022 in Katar vom Sommer in den Winter zu verlegen, weil dann die Temperaturen erträglich wären. So schlug es FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke vor – und erntete prompt Kritik. Auch aus dem eigenen Haus.
Gespielt soll „zwischen dem 15. November und spätestens dem 15. Januar“ werden. Ob dies in der Saison 2021/’22 oder 2022/’23 geschehen soll, ließ der Franzose offen. Die endgültige Entscheidung über den Zeitpunkt fällt das Exekutivkomitee des Weltverbandes. In den Wintermonaten sei das Wetter in Katar mit Temperaturen um die 25 Grad ausgezeichnet. Valcke: „Das ist perfekt, um Fußball zu spielen.“ Im Sommer herrschen Temperaturen bis zu 45 Grad, was vor allem für die zahlreichen Fans beschwerlich wäre. Die Stadien werden mit einem eigenen System gekühlt.
Der genaue Zeitpunkt der Endrunde soll erst nach der Weltmeisterschaft diesen Sommer in Brasilien getroffen werden. „Der Beratungsprozess wird nicht überstürzt und bekommt die notwendige Zeit, alle relevanten Elemente in Betracht zu ziehen“, teilte der Verband mit.
Kritische Stimmen
Nicht alle sind vom Valcke-Vorstoß begeistert. FIFA-Vizepräsident Jim Boyce zeigte sich gar „schockiert“ über die Äußerungen seines Generalsekretärs. „Stand jetzt bleibt das Turnier im Sommer“, betonte der Nordire. Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger hat in seiner Funktion als Mitglied der FIFA-Exekutive die Aussagen relativiert. „Es gibt noch keinen formalen Beschluss, den Sommer-Termin aufzugeben, auch wenn die Tendenz klar scheint.“
Allerdings betonte der frühere Chef des Deutschen Fußball-Bundes, dass die WM wahrscheinlich im Winter gespielt werde. „Die WM wird in Katar wohl nicht im Sommer ausgetragen werden, deshalb läuft ein Anhörverfahren, ob ein anderer Termin gefunden werden kann“, sagte Zwanziger.
Voreilig
Auch Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge hat erstaunt reagiert. Als Präsident der Europäischen Klub-Vereinigung (ECA) sei er „überrascht über die Aussagen des Generalsekretärs des Weltverbandes“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bayern. Rummenigge verwies dagegen auf ein persönliches Gespräch, das er im vergangenen Monat bei der Klub-WM in Marokko mit FIFA-Präsident Joseph Blatter geführt habe: „Blatter hat mir persönlich mitgeteilt, dass man 2014 einen Konsultationsprozess führt und erst dann eine Entscheidung von der FIFA-Exekutive getroffen werden soll.“
Kaum ein anderes internationales Sportgremium stand in den vergangen Jahren so in der Kritik wie das Exekutivkomitee der FIFA. Ein „Club alter Herren“ war noch eine der freundlicheren Beschreibungen.
Nach diversen Korruptionsfällen erneuerte sich auch das Exko im Zuge des Demokratisierungsprozesses des Weltverbandes. Nicht verabschiedet wurde allerdings bislang eine Amtszeit- und Altersbeschränkung. Das Gremium fällt auch die Entscheidung über den WM-Termin 2022.
Sechs Mitglieder wurden seit 2010 wegen Korruptionsvorwürfen ausgeschlossen. Die Verdachtsmomente um die umstrittenen Vergaben der Fußball-WM 2018 an Russland und 2022 an Katar sind aber bis heute weder bestätigt noch aufgeklärt.
Seit dem FIFA-Kongress im Mai 2013 auf Mauritius gehören dem Exko 25 Personen an, mit Lydia Nsekera aus Burundi erstmals auch eine Frau. Bestimmt werden die Mitglieder in der Regel durch die sechs Kontinentalverbände, deren Präsidenten sind automatisch als FIFA-Vizepräsidenten im Komitee vertreten. Auch Generalsekretär Jérôme Valcke gehört dem Gremium an.
Das Exekutivkomitee ist die FIFA-Regierung, hier werden alle maßgeblichen Entscheidungen des Weltfußballs getroffen. Nicht mehr zuständig ist das FIFA-Exko allerdings für die WM-Vergabe. Diesen wichtigen Beschluss fasst künftig der FIFA-Kongress mit Vertretern aus allen 209 Mitgliedsländern.
Die Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees:
Präsident: Joseph Blatter (Schweiz)
Senior Vizepräsident: Julio H. Grondona (Argentinien)
Vize-Präsidenten: Issa Hayatou (Kamerun), Ángel María Villar Llona (Spanien), Michel Platini (Frankreich), David Chung (Papua Neu Guinea), Ali Bin Al Hussein (Jordanien), Jim Boyce (Nordirland), Jeffrey Webb (Cayman Inseln)
Mitglieder: Michel D'Hooghe (Belgien), Senes Erzik (Türkei), Worawi Makudi (Thailand), Marios Lefkaritis (Zypern), Jacques Anouma (Elfenbeinküste), Rafael Salguero (Guatemala), Hany Abo Rida (Ägypten) Witali Mutko (Russland), Mohamed Raouraoua (Algerien), Theo Zwanziger (Deutschland), Marco Polo del Nero (Brasilien), Sunil Gulati (USA), Eugenio Figueredo (Uruguay), Salman Bin Ebrahim Al Khalifa (Bahrain), Zhang Jilong (China), Lydia Nsekera (Brundi)
KO-Optierte Mitglieder für besondere Aufgaben: Moya Dodd (Australien), Sonia Bien Aime (Turks- und Caicosinseln)
Generalsekretär: Jérôme Valcke (Frankreich)
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