Götterdämmerung in der Fußball-Kathedrale
98.787 Zuschauer drängten sich am Dienstagabend im Camp Nou, aber so still wie in dieser Nacht war es in der Heimstätte des FC Barcelona seit Ewigkeiten nicht mehr. Das Stadion gilt als Tempel, in dem Fußball nicht bloß gespielt, sondern zelebriert wird. Jedes Tor, jeder Pass, jede kleine Geste ist als großes Kunstwerk zu verstehen.
Die Gesten blieben auch am Dienstagabend groß: Der FC Barcelona empfing die zweite Weltmacht im Fußball, Real Madrid, zum 222. Clásico. Neunzig mitreißende Minuten später schlich eine Mannschaft mit hängenden Köpfen vom Feld – wie so oft im Camp Nou, nur mit dem Unterschied, dass es diesmal die Gastgeber waren.
Folgenschwer
Das 1:3 war eine Niederlage mit Folgen. Sie nahm dem FC Barcelona die Chance auf eine von drei anvisierten Trophäen in dieser Saison. Im Endspiel um den spanischen Cup steht nun Real Madrid.
Ein Clásico hinterlässt aber immer auch Fragen. „Das Ende einer Ära?“, stellte daher Marca in den Raum. Das Nahverhältnis der Sporttageszeitung zum Hauptstadt-Klub sei am Rande erwähnt, doch auch das in Barcelona herausgegebene Konkurrenzblatt Mundo Deportivo titelte ungewohnt streng „keine Ausreden“.
Mehr als das Verpassen des Cup-Endspiels dürfte die Art und Weise der Niederlage schmerzen. Real, die von Feldherr Mourinho taktisch blendend eingestellte Angriffsmaschine, kontrollierte die Partie. Barcelona, das virtuos anmutende Ensemble von Ausnahmespielern, fehlte jegliche Harmonie.
Zum zwölften Mal in Folge kassierten die Katalanen zumindest einen Gegentreffer. „Wir müssen gemeinsam wieder aufstehen“, forderte Jordi Roura. Der Assistenztrainer vertritt noch bis April Chefcoach Tito Vilanova, der sich in New York einer Krebsbehandlung unterzieht.
„Ohne den Rest des Trainerteams schlecht zu machen, gibt es keinen Zweifel daran, dass wir Tito vermissen“, sagte Klub-Boss Sandro Rosell. „Er ist unser Trainer, unser Anführer.“
Erkenntnisreich
Noch so eine wichtige Erkenntnis. Dass es doch nicht unerheblich sein dürfte, wer diese überdurchschnittlich talentierten Spieler von der Seitenlinie aus dirigiert.
Messi hält aktuell bei 17 Toren im Clásico, nur eines fehlt ihm auf den Allzeitrekord von Alfredo di Stéfano. Die nächste Gelegenheit bietet sich bald: Am Samstag wartet Clásico 223 – große Gesten inklusive.
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