Glaubens-Bekenntnis

Anstoß: Reflexzone
Fahrtenbuch: Papst Johannes Paul II. ist in Polen noch immer allgegenwärtig.

Er ist irgendwie überall. Gerade eben hatte sein Gesicht noch in Überlebensgröße von einer grauen Hausmauer gelacht, prompt findet er sich beim Souvenir-Händler in der Danziger Altstadt wieder. Auf Postkarten, Kaffeetassen oder Büchern, sogar einen eigenen Fanschal gibt es von ihm.

Slavek und Slavko mögen vielleicht die offiziellen Maskottchen der UEFA sein, ein Gesicht dieser Fußball-EM ist aber auch Karol Wojtyla, alias Papst Johannes Paul II. Jedenfalls in Polen.

Die Autoreise quer durch das Land, vorbei an den vielen bunten Graffitis und Plakaten mit seinem Konterfei, die in vielen Gemeinden am Straßenrand zu sehen sind, verdeutlicht erst den Stellenwert, den dieser Mann in der Heimat genießt. Der Fall der Berliner Mauer, der Untergang der Sowjetunion, die Präsidentschaft von Lech Walesa – all diese Revolutionen werden eng mit Papst Johannes Paul II in Verbindung gebracht. Kein Wunder, dass sein Tod am 2. April 2005, nach 9965 Tagen im Amt, das Land tagelang in Schockstarre verfallen ließ.

Damals ruhte im fußballverrückten Polen auch der Ball, die Liga-Partie Lech Posen – Pogonia Szczecin wurde seinerzeit nach 38 Minuten abgebrochen, als bekannt geworden war, dass Karol Wojtyla gestorben ist.

Der Tod des Papstes war eine kleine Zäsur. Zwar genießt die Religion in Polen noch immer einen enormen Stellenwert – 95 Prozent der Bevölkerung sind römisch-katholisch – doch wie in vielen anderen europäischen Ländern plagen die Kirche Nachwuchssorgen. "Unser Papst hat noch alles zusammengehalten, aber die jungen Leute denken heute anders", sagt Radoslaw Gilewicz, der polnische Ex-Goalgetter von Tirol & Austria.

Hatten sich im Jahre 2000 noch 997 polnische Priestern ausbilden lassen, so waren es im Vorjahr schon nur mehr 640. Die Zahl neuer polnischer Ordensschwestern ist in diesem Zeitraum überhaupt von 723 auf 209 gesunken.

Kein Wunder, dass die polnische Kirche daher während der EM in die Offensive geht. Auf den Werbe-Plakaten des Danziger Priesterseminars tragen die Männer im Stadion zur schwarzen Kirchen-Robe Fußballschuhe, dazu der treffende Slogan: "Schließ dich der Mannschaft Gottes an!"

Von frischem Wind und neuem Personal in Polens Gotteshäusern würden über kurz oder lang auch Österreichs Gläubige profitieren. Denn ohne Legionäre würde die Kirche hierzulande noch mehr ins Abseits rücken.

Schon jetzt sind die polnischen Priester für Österreich ein Segen. Allein in der Erzdiözese Wien verrichten 120 Polen ihren Gottesdienst.

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