"Austria sollte mit Atlético nicht mitspielen wollen"

Erinnerung: Rodax mit einem Trikot von früher in seiner Tennishalle in Traiskirchen.
Mit Gerhard Rodax stürmte vor mehr als 20 Jahren auch ein Österreicher für den Traditionsklub.

Wer, wenn nicht er, weiß, was Atlético Madrid bedeutet? Gerhard Rodax stürmte Anfang der 90er-Jahre für den spanischen Spitzenklub und kickte zusammen mit großen Spielern wie Bernd Schuster und Paolo Futre. Rodax kann genau einschätzen, was auf die Austrianer zukommt.

KURIER: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Spanien-Zeit?

Gerhard Rodax: Der 3:2-Sieg über Spanien in Malaga war sicher das Sprungbrett. Allerdings war davor auch schon die Rede von einem möglichen Wechsel, ich habe ja um den Goldenen Schuh des besten Torschützen mitgespielt neben Hugo Sanchez. Mein Name war in Spanien also zumindest schon einmal bekannt. Die Zeit selbst war dann sehr interessant, lehrreich und intensiv. Ich bin von der Admira gekommen, wo bei Heimspielen im Schnitt 3000 Zuschauer gekommen sind. Die haben wir in Madrid beim Training gehabt.

Das Abenteuer währte nicht allzu lange. Bereuen Sie das?

Nein. Im Nachhinein betrachtet wäre vielleicht ein kleinerer Klub zum Einstieg für mich besser gewesen. Umgekehrt, wenn man ein Angebot von Atletico Madrid erhält, dann nimmt man es auch an. Man kann das Leben sowieso nicht zurückdrehen. Ich bereue gar nichts. Wir sind Cupsieger geworden.

Wären Sie nicht gern länger geblieben?

Ich darf mich nicht beklagen, ich hatte schon viel Glück. Dumm war nur, dass zwei Jahre danach das Bosman-Urteil kam. Da wäre mehr möglich gewesen.

Sie hatten in Ihrer Atletico-Zeit einige Trainer.

Stimmt, fünf. Darunter auch Luis Aragones, den Andi Ogris auch bei Espanyol hatte. Damals war bei Atletico der berühmte Jesus Gil y Gil Präsident, der war bekannt dafür, dass er die Trainer gerne ausgewechselt.

Und wie war er?

Zu mir toll. Viele haben mich vor ihm gewarnt und gemeint, er wäre so verrückt. Mich hat er immer sehr gut behandelt. Natürlich hat es nach Niederlagen Krisensitzungen in einem großen Saal gegeben, da hat er dann gewütet und uns aufs Wüsteste beschimpft. Umgekehrt durfte er sich das herausnehmen, weil er sein Geld in den Verein gesteckt hat. Bei unseren Vereinen gibt es einige Funktionäre, die überall mitreden, aber nichts aus der eigenen Tasche investieren.

Sie hatten damals prominente Mitspieler: Paolo Futre, Donato, Bernd Schuster. Wie war der blonde Engel?

Super. Ich weiß, dass er das Image des Schwierigen hat. Aber er war ein toller Kerl, hat mir geholfen. Was er nicht machen wollte, hat er auch nicht gemacht. Zum Beispiel bei Auswärtsreisen hatte er als Einziger ein Einzelzimmer. Nur beim Training hat er immer alle Anweisungen des Trainers befolgt und alle Übungen auch mitgemacht. Ohne Ausnahme.

Wie oft zieht es Sie noch nach Madrid?

Alle paar Jahre. Voriges Jahr war ich mit meiner Frau bei einem Spiel, da habe ich eine Einladung bekommen und VIP-Karten. Man hat mich nicht vergessen, das ist schön. Vielleicht mache ich mir mit der Austria zwei, drei schöne Tage in Madrid.

Wie stehen die Chancen der Austria in den kommenden zwei Spielen gegen Atletico?

Wenn die Spanier die Austria nicht unterschätzen, dann wird es leider nur eine ganz geringe Chance geben. Aber das Unterschätzen ist durchaus möglich, weil der österreichische Fußball in Spanien nach wie vor nichts zählt. Wenn sie topmotiviert und in bester Besetzung antreten, dann wird Atletico gewinnen. Aber: Die Austria hat im Cup gegen Kalsdorf verloren, warum sollte sie umgekehrt nicht gegen Atletico gewinnen? Möglich ist alles. Also warum nicht?

Derzeit ist Atletico in der Primera Division eine große Nummer.

Der Verein ist endlich dort, wo er hin gehört. Das ist der Arbeiterklub von Madrid, es steckt nicht so viel Geld dahinter wie bei Real. In der Stadt hat Atletico aber ebenso viele Anhänger wie die Königlichen – dort ist die höhere Schicht zu Hause. Madrid ist aber keine reiche Stadt.

Was macht Atletico zu einem besonderen Verein?

Die Tradition, das Publikum und das Standing in der Stadt. Die Hardcore-Fans in Madrid sind eher Rot-Weiße. Und natürlich haben in der Geschichte große Namen dort gespielt.

Wie kann die Austria bestehen?

Als schwächeres Team muss man immer defensiv gut stehen, auf Konter und Standards hoffen. Dann ist auch etwas möglich. Die Austria sollte mit Atletico nicht mitspielen wollen, das wäre ganz schlecht.

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