Gemeiner Vergleich

Wolfgang Winheim
Tagebuch: Die Champions-League-Übertragungen sind das Schlimmste‚ was der österreichischen Bundesliga acht Monate vor Ablauf des TV-Vertrages passieren kann.

Die Legionäre müssen gar nicht erst gewarnt werden vor einem Unterschätzen der nächsten Aufgaben, Christian Fuchs & Co. wissen selbst: Werden die zwei WM-Qualifikationsspiele im Oktober nicht gewonnen, dann sind die beim 1:2 gegen Deutschland erworbenen Sympathien sofort verpufft.

Denn der Gegner heißt Kasachstan. 3900 Kilometer entfernt, 16,8 Millionen (trotz enormer Bodenschätze) großteils bettelarme Einwohner, Rang 142 in der Fußball-Weltrangliste.

Gespielt wird am 12. 10. auf Kunstrasen in Astana, wo die (von Giovanni Trapattoni , 73, gecoachten) Iren beim Quali-Auftakt das Kunststück zuwege brachten, in den letzten drei Minuten ein 0:1 in einen 2:1-Sieg zu verwandeln. Am 16. Oktober erfolgt im Wien das Retourspiel.

Dienstag vormittag gibt Teamchef Marcel Koller seinen Kader (leider erneut ohne den rekonvaleszenten David Alaba) bekannt.

Dienstag Abend werden dank Puls4 und Sky Fußball-Feinschmecker befriedigt werden, wenn in HD-Qualität die Ballästheten von Barcelona und Benfica Lissabon über die Bildschirme tänzeln.

Die Champions-League-Übertragungen sind das Schlimmste‚ was der österreichischen Bundesliga acht Monate vor Ablauf des TV-Vertrages passieren kann. Die Liga hofft auf mehr als jene 18 Millionen, die derzeit Sky und ORF jährlich zahlen.

Bis zur Liga-Abschlussfeier am 7. Dezember will Liga-Vorstand Georg Pangl den neuen Vertrag mit den mutmaßlich alten Partnern (oder lizitiert auch Servus TV mit?) unter Dach und Fach bringen. Und bis 7. Dezember wird er von der Gegenseite am Verhandlungstisch hören, um wie vieles attraktiver ausländische Spiele seien.

Doppelt so viele Kameras, fünf Mal so viele Fans – der Vergleich mit Deutschland und England muss allein schon vom Umfeld her drastisch ausfallen.

Die Liga ist dennoch auf dem richtigen, einzig gangbaren Weg. Indem aus der Not eine Jugend gemacht, der eigene Nachwuchs forciert und in vernünftiger Relation durch kostengünstige Ausländer ergänzt wird.

Ein paar Jährchen vor und nach der Jahrtausendwende war das noch anders. Nämlich nahezu kriminell. Da wurden Spieler importiert mit Geld, das die Vereine gar nicht hatten. Da profitierten unverschämte "Mitschneider".

Da durfte sich nur die Austria dank Frank Stronachs privatem Spielkapital ein teures Hire&Fire (so wie jetzt Red Bull mit hoffentlich mehr Weitblick) leisten.

Da musste sich der jeweilige ÖFB-U-21-Auswahltrainer in die Regionalligen auf Spielersuche begeben, weil im Oberhaus Junge zu keiner Matchpraxis kamen. Da waren die Folgeschäden für die Nationalmannschaft vorprogrammiert.

Östliche Nachbarländer hatten die einfache Rechnung viel früher durchschaut: So lange Talente keinen Stammplatz in der nationalen Liga haben, wird sie kein international namhafter Klub holen. Und so lange sie keine g’standenen Legionäre sind, können sie einem Nationalteam in Entscheidungsspielen kaum helfen.

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