Garics: "Verdienen spielend viel Geld"
Es sprudelt wieder aus ihm heraus: Ein Telefonat mit Gyuri Garics ist das beste Training für einen Schnellschreib-Wettbewerb. Der österreichische Bologna-Legionär hat nach seinem Kreuzbandriss und den Monaten in der Reha wieder viel zu erzählen.
Über seine Abseitsstellung im Team wegen Dietmar Constantini, über den neuen Teamchef Marcel Koller (der Garics nach dem Länderspiel in der Ukraine einen Besuch abstatten wird), über seine neue Perspektive zum Beruf und seine kurz- wie langfristigen Ziele.
KURIER: Wie ist das werte Wohlbefinden?
Gyuri Garics: Alles ist in Ordnung, mir geht es gut. Endlich liegt diese Geschichte hinter mir. Daraus habe ich viel gelernt.
Was denn genau?
Dass Fußball ein schönes Spiel ist und Fußballer der schönste Beruf der Welt. Das habe ich noch mehr zu schätzen gelernt. Oft verliert man im Alltag aus den Augen, dass wir den Fußball genießen müssen. Immerhin verdienen wir spielend sehr gutes Geld. Viele würden dafür bezahlen, wenn sie meinem Beruf nachgehen könnten.
Österreich hat einen neuen Teamchef. Gab es schon Kontakt mit ihm?
Nein, Marcel Koller hat sich noch nicht gemeldet. Aber zum ÖFB hatte ich stets Kontakt in den letzten Monaten. Das reicht vorerst, weil ich mir nach meiner Verletzung erst das Leiberl im Verein erkämpfen und Leistung bringen muss. Ich wünsche mir eine korrekte Behandlung. Das heißt: Braucht er mich generell - oder braucht er mich nicht.
Das haben Sie bei Constantini vermisst, daher auch die Pause vom Team.
Ja. Ich habe damals gesagt, dass ich mit so einer Person nichts zu tun haben möchte. Ich stehe zu den Aussagen von damals. Es war meine Entscheidung, ich würde sie heute wieder so treffen.
Auf Ihrer Position in der Abwehr hat sich keiner einen Stammplatz erspielt. Es sieht nicht schlecht für Sie aus.
Daran denke ich nicht, ich hatte mit meinem Knie auch andere Sorgen. Darüber kann man reden, wenn ich wieder spiele, und zwar gut spiele. Und wenn ich für den Teamchef infrage komme.
Was muss sich ändern, damit sich Österreich für eine Endrunde qualifiziert?
Die Resultate. Und man muss eine klare Linie erkennen. Das habe ich in Italien gelernt von all meinen Trainern. Sie hatten alle eine Handschrift, wie sie mit einem Team spielen wollen. Ich hoffe, das passiert auch im Nationalteam, auch wenn wenig Zeit bleibt für die nötigen Resultate. Glück brauchst du dafür immer. Meine Ziele bleiben unverändert. Eines davon ist die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft.
Der italienische Fußball hat an Glanz und Boden gegenüber anderen Ligen verloren. Warum?
Den Glanz hat er vonseiten der Medien verloren. Dennoch wird das Spiel hier immer schwieriger und härter. Alles liegt eng beisammen, der Kleine schlägt immer öfter den Großen. Das ist meine fünfte Saison in der Serie A, für mich ist sie immer noch die schwierigste Liga der Welt.
Aber Länder wie Spanien, Deutschland und England haben Italien überholt.
Die Vereine haben in der Vergangenheit nicht so gearbeitet, wie es sein sollte. Irgendwann kracht es eben, das ist genau so wie bei der Weltwirtschaftskrise. Das wiederum wirkt sich auf das Sportliche aus. Ich denke aber, die Verantwortlichen haben jetzt kapiert, dass es so nicht geht. Voriges Jahr haben in Bologna nur fünf Tage zum Konkurs gefehlt, im letzten Moment wurde er abgewendet. Spanien ist doch ähnlich. Die großen Klubs sind die Ausnahme.
Und Deutschland?
Kompliment an die Deutschen. Man kann sie mögen oder nicht, aber man muss den Hut vor ihnen ziehen. Mit welcher Mentalität sie wirtschaften und arbeiten - und zwar in allen Bereichen des Lebens, nicht nur im Fußball.
Sie sind in Ungarn geboren, in Österreich aufgewachsen und spielen in Italien. Gyuri Garics, der Kosmopolit - oder gar schon Italiener?
Ich fühle mich nicht als Italiener, fühle mich aber hier zu Hause. Das drückt es wohl am besten aus. Es ist nicht schwer, sich in Italien zu verlieben: Mode, Autos, Stil, Geschichte, Architektur, die Küche - es gibt hier für jeden etwas. Ich bin ein offener Typ und wollte alles lernen. Und wenn die Italiener merken, dass du dich schnell anpassen willst, dann geben sie dir sehr viel.
Was repräsentiert für Sie Italien? Der gute Kaffee?
Nein, ich trinke keinen Kaffee, ich mache nur in der Früh Kaffee für meine Freundin.
Was ist es dann?
Gemütliche Spaziergänge durch eine Altstadt, ein Abendessen in einem netten Ristorante. Aber natürlich bin ich auch Österreicher geblieben und liebe Wien. Und meiner Freundin gefällt die Stadt auch sehr gut.
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