Hinweise auf Anschlag: Deutschland-Spiel abgesagt

Es gebe eine konkrete Gefahrenlage im Stadion, so ein Polizeisprecher.
"In einer solchen Lage hat im Zweifel der Schutz der Menschen Vorrang", sagt Innenminister De Maiziere.

Vier Tage nach den Anschlägen von Paris hat die Angst vor ähnlichen Angriffen auch Deutschland fest im Griff: Die Behörden sagten wegen eines Hinweises auf einen geplanten Sprengstoffanschlag das am Dienstagabend angesetzte Fußball-Länderspiel Deutschland gegen Niederlande kurzfristig ab.

Das Stadion in Hannover wurde evakuiert. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sagte anschließend, Sprengstoff sei zunächst nicht entdeckt worden. Es habe auch keine Festnahmen gegeben. Wenig später sorgte ein verdächtiger Gegenstand erneut für Aufregung in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Die Polizei sprengte diesen nach eigenen Angaben aus Sicherheitsgründen im Hauptbahnhof. Laut einer Polizeisprecherin handelte es sich um eine Sprengstoff-Attrappe. Gefahndet wird nun nach dem Mann, der das Paket dort liegen ließ. Eine Mitreisende haben ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er etwas vergessen habe. Der Reisende hatte aber nicht darauf reagiert, sondern den Zug verlassen und war geflüchtet.

Das Freundschaftsspiel sollte ein Zeichen der Solidarität mit Frankreich setzen. Daher hatten sich die Verantwortlichen trotz der Furcht vor möglichen weiteren Anschlägen zunächst gegen eine Absage entschieden. Bei der Partie Deutschland gegen Frankreich am Freitagabend hatte eine beispiellose Anschlagsserie Paris erschüttert, mindestens 129 Menschen wurden getötet. Sprengsätze detonierten auch unmittelbar vor dem Stade de France. Zu den Anschlägen bekannte sich die Miliz Islamischer Staat. Auf ihr Konto soll auch der Anschlag auf ein russisches Passagierflugzeug über der ägyptischen Sinai-Halbinsel gehen, bei dem Ende Oktober 224 Menschen umkamen.

Die Empfehlung zur Spielabsage sei ihm nicht leichtgefallen, sagte Innenminister Thomas de Maiziere auf einer Pressekonferenz in Hannover. Die Hinweise hätten sich jedoch immer mehr verdichtet. "In einer solchen Lage hat im Zweifel der Schutz der Menschen Vorrang." Pistorius sagte, anhand der beim Bund eingegangenen Hinweise sei die Austragung des Spiels nicht zu verantworten gewesen. "Es gab keinen Platz für Fehlinterpretationen."

Die Fußballfans verließen geordnet und ohne Panik das Stadion. Innerhalb kürzester Zeit sei der Platz vor der Arena so gut wie leer gewesen, berichtete ein Reuters-Fotograf. Die Polizeipräsenz wurde erheblich verstärkt. Wie Kanzlerin Angela Merkel und de Maiziere waren auch Vizekanzler Sigmar Gabriel und Justizminister Heiko Maas, die sich als Zuschauer angekündigt hatten, zum Zeitpunkt der Absage noch nicht im Stadion, ebenso wie die deutsche und holländische Mannschaft.

In Frankreich, Belgien und Deutschland suchten unterdessen Fahnder weiter fieberhaft nach mutmaßlichen Komplizen der Attentäter von Paris. In der Nähe von Aachen wurden bei Großeinsätzen insgesamt sieben Personen festgenommen. Am Abend teilte eine Polizeisprecherin jedoch mit, die Verdächtigen würden wieder freigelassen. Nach den bisherigen Ermittlungen handle es sich nicht um Personen, die im Zusammenhang mit den Anschlägen in Paris gesucht würden.

In Paris sagte eine mit den Ermittlungen vertraute Person, in einem Abfallkorb in der Nähe der Konzerthalle Bataclan, in der allein 89 Menschen getötet wurden, sei ein verdächtiges Handy gefunden worden. Darauf befinde sich eine SMS, die dem Sinn nach "Los geht's" laute.

Bei der Anschlagsserie kamen sieben Attentäter ums Leben. Nach dem Franzosen Salah Abdeslam wird international gefahndet. De Maiziere bestätigte Berichte der österreichischen Regierung, dass Abdeslam Anfang September aus Deutschland nach Österreich eingereist ist.

Die französische Luftwaffe und Russland flogen auch am Dienstag Angriffe auf Stellungen des IS in Syrien. Bei einem Treffen der Verteidigungsminister der EU-Staaten bat Frankreich die anderen Mitgliedsländer um Beistand. Alle EU-Mitglieder hätten dies zugesagt, teilte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini mit.

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