Fußball in Aserbaidschan Randsportart

Fußball in Aserbaidschan Randsportart
Aserbaidschan ist das Land der Ringer, Judoka, Boxer - und der Schachspieler.

Nur gut, dass es im Fußball für das Hymnensingen noch keinen Zusatzpunkt gibt. Im akustischen Wettstreit würde Österreich von Aserbaidschan wohl klar überstimmt werden. Das Land in Vorderasien verschafft sich international seit Jahren mit seinen Sängern und Musikern Gehör. Ell & Nikki gewannen in diesem Jahr den Eurovision Song Contest, nachdem die Vertreter Aserbaidschans bereits in der jüngeren Vergangenheit mit Platz 3 (2009) und Platz 5 (2010) hatten aufhorchen lassen.

Im Fußball ist das Reich der Sänger hingegen ein Niemandsland. Platz 97 in der aktuellen Weltrangliste, kaum Spieler mit internationaler Reputation, eine veraltete Infrastruktur. "Fußball ist in Aserbaidschan eine Randsportart", erklärt der deutsche Teamchef Berti Vogts.

Gießkannen-Prinzip

Der 64-Jährige hat bereits Bekanntschaft mit den rauen Sitten gemacht: Drei erzürnte Journalisten waren mit den Darbietungen der Aserbaidschaner nach der 2:3-Niederlage in Kasachstan derart unzufrieden, dass sie den Coach mit Gießkannen und Klopapier bewarfen. "Ich habe schon viel erlebt, aber mit so etwas hätte ich nicht gerechnet. Das ist auch nicht zu verstehen, das geht nicht. Mir fehlen die Worte."

Nach dem Vorfall wurde ihm vom Verbandsboss Abdullajew versichert, dass man den Vorfall schonungslos aufklären werde. Vogts vermutet, dass es sich um "bezahlte Schläger" handelte, die von einflussreichen Leuten beauftragt worden seien. "Ich habe diese Leute vorher noch nie gesehen, daher glaube ich nicht, dass das Journalisten waren", sagte Vogts. Jedoch: Es waren tatsächlich Journalisten.

Diese haben aber über andere Dinge zu berichten. Einfach, weil Fußball keine Euphorie im Land auslöst. Wenn sich die neun Millionen Aserbaidschaner für etwas richtig begeistern können, dann für Ringen. Die Region zwischen Kaukasus und Kaspischem Meer gilt als Wiege des Ringens. Für Schulterwurf und Hüftschwung sind hier die Menschen ähnlich zu begeistern wie für den Song Contest. Als im vergangenen Jahr in Baku die Europameister gekürt wurden, war die Halle jeden Tag mit 15.000 Zuschauern gefüllt.

Ringe-Kampf

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Tatsächlich ist Aserbaidschan auch ein Land der Kämpfer. Bei den letzten Sommerspielen in Peking landete Aserbaidschan (Platz 39) auch wegen der starken Performance der Boxer, Ringer und Judokämpfer im Medaillenspiegel klar vor Österreich (61.). Elnur Mammadli wurde mit seinem Judo-Gold (Klasse bis 73 Kilo) zum Volkshelden und kassierte 750.000 Euro Prämie für seinen Triumph.

Aber die Aserbaidschaner beherrschen nicht nur den Nahkampf, fast jeder hat hier auch ein Brett vor dem Kopf - ein Schachbrett. Das Land hat eine langjährige Schach-Tradition, der gebürtige Aserbaidschaner Garri Kasparow, Weltmeister von 1985 bis 2000, gilt immer noch als bester Schachspieler der Geschichte.

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