Österreichs Team beherrscht die große Endrunden-Kunst
Kaum hat die K.-o.-Phase begonnen, schon ändern sich die Dynamiken in den Spielen. Deutschland zog souverän und verdient in das Achtelfinale ein, aber es gab Momente, in denen hätte es auch anders laufen können. Als Däne darf man sich natürlich ärgern.
Die zwei Entscheidungen des Video-Schiedsrichters VAR binnen weniger Augenblicke waren für den Außenseiter denkbar unglücklich. Die Schiedsrichter auf dem Platz und jene Helfer im Videokammerl haben es nicht leicht, sie müssen streng nach Protokoll handeln. Aber vielleicht braucht es da die eine oder andere Anpassung. Vor allem die Auslegung der Handspielregel wirkt zu verkopft und wenig realitätsnah.
Nichts zu diskutieren gab es im ersten Achtelfinale. Italien ist definitiv eine der ganz großen Enttäuschungen dieser Endrunde. Das sang- und klanglose Out war nach den Darbietungen in der Vorrunde fast schon zu erwarten. Der aktuellen italienischen Spielergeneration fehlt – abgesehen von Tormann Gianluigi Donnarumma – ein absoluter Weltklassemann.
Schweiz als Vorbilder für Österreich
Das soll jedoch die Leistung der Schweizer nicht schmälern. Die Mannschaft hat mich schon in der Gruppenphase gegen Deutschland beeindruckt. Dabei lassen sich einige Parallelen zur österreichischen Nationalmannschaft erkennen.
Schweiz-Teamchef Murat Yakin rotiert überraschend viel, ähnlich wie Ralf Rangnick bisher. Beide Kader haben eine größere Breite, als von vielen angenommen. Das ist ein entscheidender Faktor bei einem großen Turnier.
Ansonsten ist die Schweiz als Gesamtverband den Österreichern aber noch ein Stückchen voraus. Seit 2014 waren die Eidgenossen für jede EM und WM qualifiziert, stets haben sie dabei die Vorrunde überstanden. Der Verband und die Fußball-Nation haben durch diese kontinuierlichen Erfolge ein Selbstverständnis entwickelt, das bemerkenswert ist für die Größe des Landes.
Hierhin muss und kann auch Österreich kommen. Kurzfristig schaut es rosig aus, ins Achtelfinale gegen die Türkei am Dienstag geht man als Favorit. Die Österreicher müssen schon einen miserablen Tag erwischen (und die Türkei einen perfekten), damit sie als Verlierer vom Platz gehen.
Marc Janko ist Fußball-Experte bei Sky – der 41-Jährige spielte 70-mal für das Nationalteam und erzielte 28 Tore.
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Klar sollte man sich sein, dass der 6:1-Kantersieg aus dem jüngsten Test wenig mit der Realität zu tun hat. Das wissen sowohl die Österreicher als auch die Türken, denen man vielleicht eine andere Statistik vor Augen halten wird: Die letzte Pflichtspiel-Niederlage gegen Österreich gab es Ende der 1980er-Jahre.
In der Gegenwart spricht jedoch vieles für uns. Türkei-Teamchef Montella hat recht, als er sagte, Österreich spiele wie eine Vereinsmannschaft, weil die Abläufe so perfekt wirken. Genau das ist die große Kunst für Nationalteams bei Endrunden.
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