SKN-Trainerin Brancao: „Es ist ein Geschenk, gegen City spielen zu dürfen“
Trainerin Liese Brancao führte den SKN St. Pölten bereits zum dritten Mal in Folge in die Champions League. Heuer sind die Gegner besonders attraktiv und schwer. Aufgrund des Schimmels im SKN-Stadion muss der Frauen-Serienmeister zur Austria ausweichen. Kein Grund für die 43-jährige Brasilianerin, ihren ansteckenden Optimismus vor dem wohl ungleichen Duell mit Manchester City (18.45 Uhr, DAZN streamt gratis) aufzugeben.
KURIER: St. Pölten wurden Barcelona, Manchester City und Hammarby zugelost. Haben Sie sich geärgert, dass keine Chance auf den Aufstieg bleiben wird, oder gefreut, dass der SKN die attraktivste Gruppe hat?
Liese Brancao: Wir wussten sofort, dass wir in keinem Spiel der Favorit sein werden. Aber ich sehe es lieber so: Gegen so starke Gegner sieht man, wo und wie wir uns steigern müssen. Es ist ein Geschenk, gegen Barcelona und City spielen zu dürfen.
City hat in Manchester gegen Titelverteidiger Barcelona 2:0 gewonnen. Sind sie noch besser als vermutet?
Für mich war das keine Überraschung. Wir treffen auf die beiden Titelfavoriten der Champions League. Das ist ein glückliches Pech.
Die Anzahl der Spiele steigt gerade massiv an, Teamspielerinnen kommen auf mehr als 40 Partien pro Jahr. Fürchten Sie Überbelastung? Oder freuen Sie sich über die zusätzlichen Bühnen?
Es ist wichtig, dass der Frauenfußball mehr Spiele bekommt – endlich! Aber tatsächlich müssen wir bei der Trainingssteuerung aufpassen, weil es erstmals so eine große Belastung ist. Wir haben deswegen bei der Kadergröße bewusst „übertrieben“.
Der Kader ist breiter – ist es auch der beste SKN-Kader aller Zeiten?
Ich glaube, dass wir Jahr für Jahr als Team besser geworden sind und vergleiche Menschen nicht so gerne. Was ich bestätigen kann, ist, dass dieser Kader in der Breite der beste ist, den es in Österreich gegeben hat.
Ist Ihr Team so gut, dass Sie gegen ManCity offensiv wie gewohnt spielen können?
Wir wollen immer nach vorne spielen, was anderes kennen wir gar nicht. Aber gegen solche Top-Teams müssen wir uns natürlich anpassen. Ich glaube, dass wir zum Teil offensiv spielen werden, aber nicht über 90 Minuten.
Haben Sie die Sorge, dass es mit null Punkten endet?
Das ist keine Sorge, sondern wäre nur die abgebildete Realität. Aber besonders zu Hause gegen Hammarby ist sicher etwas möglich. Und wer weiß, wenn gegen City das Stadion voll ist, können wir vielleicht eine Sensation schaffen.
Endlich hat auch in St. Pölten der Vorverkauf gebrummt. Dann kamen das Hochwasser und der Schimmel. Wie schwer fällt die Übersiedlung ins Austria-Stadion?
Wir verlieren das Heimgefühl, die Kabine – das ist schon schade. Gleich nach dem Hochwasser war gar nicht so viel zu merken. Aber es ist dann immer schlimmer geworden. In einigen Räumen wurde der Schimmel so massiv und gefährlich, dass es nicht mehr gegangen ist.
Es ist eine Fortsetzung der Probleme in der Champions League: In Prag wurde das Spiel kurzfristig abgesagt, wegen eines Amoklaufs. In Bergen ist der Bus bei der Anfahrt im Tunnel stecken geblieben. In Rom musste wegen Regens eine Stunde unterbrochen werden. Fühlen Sie sich vom Pech verfolgt?
Gar nicht! Das, was passiert ist, konnten wir nicht beeinflussen. Wir haben bei jeder dieser Situationen darauf geachtet, das Beste daraus zu machen.
Sie jammern überhaupt nie. Egal, welches Problem ansteht.
Ja, ja (lacht). Ich versuche immer, eine Perspektive einzunehmen, die mich das Positive sehen lässt.
Als einer von nur sieben Vereinen ist St. Pölten auch im dritten Jahr dieses Champions-League-Modus dabei. Was bedeutet Ihnen das?
Es ist eine Bestätigung unserer Arbeit und macht mich sehr stolz! Parallel ist auch die Liga besser geworden. Deswegen müssen auch wie immer besser werden.
Die Rapid-Frauen sind in der 3. Liga erfolgreich gestartet. Freuen Sie sich, wenn in wahrscheinlich zwei Jahren eine sehr prominente Konkurrenz zur Liga stößt?
Ja, zu 100 Prozent! Der Start von Rapid freut mich sehr. Sie werden uns guttun und noch besser machen.
Wo kann sich der SKN noch verbessern?
Mehr Vollprofis im Team wären hilfreich. Der Tormanntrainer arbeitet „nebenbei“ 40 Stunden, auch der Co-Trainer hat einen anderen Job.
Sie sind als einzige Frau neben zwölf Männern im UEFA-Pro-Lizenz-Kurs für Trainer. Wie geht es Ihnen in dieser Männergruppe?
Ich fühle mich extrem gut, ich wurde super aufgenommen. Wir haben in der Gruppe eine Atmosphäre geschaffen, in der jeder sich öffnen und frei reden kann.
Dafür müssen Sie auch einiges in Kauf nehmen, weil die Termine stärker auf den Männer-Fußball abgestimmt sind. Sie waren erst einen Tag später als das Team beim Champions-League-Spiel in Stockholm.
Kein Problem! Wir haben mit unseren teilweise anderen Terminen super Kompromisse gefunden. Wenn ich an einem Modul-Tag gar nicht kann, bekomme ich Kompensationsarbeiten, die ich bis zum nächsten Treffen erfüllen muss.
Was nehmen Sie im Finish der Trainerausbildung inhaltlich mit?
Ich war bisher bei drei Modulen. Es geht stark um das Individuum: Wer bin ich, was will ich sein? Ich werde ständig von Experten begleitet – es ist unglaublich. Jedes Modul bringt mich weiter.
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