ÖFB-Ass Leitner: "Rubiales hat den Spielerinnen Rampenlicht genommen"

Annelie Leitner spielt seit 2020 in Spanien. Damit ist die 27-jährige Weltenbummlerin aus der Steiermark für ihre Verhältnisse schon richtig sesshaft geworden im Land der Fußball-Weltmeisterinnen. Sie kickt in der höchsten Liga beim baskischen Klub Eibar und steht im erweiterten Kader des österreichischen Nationalteams.
KURIER: Israel, Südkorea, nun Spanien – warum sind Sie so viel in der Welt herumgekommen?
Annelie Leitner: Meine Eltern sind Lehrer und haben immer wieder neue Jobs in verschiedenen Ländern angenommen.
Und die haben Sie wohin geführt?
Geboren wurde ich in Graz. Als ich klein war, haben wir ein paar Jahre in Portugal gelebt. Da habe ich Fußball schon geliebt und war ein glühender Fan von Sporting in Lissabon. Richtig erinnern kann ich mich dann an meine Kindheit in Salzburg. Zuerst haben wir am Land gewohnt und dann in der Stadt Salzburg. Von dort sind wir nach Guatemala gezogen. Ich war dreizehn, als wir gegangen sind.
Sind Ihre Eltern noch immer in Guatemala?
Nein. Sie sind mit meiner jüngsten Schwester mittlerweile in Hongkong. Meine zwei anderen Geschwister leben momentan in Wien.
Fußball hat Sie offenbar Ihr Leben lang begleitet.
Mit dem Fußball habe ich in Tamsweg in Nachwuchsteams mit Buben begonnen. Da war ich in der Volksschule. Als wir dann in die Stadt gezogen sind, habe ich beim SSK in Gnigl gespielt, immer noch als einziges Mädchen unter Buben. In Guatemala war ich dann im Gymnasium und habe zum ersten Mal in einer reinen Mädchenmannschaft gespielt. Während des Studiums in den USA war ich in einem Collegeteam für Frauen. Da haben wir jedes Jahr um den Einzug in die sogenannten „Big Ten“ mitgekämpft. Nach meinem Uni-Abschluss in Indiana habe ich schließlich einen Manager gebeten, mir beim Einstieg in den Profifußball zu helfen.
Und konnte er?
Ja. Er hat als erstes einen Klub in Südkorea gefunden.
Wie abenteuerlich war es in Hwacheon, nahe der Grenze zu Nordkorea?
Die Leute waren freundlich, aber die Verständigung war herausfordernd. Wir haben uns teils mit Händen verständigt. Kulturell neu war für mich, dass sich alle auf dem Boden sitzend das Essen geteilt haben. Da hat keiner eine eigene Portion bekommen. Ein Pluspunkt war, dass damals meine Eltern schon in Hongkong gewohnt haben und damit nicht so weit weg waren. Wenn spielfrei war, konnte ich sie dort ein paar Mal besuchen.
Danach sind sie nach Hadera in der Nähe von Tel Aviv und Haifa in Israel.
Ja, aber nicht lang. Das war Anfang 2020, und da stand dann plötzlich wegen der Corona-Pandemie alles still. Auch im Fußball. Ich musste dann nach Österreich zurück.
Sie sind dann nach Spanien und noch immer dort – derzeit im Baskenland. Wie hat Sie der Fußball ins kleine Eibar gebracht?
Ich habe meinem Agenten gesagt, dass er mir was Interessantes bei den besten Klubs in Europa suchen soll: in Italien, Deutschland oder auch Spanien. Es wurde Saragossa. Der Verein war damals in der zweiten Liga. Leider sind wir in meinem zweiten Jahr abgestiegen. Ich habe dann zu Logroño gewechselt, auch in der zweiten Liga. Und dann wollte mich der Aufsteiger in die erste Liga, Eibar.
Und so sind Sie als Weltenbummlerin im Land der Weltmeisterinnen gelandet. Bedeutet Ihnen das etwas?
Es macht schon stolz gegen die Weltmeisterinnen zu spielen. Es war etwas Besonderes, dass ich in der Partie gegen Real Madrid gegen Weltmeisterin Olga Carmona gespielt habe. Gegen Barcelona war ich leider verletzt, da konnte ich nicht dabei sein und musste von der Bank aus zuschauen.
Wie hat sich der Fußball in den dreieinhalb Jahren in Spanien entwickelt?
Enorm. Barcelona steht über allen, aber die anderen Klubs haben enorm aufgeholt. Der Frauenfußball hat ein gutes Standing, es gibt diese Saison sogar Panini-Pickerl von den Spielerinnen der obersten Liga. Die Profis sind Vorbilder für den Nachwuchs. Bei uns kommen 1.000 Zuschauer zu den Spielen. Ich will so lange wie es geht, in der Liga bleiben.

Das Panini-Pickerl von Eibar-Spielerin Leitner
Wie wurde der Kuss von Verbandschef Rubiales für Hermoso bei der WM-Feier in Spanien aufgenommen?
Natürlich war das ein Topthema. Traurig ist dabei, dass mehr über Rubiales geredet wurde als über die Leistung des Teams. Er hat den Spielerinnen viel Rampenlicht genommen. Leider werden die beiden Themen auch künftig verbunden werden.
Wann wurde das österreichische Nationalteam für Sie zum Thema?
Das war es für mich immer schon. In der Unter 17 habe ich mit Nicole Billa und Katharina Naschenweng EM-Qualifikation gespielt. Ich war mit 17 Jahren ein Semester lang in der Akademie in St. Pölten. Da habe ich auch in Spratzern gespielt. Ich bin dann zwar zurück nach Guatemala, wollte aber immer auf dem Radar des ÖFB bleiben. Mein oberstes Ziel war es immer, dass ich irgendwann im Nationalteam spiele.
Annelie Leitner: Geboren am 15. Juni 1996 in Graz, aufgewachsen in Portugal, Salzburg und Guatemala. Studium in den USA .
Karriere: Erste Profistation war Hwacheon KSPO WFC in Südkorea (2019). Er folgte Maccabi Kishronot Hadera in Israel (2020). Danach ging es nach Spanien zu Saragossa (2020 bis 2022), Logrono (2022/23) und Eibar (seit 2023).
Nationalteam: Im Juni 2021 gab sie ihr Debüt für das österreichische Nationalteam gegen Italien. Im November 2023 konnte sie verletzungsbedingt nicht kommen.
Sie sprechen Deutsch, Spanisch und Englisch?
Ja.
Und in welcher Sprache denken Sie?
Schwer zu sagen, das war immer wieder gemischt. Derzeit ist es aber mehr Spanisch, weil ich schon so lange hier bin. Aber es war auch schon Englisch, Deutsch eher selten.
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