Fall Özil: Deutscher Journalistenverband kritisiert Özil

Fall Özil: Deutscher Journalistenverband kritisiert Özil
Wegen "pauschaler Medienschelte" - Bundeskanzlerin Merkel respektiert Özils Entscheidung.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat dem Fußballer Mesut Özil (29) vorgehalten, eine "pauschale Medienschelte" betrieben zu haben, bei der er Dampf ablasse und viele Leser ratlos zurückließe. "Wenn Mesut Özil Rassismus in deutschen Zeitungsredaktionen am Werk sieht, soll er Ross und Reiter nennen", forderte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall am Montag.

Özil hatte bei seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft via soziale Medien, bei denen er mehr als 70 Millionen Follower hat, beklagt, dass "bestimmte deutsche Zeitungen" rechte Propaganda betrieben. Sie hätten ihn wegen seiner türkischen Herkunft und nicht wegen sportlicher Leistungen kritisiert. Dazu betonte der DJV-Vorsitzende, es sei richtig, dass die deutschen Medien kritisch hinterfragt hätten, warum sich Özil mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan habe ablichten lassen.

Politisches Foto

"Anders als Özil behauptet, ist ein gemeinsames Foto mit dem für die Abschaffung der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei gefürchteten Autokraten politisch", sagte Überall. "Und natürlich musste das kritische Fragen aufwerfen." Wenn einzelne Medien dabei die journalistischen Grundwerte missachtet hätten, sei diese Art der Berichterstattung ein Fall für den Deutschen Presserat.

Warum der 29-jährige Fußballprofi eine dreiteilige Erklärung über die sozialen Netzwerke verbreitete, dazu sagte Überall der Deutschen Presse-Agentur: "Ich kann nur vermuten, dass er Spannung aufbauen wollte. Aber die genaue Antwort kennt nur er." Dass Özil seine Gedanken nur auf Englisch und nicht auf Deutsch an die Leser verbreitet habe, habe wahrscheinlich daran gelegen, dass wahrscheinlich das Management und nicht der Fußballer selbst die Erklärung verfasst und versendet habe.

Und warum stellt sich ein Mesut Özil nicht - wie andere prominente Sportkollegen - in Interviews mit Journalisten den Fragen der Journalisten? "Das ist sehr bedauerlich, denn seine Vorwürfe sind schwerwiegend", sagte Überall weiter. "Alle Medien als rassistisch zu verteufeln ist natürlich Unsinn. Aber wenn er Beispiele genannt und sich einer Diskussion gestellt hätte, gäbe es eindeutig einen Nutzwert. So aber sieht das nach Dampfablassen aus. Das mag ihm nützen, lässt aber alle anderen ratlos zurück."

Merkel: "Toller Fußballer"

Unterdessen hat sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) via einer Regierungssprecherin geäußert und versucht, die Wogen zu glätten: "Die Bundeskanzlerin schätzt Mesut Özil sehr. Mesut Özil ist ein toller Fußballspieler, der viel für die Fußball-Nationalmannschaft geleistet hat", sagte eine Regierungssprecherin am Montag in Berlin. "Mesut Özil hat jetzt eine Entscheidung getroffen, die zu respektieren ist."

Der Sport trage viel zur Integration in Deutschland bei, sagte die Sprecherin weiter. "Deutschland ist ein weltoffenes Land und die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist eine Schlüsselaufgabe der Bundesregierung." Eine Sprecherin des deutschen Innenministers Horst Seehofer, der auch für Sport zuständig ist, reagierte zurückhaltend. "Zu der Angelegenheit Özil hat der Minister schon mehrfach gesagt - das Thema ist ja nicht neu - dass er sich in diese internen Angelegenheiten nicht einmischen möchte."

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