Krimi im EM-Kracher: Italien schlägt Spanien und steht im Finale
Italien hat am Sonntag in London die Chance auf den ersten großen Titel seit 2006. Die Squadra Azzurra setzte sich im Wembley-Stadion gegen phasenweise drückend überlegene, aber nicht immer zwingende Spanier im Elfmeterschießen durch, weil Morata an Donnarumma scheiterte und Jorginho schließlich den letzten Versuch lässig verwandelte.
ITALIEN – SPANIEN 1:1 (1:1, 0:0) n.V., 4:2 i.E.
Tore: 1:0 (60.) Chiesa, 1:1 (80.) Morata.
Elfmeterschießen: 0:0 - Locatelli scheitert an Simon; 0:0 - Olmo schießt drüber; 1:0 - Belotti trifft; 1:1 - Moreno trifft; 2:1 - Bonucci trifft; 2:2 - Thiago trifft; 3:2 - Bernardeschi trifft; 3:2 - Morata scheitert an Donnarumma; 4:2 - Jorginho trifft.
Gelbe Karten: Toloi, Bonucci bzw. Busquets.
Italien: Donnarumma - Di Lorenzo, Bonucci, Chiellini, Emerson (74. Toloi) – Barella (85. Locatelli), Jorginho, Verratti (74. Pessina) – Chiesa (107. Bernardeschi), Immobile (62. Berardi), Insigne (85. Belotti).
Spanien: Simon – Azpilicueta (85. Llorente), Garcia (109. Pau Torres), Laporte, Alba – Koke (70. Rodrigo), Busquets (106. Thiago), Pedri - Ferran Torres (62. Morata), Oyarzabal (70. Moreno), Olmo.
Bei den Italienern hatte Trainer Mancini wie erwartet Emerson anstelle des schwer verletzten Spinazzola als linken Verteidiger aufgeboten. Spaniens Teamchef Luis Enrique reagierte auf den Ausfall von Stürmer Sarabia mit einer spannenden Idee: Oyarzabal und Olmo nahmen abwechselnd die Rolle der „falschen Neun“ ein in einer Art 4-6-0-Formation ohne echten Stürmer, die die für viele favorisierten Italiener vor alt bekannte Aufgabe stellte.
Eine, mit der sie im Laufe dieser Europameisterschaft allerdings noch nicht konfrontiert waren. Erstmals hatte die Squadra Azzurra nicht mehr Ballbesitz als ihr Gegner – im Gegenteil. Bis zur Pause hatten die Iberer zu 61 Prozent den Ball und versuchten durch ihren bewährt dominanten Stil, die Italiener zu zermürben. Das Resultat: Bis ins letzte Drittel war diese Spielidee mit Erfolg gekrönt. Dort verhinderten zunächst aber technische Fehler oder falsche Entscheidungen einen möglichen Torerfolg.
Etwa, als Oyarzabal alleine vor Keeper Donnarumma den Ball nach Traumpass von Pedri nicht sauber annehmen konnte (13.), Olmo nicht präzise genau im Torschuss war (25.) und wiederum Oyarzabal überhastet weit übers Tor schoss (39.). Und die Italiener? Die verzeichneten ihren ersten Torschuss erst in Minute 45. Der hatte es jedoch in sich: Emerson knallte den Ball aus spitzem Winkel ans Lattenkreuz. Bereits zuvor hatten Immobile und Barella den Ball in einem versuchten Konter vertändelt.
Gefährliche Konter
Eine große Chance, die zum Mutmacher werden sollte nach Seitenwechsel. Denn obwohl es weiterhin die Spanier waren, die das Spiel an sich rissen und versuchten, zu kontrollieren, wurden die Italiener in ihren Kontern konkreter. Und es war Federico Chiesa, der immer wieder in Erscheinung trat.
Nachdem auf Seiten der Spanier zunächst Busquets verzog (52.), scheiterte der Juventus-Stürmer im Gegenzug an Keeper Simon. Die nächste Versuch sollte sitzen. Donnarumma pflückte eine Flanke aus der Luft und machte das Spiel schnell, die Spanier bekamen keinen Zugriff auf die direkt spielenden Italiener, der Ball landete schließlich bei Chiesa und der 23-Jährige vollendete sehenswert mit einem Schlenzer ins lange Eck (60.).
Ein echter Stürmer
Luis Enrique brachte nun doch einen echten Stürmer. Morata ersetzte Ferran Torres, die Idee mit der falschen Neun blieb aber die gleiche. Doch ehe der spanische Joker in Erscheinung treten konnte, tat dies ein Italiener. Berardi, für Immobile gekommen, tauchte gleich zwei Mal vor Unai Simon auf – und scheiterte ebenso oft. Indes nahm die spanische Dominanz wieder zu und mündete im Ausgleich. Für das 1:1 war keine lange Ballstafette nötig. Ein Pass ins Mittelfeld auf den zurückgefallenen Morata genügte. Der Juve-Legionär konnte sich – von den Italienern aus den Augen gelassen – aufdrehen, einen schnellen Doppelpass mit Olmo spielen und den Ball seelenruhig ins linke Eck schieben (80.).
In der Verlängerung drückten erneut die Spanier. Donnarumma konnte bei einem Olmo-Freistoß retten, Bonucci bei einem Schuss von Llorente. Die Italiener hatten nicht einmal mehr im Konter etwas anzubieten und verteidigten mit Mann und Maus.
Luis Enrique legte nach und brachte in Minute 106 Thiago Alcantara, um der Dominanz noch einmal neue Impulse zu geben. Allerdings bekamen nach dem letzten Seitenwechsel die Italiener noch einmal Aufwind und jubelten sogar kurz. Berardi war bei seinem Treffer aber im Abseits gestanden (110.) – es ging ins Elfmeterschießen. In diesem scheiterten zunächst Locatelli und Olmo und mit Morata ein zweiter Spanier, ehe Jorginho Goalie Simon ins falsche Eck schickte.
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