Nach dem EM-Aus des ÖFB-Teams: Vom Märchen zur Erfolgsgeschichte

Im Stadion von Brentford hatte es noch viel Trost für die österreichischen Spielerinnen gegeben. Von den Betreuern, aber auch von den deutschen Spielerinnen, die ja durchwegs schon in einem Klub mit den Österreicherinnen spielen oder gespielt haben. Am Freitag ging es dann mit dem Charter zurück nach Österreich.
Das Sommermärchen vor fünf Jahren war etwas länger, es endete erst im Semifinale. Das Märchenhafte des EM-Erstauftritts ist verschwunden, vielleicht auch deshalb, weil Österreich mit mehr Respekt behandelt wurde. Aber eine Erfolgsgeschichte war es doch, was in 19 Tagen England geschrieben wurde.
Was zeichnete die Österreicherinnen aus bei dieser EM, die punkto Aufmerksamkeit und fußballerischer Qualität einen enormen Sprung vorwärts für den Frauenfußball bedeutet?
- Emotion
Der Partyzug lief 2022 wie schon 2017. Viktoria Schnaderbeck: "Wir wollen die Momente genießen." Barbara Dunst jubelte mit dem Sessel wie David Alaba in der Champions League und sagte: "Das sind wir. Wir haben Lockerheit und Spaß. Und die Jungen werden dabei auch integriert." Schnaderbeck, die 31-Jährige, sagt: "Ich habe das Gefühl, dass wir Älteren vom Kopf her immer jünger werden."
- Teamgeist
Die kollektiv gelebte Emotion ist auch Ausdruck des Zusammenhalts auf dem Feld. Teamchefin Fuhrmann bremst die Spielerinnen nicht ein. "Emotion und Zusammenhalt ist bei uns kein Gelabere, das leben wir auch." Sarah Puntigam meinte: "Was gibt es Schöneres, als einen Sieg mit den Spielerinnen und den Fans zu feiern?"
Aber auch die Pechvögel werden nicht vergessen. Plattner und Kolb, die die EM verpassten. Wienroither und Naschenweng, die an Corona erkrankten. "Dass die Kathi und die Laura allein im Zimmer sein müssen, ist schon herzzerreißend", sagte Maria Höbinger.

- Kaderbreite
Es zahlte sich aus, dass Irene Fuhrmann in den letzten zwei Jahren viele Spielerinnen dazugenommen hat. So konnten auch Ausfälle vor der Endrunde und während der Endrunde verkraftet werden. Schnaderbeck: "Wir haben gegen Nordirland gesehen, wie wichtig die Qualität der Spielerinnen auf der Bank ist." Da haben Wienroither-Ersatz Schiechtl und die eingewechselte Naschenweng getroffen. Die routinierten Spielerinnen haben die Jungen im Spiel und beim Feiern integriert.
- Entwicklung
"2022 ist etwas anderes als 2017. Wir sind jetzt selbstbewusster und haben höhere Ansprüche an uns selbst", erklärte Sarah Puntigam. Auch im Spielsystem gab es Entwicklungen. Fuhrmann: "Damals haben wir hoch nach vorne gespielt und sind auf den zweiten Ball gegangen. Die Spielerinnen wollten sich aber weiterentwickeln, jetzt haben wir taktisch mehr Alternativen." Carina Wenninger: "Wir wollten mehr Ballbesitz und mit diesem Spiel auch die großen Nationen fordern." Das ist auch gelungen.

- Defensive
Vier Gegentreffer in neun EM-Spielen können sich sehen lassen. Trotz der offensiveren Grundausrichtung wurde mit viel Laufarbeit auch Defensivarbeit verrichtet. Die drei Gegentreffer 2020 gingen just auf die Kappe von drei Leistungsträgerinnen – Puntigam (England), Wenninger und Zinsberger (Deutschland).
- Offensive
Das Toreschießen trennt die Spreu vom Weizen und die Österreicherinnen von der absoluten Spitze. Teamchefin Fuhrmann: "Die Qualität unserer Flanken und der letzte Pass. Das ist bei uns nicht so gut wie bei England oder Deutschland." Nicole Billa war nicht am Höhepunkt ihres Schaffens, hinter ihr kämpfen oder kämpften Makas, Enzinger, Wienroither und Plattner mit Verletzungsgeschichten.

- Zukunft
Im Herbst lebt die Chance auf die Qualifikation für die erste WM in der Geschichte des österreichischen Frauenfußballs. "Diese Mannschaft ist definitiv WM-reif", betonte Barbara Dunst. Auch Viktoria Schnaderbeck setzt sich noch dieses Ziel.
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