Einreise wie geschmiert

Einreise wie geschmiert
Fahrtenbuch: Der Grenzübertritt verlief problemlos. Bis zu einem verhängnisvollen Fehler.

Die Dame im Navigationsgerät spricht im polnischen Osten nicht mehr. Vielleicht hat sie sich die Zunge gebrochen. Wen wundert’s – von Rzeszow über Przeworsk, Abbiegung nach Przemysl. Nach fünf Stunden Fahrt für 300 Kilometer ist alles egal. Immerhin, die Grenze zur Ukraine naht. Und dann schlappe 70 Kilometer nach Lemberg. Das nächste Etappenziel, erster ukrainischer EURO-Austragungsort.

Ungebrochen naiv die Zuversicht, die Gastfreundschaft ukrainischer Grenzwächter kenne bei einem Österreicher ohnehin keine Grenzen. "EURO-2012" steht auf der Spur, speziell für Besucher aus EURO-Ländern. Das lässt auf rasche Abwicklung hoffen. Alles nur Lügen, diese Horror-Geschichten vom schikanösen polnisch-ukrainischen Seitenwechsel. Der Schweizer EM-Direktor Martin Kallen hat schließlich auch die klaglose Abwicklung versprochen. Na also.

Fotografieren verboten!

Auf polnischer Seite funktioniert es. Nur zwölf Minuten Warten auf den Pass und den Zulassungsschein.

Bei der ukrainischen Kollegenschaft verschwinden die Papiere schon länger. Dann der erlösende Wink. Abfahrt. Doch im Überschwang passiert dem Mann im Wagen mit dem österreichischen Kennzeichen ein folgenschwerer Fehler: Ein Foto muss her, denkt er, eines vom historischen Moment. Harmlos, kindisch vielleicht. Nur ein Bild von den blau-gelben Farben, die das Eindringen in die Ukraine vor Augen führt.

Plötzlich stürmen zwei Uniformierte aus dem Grenzhäuschen. Grimmig dreinschauend, irgendetwas brüllend, das schlicht NJET bedeuten soll. Der Fahrer untermalt seinen aufkeimenden Angstzustand mit dem blödesten Lächeln, das er aufsetzen kann. Schwerer Regen steigert die Dramatik.

Klar wird: Fotografieren ist streng verboten in diesem Bereich. Keine Uniformen, keine Lkw-Schlangen, auch nichts Blau-Gelbes. An der Hysterie der Ordnungshüter gemessen, ist jetzt mit diplomatischen Verwicklungen oder wenigstens mit einer einwöchigen Arreststrafe zu rechnen.

Also wieder her mit dem Pass. Und her mit der Kamera. Alles löschen. Was die beiden nicht wussten: Ihr Vernichtungsversuch des Bildmaterials ist fehlgeschlagen im Übereifer der Amtshandlung (siehe Beweisfoto) .

Damit nicht genug: Der noch Grimmigere im grimmigen Duett erkennt, dass auf dem Zettel, der dem Reisepass beigelegt worden ist, ein zweiter wichtiger Stempel fehlt. Also – zurück an den Start. Zu den Polen, diesen Stempel holen. Erledigt.

Beim Wiedersehen weiß der Grimmige ein deutsches Wort. Es lautet: „Strafe“.
Wie bitte? „Forrrrti“ – was ohne Währungsangabe 40 bedeutet. Ein paar Scheine, damit die Einreise wie geschmiert verläuft? Es reicht. Der Mann hinter dem Steuer weigert sich.
Der Grimmige wird gütig. Er gibt das Zeichen zum Weiterfahren.
Endlich in der Ukraine.

Mehr zum Thema

  • Kommentar

  • Hintergrund

Kommentare