Eine Baustelle kommt selten allein

A view shows the Mane Garrincha stadium in Brasilia, March 17, 2013. Brazil's capital city, struggling to finish a new soccer stadium in time for an upcoming dress rehearsal for the 2014 World Cup, is turning to a surprising partner for help: the United Nations. With the Mane Garrincha stadium only 87 percent complete, and a rapidly approaching April 21 deadline imposed by world soccer body FIFA for its delivery, time is of the essence. Picture taken March 17, 2013. REUTERS/Anthony Boadle (BRAZIL - Tags: BUSINESS CONSTRUCTION SPORT)
15 Monate vor der WM hat Brasilien Probleme. Auf dem Rasen, aber auch daneben.

Wenn die Vereinten Nationen normaler Weise um Hilfe gebeten werden, dann geht es in den meisten Fällen um Menschenrechte, Krisenherde, Hungersnöte. Kurz: um Leben und Tod. Dass sich Bauarbeiter in ihrer Verzweiflung an die UNO wenden, hat da eher Seltenheitswert.

Das ungewöhnliche Hilfegesuch aus der brasilianischen Hauptstadt Brasilia lässt schon erahnen, wie groß die Sorgen und Schwierigkeiten sein müssen im Land der kommenden Fußball-Weltmeisterschaften. 15 Monate vor der Eröffnung präsentieren sich die meisten Stadien noch als Großbaustellen, das Mane-Garrincha-Stadion in Brasilia gilt dabei als besonderer Problemfall. Die akute Zeitnot – die Arena muss am 21. April dem Weltverband übergeben werden, damit im Sommer der Confederations Cup planmäßig über die Bühne gehen kann – haben auch die Vereinten Nationen erkannt: Zwei UN-Agenturen kümmern sich dank einer großzügigen Vereinbarung mit der Stadt Brasilia um die Probleme und stellen Arbeitsgeräte und Ausstattung (Generatoren, Zelte und anderes) im Wert von 13 Millionen Euro zur Verfügung.

Niederlagenserie

Wenn das bloß die einzige Baustelle im Gastgeberland wäre.

Auch die brasilianische Nationalmannschaft präsentiert sich 15 Monate vor dem Turnier noch alles andere als in weltmeisterlicher Verfassung. Mit fünf Titeln sind die Südamerikaner zwar offiziell immer noch der Rekordweltmeister, aber von Ruhm und Glanz ist wenig übrig. Bei den letzten beiden Weltmeisterschaften in Deutschland und Südamerika war für die Brasilianer jeweils schon im Viertelfinale Endstation, und in der FIFA-Weltrangliste ist die einstige Nummer 1 mittlerweile an die 18. Position abgerutscht.

Eine Baustelle kommt selten allein
epa03635178 Brazil's Kaka (R) fights for the ball with Italian's players Andrea Poli (L) and Riccardo Montolivo during an international friendly match between the national soccer teams of Brazil and Italy at the Stade de Geneve stadium, in Geneva, Switzerland, 21 March 2013. EPA/SALVATORE DI NOLFI
Besserung scheint nicht in Sicht, wie das jüngsteVorbereitungsspiel gegen Italienbewies (2:2), bei dem die Selecão innerhalb von drei Minuten einen 2:0-Vorsprung verspielte. Da scheint sich eine Mannschaft seit Jahren in der Selbstfindungsphase zu befinden, da scheint ein Teamchef nach dem anderen an dem Überangebot an Einzelkönnern zu scheitern.

Im Konzert der Großen spielen die brasilianischen Primgeiger derzeit zumindest nicht mehr die erste Geige: Seit 2010 haben die Südamerikaner gegen kein Topteam mehr gewonnen. Frankreich (0:1), Deutschland (2:3) und zuletzt auch England (1:2) haben die einst übermächtigen Brasilianer in die Schranken gewiesen. Angesichts dieser grauenvollen Bilanz können selbst Kantersiege gegen China (8:0) oder den Irak (6:0) die Volksseele nicht beruhigen.

Hoffnungsträger

Eine Baustelle kommt selten allein
epa03635097 Brazil's national team head coach Luiz Felipe Scolari looks on during an international friendly match between the national soccer teams of Brazil and Italy at the Stade de Geneve stadium, in Geneva, Switzerland, 21 March 2013. EPA/SALVATORE DI NOLFI
Der Mann, der es nun noch richten soll, der die Selecão im verbleibenden Jahr noch WM-fit machen muss, ist der letzte Strohhalm der Fußball-Nation: Luis Felipe Scolari, der im vergangenen November den glücklosen und unbeliebten Mano Menezes ablöste, genießt in seiner Heimat Heldenstatus, seit er Brasilien 2002 zum fünften und bisher letzten WM-Titel geführt hat. Scolari weiß, was von ihm erwartet wird, und predigt deshalb auch unermüdlich: „Wir wollen 2014 Weltmeister und Hexacampeão (Sechsfach-Champion) werden“

Ein hehrer Wunsch, und ein schwieriges Unterfangen zugleich. Aber möglicherweise helfen die Vereinten Nationen neuerdings auch bei Formkrisen von Fußballteams weiter.

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