Ehrenpräsident Edlinger: "Rapid ist nichts für Glücksritter"
Vor sechs Jahren hat Rapid-Präsident Rudolf Edlinger an Michael Krammer übergeben. Im KURIER-Abschiedsinterview hatte der Ex-Finanzminister angekündigt, öffentlich nicht mehr über Rapid reden zu wollen. Daran hielt sich der 79-Jährige.
Doch vor der Stichwahl der Teams Bruckner gegen Schmid am 25. November macht sich der Ehrenpräsident große Sorgen um seinen Verein – und will in einem KURIER-Interview seine Sicht der Dinge darstellen.
KURIER: Warum brechen Sie nach sechs Jahren Ihr selbst auferlegtes Schweigen?
Rudolf Edlinger: Ich war zwölf Jahre Präsident. Unter meiner Führung wurden die letzten beiden Meistertitel errungen, es gab die Stadion-Vorarbeiten. Mir liegt der Verein sehr am Herzen, da ist klar, dass mir auch die Zukunft sehr wichtig ist.
Ist da rauszuhören, dass Sie sich Sorgen machen?
Ja, sicher! Von der Grundphilosophie der Demokratie ist es richtig, dass ein Mitgliederverein aus zwei Listen wählen kann. Aber es gibt bei Rapid so eine Dynamik, die in einem "Wahlkampf" ausartet und Wunden geschlagen werden, die dem Verein nicht dienen. Jetzt ist zu akzeptieren, dass es zur Wahl kommt. Dazu möchte ich etwas sagen.
Werden Sie Ihr Wahlgeheimnis lüften?
Ja. Ich wünsche mir, dass jener Kandidat gewählt wird, den ich aus meiner subjektiven Perspektive als besser geeignet erachte: das ist Martin Bruckner! Mir geht es um Kontinuität, Respekt vor unserer großen Vergangenheit und Innovation. Das ist sowohl personell wie inhaltlich bei der Liste Bruckner ganz sicher besser erfüllt.
Wie gut kennen Sie die Liste Schmid?
Ich muss mich hier mehr an das Inhaltliche halten, weil ich nur zwei Personen dieses Teams kenne. Das ist ein Teil des Problems: diese Liste hat kaum Erfahrungen mit der Führung eines Fußballvereins, geschweige denn Rapid. Deshalb erscheint mir das Risiko unter einem Präsidenten Schmid zu groß.
Man könnte auch argumentieren: Nach elf Jahren ohne Titel muss man das System Rapid von außen verändern, um erfolgreicher zu werden.
Bruckner verbindet das: drei Präsidiumsmitglieder mit fünf hervorragenden Persönlichkeiten von außen.
Fürchten Sie unter Schmid zu große Veränderungen?
Es ist ein Zeichen der Zeit, dass man „Veränderung“ schreit, und alle sind begeistert. Was infrastrukturell und mit der Nachwuchs-Förderung geschaffen wurde, ist außergewöhnlich. Also kann trotz sportlicher Enttäuschungen nicht alles schlecht sein. Bruckners Konzept verbindet die Lehren daraus mit der nötigen Innovation. Außerdem gibt es mit dem Duo Barisic-Kühbauer jetzt eine hervorragende sportliche Besetzung.
Sie hatten mit Ihren Verantwortlichen große Geduld. Wurde unter Krammer zu viel Personal ausgetauscht?
Es wäre nicht fair, die Vereinsführung unter meinem Nachfolger zu kritisieren. Aber es ist nicht wegzuleugnen, dass es Rapid nicht guttut, in kurzer Zeit drei Sportdirektoren und vier Trainer zu haben. Ich habe in zwölf Jahren vier Trainer beschäftigt und immer darauf geachtet, enge persönliche Beziehungen zu allen wichtigen Mitarbeitern zu pflegen. Das ist möglicherweise etwas abhanden gekommen.
Sie kennen Michael Tojner lange, er hat Ihnen damals einen Stadion-Plan präsentiert. Jetzt ist er als Investor oder Sponsor für das Nachwuchszentrum der Liste Schmid im Gespräch. Wie lautet Ihre Meinung zu ihm?
Die Frage „Sponsor oder Investor“ ist keine semantische, sondern eine massiv inhaltliche. Aus der Ecke des anderen Kandidaten ist ja der Begriff des „Investors“ für das Nachwuchszentrum geprägt worden. Rapid darf nicht den Weg von Investoren gehen! Investoren verlangen Rendite, aber wir gehören unseren Mitgliedern – auch wenn das oft schwierig ist. Aber: Wenn Herr Tojner sponsert, ist das durchaus in Ordnung.
Was befürchten Sie unter Schmid, wenn er gewinnt?
Unter Schmid kandidieren sehr reputative Persönlichkeiten. Aber es geht ihnen ab, die Geschichte des Vereins zu kennen und zu verstehen. Ich habe mitbekommen, dass es bei dieser Liste Kandidaten gibt, die nicht einmal unseren Vereinsgründer benennen können. Die Beziehung zu unserer großartigen Geschichte vermisse ich. Das tut mir im Herzen weh! Und ich möchte noch etwas Allgemeines sagen.
Bitte darum.
Vor wenigen Monaten hat unser Stadtrivale den Präsidenten ausgetauscht. Das haben nur Insider mitbekommen und in den Zeitungen war es ein Einspalter. Bei uns gibt es enormes Interesse – weil Rapid so einen gesellschaftlichen Stellenwert wie sonst kein Sportverein in Österreich hat. Das muss bewahrt werden.
Sie sind der geschätzte und sehr beliebte Ehrenpräsident. Ist Ihnen das Gewicht Ihrer Aussagen bewusst?
Mein Gewicht hat sich von 105 auf 95 Kilogramm reduziert. Darauf bin ich ein bissl stolz. Wie groß mein Gewicht bei der Mitgliederschaft ist, kann ich nicht abschätzen. Aber ich würde mich freuen, wenn jetzt alle nachdenken und die Wahl nicht mit Floskeln gewonnen würde. Rapid ist nichts für Glücksritter. Ich würde es sehr bedauern, wenn diese den Verein übernehmen.
"Glücksritter" ist ein hartes Wort.
Ich möchte die Leute der Liste Schmid nicht in ihrer persönlichen Reputation angreifen. Diese Leute sind ja in der Wirtschaft erfolgreich. Aber sie haben keine Ahnung von Rapid.
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