Donnergrollen nach Royers Blitztransfer

Teamspieler Daniel Royer wechselt von Ried nach Hannover. In Leoben ist jedoch ein Strafverfahren gegen ihn anhängig.

Auf einmal stand er im Mittelpunkt.

Völlig ungewohnt war für ihn diese neue Situation: Mikrofone wurden ihm im Teamcamp in Bad Tatzmannsdorf vor die Nase gehalten, seine Kollegen gratulierten ihm vor dem Vormittagstraining, Teamchef Dietmar Constantini bat ihn noch auf dem Platz zum Einzelgespräch. Bisher war er medial eine Randerscheinung, am Mittwoch drehte sich in Bad Tatzmannsdorf alles um ihn.

Daniel Royer konnte den Wechsel von Ried zu Hannover beinahe selbst nicht realisieren: "Das ist schon ein bisschen schnell gegangen." Am Dienstag hatte er vom Interesse erfahren und den Kontakt zum neuen Klubkollegen Emanuel Pogatetz gesucht. "In Hannover ist er gut aufgehoben, er kommt in eine intakte Mannschaft", erklärt Pogatetz und scherzt: "Im Training soll er mir aus dem Weg gehen, wenn er fit bleiben will."

Angeklagter

Vor dem Landesgericht in Leoben dürfte es für Royer weniger lustig werden. Spätestens am 26. September muss der 21-Jährige zurück nach Österreich kommen. Um für eine höchst unangenehme Geschichte abseits des Rasens vor Gericht geradezustehen. "Es ist gegen Daniel Royer ein Strafverfahren in Leoben anhängig", bestätigt Reingard Wagner, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Leoben, dem KURIER.

Und an eben jenem Montag, dem 26. September, ist Royer - für den die Unschuldsvermutung gilt - zur Verhandlung vorgeladen. Es geht laut Landesgericht Leoben um die Anklagepunkte falsche Beweisaussage, Verleumdung und versuchte Begünstigung.

Wie konnte es nur so weit kommen? Mark Prettenthaler, damaliger Mannschaftskollege Royers bei Ried, hatte am 27. Dezember 2010 einer Niederösterreicherin in Schladming mit einem Faustschlag die Nase gebrochen. Prettenthaler wurde daraufhin am 19. Mai 2011 wegen schwerer Körperverletzung verurteilt und von Ried entlassen. Übrigens fand der Verteidiger erst am Mittwoch mit Kapfenberg wieder einen neuen Verein.

Zeuge

Prettenthalers damaliger Entlastungszeuge Royer soll sich in Widersprüche verstrickt haben. "Einmal hat es geheißen, er habe nichts gesehen. Dann wollte er wieder wissen, dass sein ehemaliger Ried-Mitspieler unschuldig ist. Vor Gericht hat er schließlich zugunsten Prettenthalers ausgesagt", erklärte der Vater des Opfers damals im KURIER. Die Ermittlungen führten schließlich zum Strafverfahren gegen den Steirer.

Sportlich ging für Royer am Mittwoch der Traum von einem Vertrag (bis 2015) bei einem deutschen Bundesligisten in Erfüllung. Er fügt sich als 18. in die Reihe von Bundesliga-Legionären ein, die zum Teil auch im österreichischen Team eine wichtige Rolle spielen.

Royers Nationalteam-Kollege Julian Baumgartlinger, im Sommer von der Wiener Austria nach Mainz gewechselt, versucht zu erklären, warum die heimischen Kicker in Deutschland immer mehr werden: "Die Nachwuchsarbeit in Österreich ist um nichts schlechter als in Deutschland. Die jungen Spieler sind gut ausgebildet und damit interessant für Bundesliga-Klubs."

Aufsteiger

Royer holte Informationen auch von U-20-WM-Team-Goalie Samuel Radlinger ein, der es ebenfalls von Ried nach Hannover geschafft hat. Der Wechsel erfolgte derart schnell, dass nicht einmal Zeit für ein Gespräch mit Trainer Mirko Slomka blieb. "Ich hatte nur Kontakt mit Sportdirektor Jörg Schmadtke."

In nur zwei Saisonen schaffte der Steirer im Eiltempo den Sprung von den Sturm Amateuren über Pasching (Regionalliga Mitte) und Ried nach Hannover. "Alle Vereine haben gut zu mir gepasst und waren die richtigen Stationen." Viele spekulierten noch mit einem Wechsel des 21-Jährigen vor Transferschluss zur Wiener Austria. Sportdirektor Thomas Parits erklärt: "Ich gratuliere ihm. Mit Hannover können wir nicht mitbieten."

Auch Rapid soll sich in den letzten Tagen für den Flügelflitzer interessiert haben. Royer selbst sagt dazu: "Es wäre jetzt nicht der richtige Zeitpunkt gewesen, innerhalb Österreichs zu wechseln. Zum passenden Zeitpunkt für einen Wechsel zur Austria habe ich von Ried die Freigabe nicht erhalten."

Debütant

Am Freitag wird Royer in Gelsenkirchen gegen Deutschland in der EURO-Qualifikation ein doppeltes Debüt feiern: Er wird wohl sein erstes Länderspiel von Beginn an bestreiten, und das gleich als Legionär. "Das wird ein absolutes Highlight für mich. Die Nerven halte ich schon in Zaum, aber es ist etwas Besonderes."

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