So einen Klasse-Unterschied wie heute habe ich in meiner Karriere noch nie wahrgenommen." Salzburgs Verteidiger Christian Schwegler konnte nach dem 8:0 über Grödig nur ungläubig den Kopf schütteln.
Red BullSalzburg setzt in der noch jungen Saison wieder neue Maßstäbe. Vier Spiele, vier Siege, 21:1 Tore. Rekord in der Bundesliga-Geschichte. Interessantes Detail am Rande: Selbst der erste Verfolger aus Wolfsberg hätte mit 12 Punkten und einem Torverhältnis von 12:1 eine neue Bestmarke aufgestellt. Wenn da nicht Salzburg wäre. Es scheint, als könnte in Österreich nur Salzburg gegen Salzburg bestehen.
Die tollen Leistungen werden jedenfalls vom Publikum honoriert. Rund tausend Fans bejubelten das Team noch lange Zeit nach dem Schlusspfiff der Gala. In den letzten drei Heimspielen (Rapid, Karabach, Grödig) pilgerten mehr als 50.000 Zuschauer in die Bullen-Arena. Alles Indizien, dass sich die Salzburger auf einem sehr guten Weg befinden.
Warnende Stimme
Der sie in die Gruppenphase der Champions League führen soll. Trainer Adi Hütter warnte schon in der Pause des Grödig-Spiels beim Stand von 5:0 seine Mannschaft. "Wir haben im Zentrum nicht die Aggressivität gebracht und immer wieder den Laufweg zugelassen. Das dürfen wir international überhaupt nicht aufkommen lassen. Deswegen habe ich der Mannschaft auch gesagt, dass wir sehr kompakt stehen müssen, um wenige Chance zuzulassen." Bei der Kritik dachte er wohl schon an Malmö, den Gegner im Playoff der Champions League. "Wir Trainer denken da ein bisschen anders. Ich habe nach vorne geschaut, weil ich weiß, dass gegen Malmö solche Möglichkeiten zu Toren führen könnten." Denn was nützt ein Kantersieg nach dem anderen in Österreich, wenn dann die Gruppenphase der Champions League abermals verpasst wird?
Ist es womöglich sogar kontraproduktiv, wenn die Siege für die Salzburger in der heimischen Liga so leicht vom Fuß gehen? Durchaus, wenn es nach ÖFB-Teamchef Marcel Koller geht. "Es wäre gut, wenn Salzburg mehr Konkurrenz hätte. Es wäre auch ein Vorteil für den Klub selbst, für die gesamte Liga sowieso." Umgekehrt, so der Schweizer, müsse man aber froh sein, "dass man in dieser Bundesliga eine Mannschaft mit dieser sportlichen Qualität hat".
Treff-Ass
Sinnbild des Salzburger Höhenfluges ist Kapitän und Torjäger Jonathan Soriano. Der Spanier traf gegen Grödig fünf Mal und hält nach vier Partien bei neun Volltreffern. Diese beeindruckende Statistik hat sich selbst bis Spanien herum gesprochen, wo die TageszeitungSport über die Show des Soriano ausführlich berichtet. Erstmals in seiner Karriere traf er gleich fünf Mal in 90 Minuten. "Es kann ruhig so weiter gehen", hatte der 28-Jährige aus El Pont de Vilomara i Rocafort (Provinz Barcelona) leicht lachen. Schon in der vergangenen Saison schoss sich Soriano mit 31 Toren zum Schützentitel, bis dato hat er bereits drei Mal so oft getroffen wie seine nächsten Verfolger Wernitznig, Zulj und Djuricin. "Ob ich jetzt ein, zwei, drei oder fünf Tore erziele, ist von der Emotion her für mich immer gleich", meint der fürs Kollektiv spielende Kapitän. "Für mich zählt vor allem der Erfolg der Mannschaft."
Vor allem dann, wenn man endlich in die Champions League einzieht.
Soriano macht Jagd auf den Krankl-Rekord
Salzburgs Bullen zertrampeln die Liga. Solch ein Bild lässt einen Akt der Brachialgewalt vermuten, dokumentiert jedoch nur beängstigende Überlegenheit und ist in Wahrheit doch recht attraktiv anzuschauende Kunst. Die Salzburger werden ziemlich locker Meister werden, weil sie Meisterschaftsspiele schon längst nicht mehr locker nehmen. Eine Prognose, die den Bundesliga-Beobachter keinesfalls zumutet, sich bis zum Bauchnabel aus dem Fenster zu lehnen.
Wie sich die im Liga-Alltag unterfordernden Salzburger gewinnbringend in den Europacup hinüberretten können? Die wohl härteste Herausforderung für Trainer und Mannschaft.
Der Rest der Liga? Der kann nur zuschauen, oder sich bemühen, in der eigenen Meisterschaft, gut abzuschneiden. Tapfere Wolfsberger werden früher oder später den Kontakt zu Salzburg verlieren, haben aber im Feld der finanziell und sportlich Minderbemittelten das Optimum herausgeholt. Neun Vereine müssen sich bewusst sein, dass sie künftig als Zweiter auch als Meister gelten werden. Als Meister ihrer Klasse. Ein Spiel gegen die Salzburger bedeutet, verpflichtend in die Rolle des Sparringpartners zu schlüpfen. Und vor allem zwei Wiener Großklubs sollten sich damit abfinden, nur mehr gleichberechtigter Teil der Neuner-Liga zu sein.
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