Diego Costa: Ein "Verbrecher" im Exil

Eine unendliche Geschichte: Diego Costa und Antonio Conte.
Der spanische Nationalspieler weigert sich, für den FC Chelsea zu spielen - und hofft, eine Zuflucht in Madrid zu finden.

Wenn Diego Costa in einigen Jahren auf den Sommer 2017 zurückblickt, wird er diesen wohl nicht zu seinen schönsten Zeiten als Fußballspieler zählen: Von seinem Verein abgelehnt, vom Trainer per SMS ins Abseits gestellt, durch einen 80 Millionen Euro teuren Neuzugang ersetzt und zur Reservemannschaft abgeschoben - ein Spieler, der im Laufe der letzten Saison 20 Tore und sieben Assist erzielt hatte, im November 2016 zum Spieler des Monats gewählt wurde.

Die schier endlose Saga um den Stürmer nahm bereits im Jänner 2017 ihren Anfang: Der chinesische Erstligist Tianjin Quanjian hatte Costa ein Jahresgehalt von 30 Millionen Pfund (rund 33 Millionen Euro) für seine Dienste geboten und damit für Aufregung bei Klub, Fans und Spieler gesorgt. Auch wenn das Geschäft ins Wasser fallen sollte: Das Offert markierte den ersten von zahlreichen Unruhe stiftenden Vorfällen, die Costa und den FC Chelsea in der vergangenen Saison auf Schritt und Tritt folgen sollten.

Costa lieferte bald die nächsten Schlagzeilen: Nach einem Streit mit Trainer Antonio Conte und einem Fitnesstrainer wurde der 28-Jährige vom Mannschaftstraining ausgeschlossen und bei einem Spiel gegen Leicester City nicht berücksichtigt - obwohl er zu dieser Zeit die Torschützenliste der Premier League anführte. Um seine Beziehung zu Conte sei es bereits während der gesamten Saison schlecht gestanden, sollte Costa später zugeben.

Per SMS aufs Abstellgleis

Den medialen Erdrutsch, der den 28-Jährigen seit Juni umfängt, trat Costa selbst los: Anfang des Monats verlautbarte er nach einem Spiel der spanischen Nationalmannschaft, dass er unlängst eine SMS von Conte erhalten hatte - in dieser hatte ihm der Teamchef mitgeteilt, dass er nicht mehr mit ihm planen würde.

Nicht lange danach verpflichtete der FC Chelsea den spanischen Stürmer Álvaro Morata von Real Madrid, der für eine Ablösesumme von 80 Millionen Euro nach London wechselte. Costas Platz in der Rangordnung nahm nun ein Anderer ein - das engültige Ende seiner Karriere bei den "Blues" schien so gut wie besiegelt.

Costa verkündete während des Sommers mehrmals, dass er zu seinem Ex-Klub Atlético Madrid zurückkehren wolle, den er 2014 zugunsten von Chelsea verlassen hatte - dieser wurde jedoch von der FIFA mit einer Transfersperre belegt und darf bis Jänner 2018 keine Spieler verpflichten. Diese Regelung ließe sich umgehen, wenn der Verein Costa zwar kaufen, ihn jedoch bis 2018 nicht einsetzen würde. Auch ein Leihgeschäft um den Stürmer wäre eine Option.

Ein spanischer Verräter

Diego Costa galt bereits vor dem Drama dieses Sommers als ein für Kontroversen sorgender Spieler: 2013 entschied sich der gebürtige Brasilianer, anstelle für sein Geburtsland für seine Wahlheimat Spanien zu spielen, die ihm laut Costa "alles gegeben hat". Bei der WM 2014 in Brasilien wurde er von den Fans seines Heimatlandes mit "Verräter"-Rufen geschmäht.

Fand der Name Diego Costa seinen Weg in die Schlagzeilen, so geschah dies nicht nur aufgrund der sportlichen Leistungen des Spaniers: Costas Spiel wurde oftmals als "schmutzig" bezeichnet, sein Verhalten als absichtlich provokant. Im Jahr 2015 sorgte der Spanier für Furore, als er bei einer Partie gegen den FC Liverpool dem deutschen Mittelfeldspieler Emre Can auf den Knöchel trat - mit Absicht, so Liverpool-Trainer Brendan Rogers, aus Versehen, so Costa. Die Football Association (FA), der englische Fußballverband, sperrte den Spanier aufgrund der Tätlichkeit für drei Spiele.

Diego Costa: Ein "Verbrecher" im Exil
Chelsea's Brazilian-born Spanish striker Diego Costa (C) is shown a red card by referee Michael Oliver during the English FA cup quarter-final football match between Everton and Chelsea at Goodison Park in Liverpool, north west England on March 12, 2016. / AFP PHOTO / Paul ELLIS / RESTRICTED TO EDITORIAL USE. No use with unauthorized audio, video, data, fixture lists, club/league logos or 'live' services. Online in-match use limited to 75 images, no video emulation. No use in betting, games or single club/league/player publications. /

Im selben Jahr wurde Costa erneut mit einer Drei-Spiele-Sperre belegt, da die Hände des Spaniers mehrmals den Weg in das Gesicht von Arsenal-Verteidiger Laurent Koscielny gefunden hatten. Im April 2016 weigerte er sich nach dem Erhalt einer roten Karte, das Spielfeld zu verlassen - und wurde erneut für drei Spiele gesperrt.

"Wie ein Verbrecher"

Zurück ins Jahr 2017: Nachdem er bei Chelsea ins Abseits geraten war, trat Costa in Streik - der Stürmer weigerte sich, zum Training zu erscheinen und reiste nach Brasilien, um Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Chelsea erlegte ihm für sein Fehlen eine Geldstrafe auf und plante, dies wöchentlich zu wiederholen, sollte Costa nicht zurückkehren.

Der Spanier behauptete indes, dass ihn sein Arbeitgeber, bei dem er einen bis 2019 gültigen Vertrag besitzt, "wie einen Verbrecher" behandele. "Sie wollen, dass ich mit der Reservemannschaft trainiere", so der 28-Jährige. "Ich hätte keinen Zugang zur Umkleidekabine der ersten Mannschaft und keinen Kontakt zu den Jungs. Ich denke nicht, dass es fair ist, mich so zu behandeln - nach allem, was ich getan habe."

Die Rettung aus Liverpool?

Chelsea stellte darauf vier Forderungen an Costa: Er solle zum Verein zurückkehren, sich zum Training melden, matchfit werden und sich selbst ins Rennen um Einsätze in der ersten Mannschaft bringen. Dass er mit der Reservemannschaft trainieren müsste, dementierte der Klub. Costa bestand jedoch weiterhin darauf, zu Atlético Madrid wechseln zu wollen. Gebe ihn Chelsea nicht für einen Transfer frei, würde Costa - so seine Drohung - bis zum Auslaufen seines Vertrages im brasilianischen Exil bleiben.

Costas Wunschverein Atlético weigerte sich indes, die von Chelsea für einen Wechsel verlangte Ablösesumme zu bezahlen. Ein Ausweg für den Spanier könnte der FC Everton bieten: Dessen Trainer Ronald Koeman scheint einem Leihgeschäft nicht abgeneigt zu sein. "Warum nicht, wenn man den Besten auf diese Weise bekommen kann?", sagte der Niederländer.

Wie auch immer die unendliche Geschichte um Diego Costa ausgehen mag - bei einem kann man sich sicher sein: Schlagzeilen liefern wird der Spanier weiterhin.

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