Die spanischen Stars im Montafon

Die spanischen Stars im Montafon
"Wissen die Österreicher überhaupt, dass der Weltmeister da ist", wundert sich ein spanischer Journalist.

Schö eu zom saha! Wie bitte? Der Willkommensgruß am Rande der Landesstraße L 188 kommt einem irgendwie spanisch vor. Also noch einmal ganz langsam: SCHÖ. EU. ZOM. SAHA. Ach, das ist gemeint: Schön euch zu sehen.

Wen es nach Schruns und Tschagguns verschlägt, der braucht viel Zeit zum Nachdenken. Oder einen Dolmetscher. Am besten beides. Hier im Herzen des Montafons in Vorarlberg, Muntafu, wie die Einheimischen sagen, lässt der lokale Dialekt besonders bizarre Buchstaben-Salate hervorsprießen: Ein Schmetterling heißt auf muntafunerisch etwa Fifoldara, ein Dummkopf ist ein Lapori und wem hier nach Kuscheln ist, der tut einfach zuahischnüggerla.

Dieser Tage freilich kriegt man in Schruns, und natürlich auch in Tschagguns, vor allem eines zu hören: Zäwas, Wältmeischtr! Servus Weltmeister also. Die beste Nationalmannschaft der Welt macht dem Montafon ihre Aufwartung, und deshalb kommt einem das Tal nun noch spanischer vor: An der Ortseinfahrt von Schruns grüßt ein riesiges Bienvenido-Transparent die Stars, der Musik-Pavillon ist mit gelb-roten Bannern beflaggt, sogar am Krankenhaus St. Josefsheim wurde die spanische Fahne gehisst.

Aberglaube

Es ist jetzt schon das zweite Mal, dass es das spanische Team vor einem Turnier ins Montafon verschlägt. 2010 hatten sich die Stars ebenfalls in Schruns auf die WM in Südafrika vorbereitet – und danach prompt den ersten WM-Titel geholt. Spätestens seit damals schwören die abergläubischen Spanier auf Österreich. Sie hatten nicht vergessen, dass sie auch bei ihrem EM-Titel 2008 ihre Zelte in Österreich aufgeschlagen hatten, im Tiroler Stubaital.

In Schruns wird den Spaniern ein ruhiger Empfang bereitet. Keine nervigen Groupies vor dem Hotel, keine aufdringlichen Autogrammjäger beim Stadion, kein Vergleich zum alltäglichen Tamtam in der Heimat. "Wissen die Österreicher überhaupt, dass der Weltmeister da ist, oder ist das ein Geheimnis", wundert sich Sal Emergui, einer von knapp 50 spanischen Journalisten, die dem Team ins Montafon gefolgt sind.

Die Reporter haben am ersten Tag im Trainingslager ohnehin Aufregung genug. Denn die Befürchtung aller spanischen Fans wurde Gewissheit: David Villa, der Torschützenkönig der EM 2008, wird nach seinem Schienbeinbruch nicht fit.

Abwesende

15 Tage vor dem Anpfiff zur EM geht es dem spanischen Teamchef Vicente del Bosque nicht viel besser als seinem deutschen Amtskollegen Joachim Löw. Wie der Bundestrainer muss auch Del Bosque noch auf etliche Stars verzichten: In Schruns, wo Fans um zehn Euro Eintritt täglich das 18-Uhr-Training beobachten können, fehlen nicht nur die Champions-League-Sieger Torres und Mata, sondern auch sämtliche Teamspieler von Barcelona und Bilbao. Die Klubs absolvieren erst noch das Cup-Finale.

Vielleicht geht es deshalb beim ersten Training noch gemütlich zu. Kein Spieler trägt Schienbeinschoner, und Real-Verteidiger Ramos trabt locker-lässig auf den Platz, als Del Bosque schon längst mit der Besprechung begonnen hat.

Für einen kurzen Moment wird es dann doch noch hektisch: Als die geschäftstüchtigen Vermarkter der spanischen Nationalmannschaft im Schrunser Stadion die Werbetafel eines lokalen Autohändlers erspähen, wird das Teil sofort mit einer spanischen Flagge verhängt. Die Spanier fahren nämlich auf eine andere Marke ab.

Bis 29. Mai bleiben die Spanier noch in Schruns. Genug Zeit für einen Crash-Kurs im Fußball-Muntafunerisch: Was heißt zum Beispiel De het sogär mini Ahna ihibrocht?
Richtig: Den hätte sogar meine Oma reingemacht.

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