Die dritte Kraft im Wiener Fußball: Wer ist eigentlich dieser FAC?
Freitagabend könnte der Floridsdorfer Athletiksport-Club zum zweiten Mal in diesem Jahr die Spitze der zweithöchsten Fußball-Liga in Österreich übernehmen. Das wäre mit einem Sieg gegen Rapid II (20.25 Uhr, ORF Sport+) bei gleichzeitigem Punkteverlust der Konkurrenten von Austria Lustenau gegen die OÖ Juniors möglich.
Wer aber ist Wiens dritte Kraft (nach rein sportlichen Kriterien) hinter Rapid und Austria? Es ist die Geschichte eines Underdogs.
- Wo genau spielt der FAC?
Noch immer scheitern Auswärtsfans bei der Anreise in den Bezirksteil Jedlesee. Wobei: Wer am S-Bahnhof Floridsdorf in die Tram 26 ein- und bei der Haltestelle Hopfengasse aussteigt, hat nicht viel falsch gemacht. Fußballnostalgiker mögen den FAC, weil er noch auf einem Fußballplatz und in keinem High-Tech-Stadion spielt.
- Warum steht der Verein heuer so weit oben?
Die 50 Punkte haben viele Gründe: vor allem einen guten Tormann und eine stabile Abwehr. Wesentlich ist auch Sportdirektor Lukas Fischer. Ein Stammersdorfer, der in Niederösterreich und in Wien bei den Amateuren des FAC und beim UFK Schwemm gekickt und in Salzburg eine Internationale-Fußball-Management-Ausbildung absolviert hat. In den Monaten Mai bis August schläft er wenig: "Da handle ich im Schnitt 17 neue Einjahresverträge aus."
- Warum harmoniert dieses Team dennoch so gut?
"Weil wir Charaktere gesucht und auch gefunden haben, die zu uns und unserem Spiel passen", so der Sportdirektor. "Wir haben keine Stars, aber jeder von den 25 weiß ganz genau, was zu tun ist. Deshalb fällt es auch kaum auf, wenn wir im Spiel neue Kräfte bringen."
- Wer sind Mitja Mörec und Aleksandar Gitsov?
Junge ambitionierte Trainer: Mörec, 14-facher Teamspieler Sloweniens, mit einem zum FAC passenden Spielkonzept, viel Akribie und präzisen Analysen bei allen Interviews. Gitsov, der Co-Trainer mit bulgarischen Wurzeln und einem etwas lauteren Organ. Der FAC wird Mühe haben, das Duo über der Donau zu halten.
- Ist der Floridsdorfer AC ein Ausbildungsverein?
Ja, und dazu auch ein Weiterbildungsverein. Torleute wie Alexander Schlager (LASK) oder Martin Fraisl (Schalke 04), der Stürmer Adrian Grbic (Vitesse Arnheim) oder Ried-Verteidiger Tin Plavotic konnten in Floridsdorf auf sich aufmerksam machen.
- Wer finanziert den Profifußball im 21. Bezirk?
Die Zuschauer (selten über 1.000 Zahlende) eher nicht. Hauptsponsor ist Wien Energie, daneben gibt es mehrere Unternehmen mit mehr oder weniger starkem Stadt-Wien-Bezug. Mit dem 1,2-Millionen-Euro-Jahresbudget zählt der FAC finanziell zu den Schlusslichtern in Liga 2. Seit Jahren lautet die Philosophie: "Wir ziehen uns nur Schuhe an, die uns auch passen."
- Will der FAC gar in die Bundesliga aufsteigen?
"Sollte es passieren, wären wir bereit", sagt Sportdirektor Lukas Fischer. "Die Bundesliga-Lizenz haben wir soeben ohne viel Mühe erhalten. Es muss aber auch nicht sein. Wir freuen uns bereits jetzt über die erfolgreichste Saison in unserer Vereinsgeschichte." PS: Der österreichische Meistertitel am Ende des Ersten Weltkriegs war de facto ein Wiener Meistertitel.
- Wo würden die Floridsdorfer dann spielen?
So wie seinerzeit die aus Jedlesee weggezogene Admira: in der Südstadt. Nicht weil das dort so lustig wäre, sondern weil es in Wien keine Alternative gibt. Das Ernst-Happel-Stadion ist zu teuer. "Und die Fans von Austria und Rapid hätten mit uns auch keine Freude", weiß Fischer. Ironie in dieser Geschichte: Der Platz in der Hopfengasse wird im Herbst zum Bundesliga-tauglichen Stadion ausgebaut.
- Und warum reden alle in Wien nur von der Austria, Rapid, Vienna und Sport-Club?
Dem FAC fehlt ein Narrativ. Dabei gäbe es ausreichend Stoff für Geschichten: Über die Underdogs aus dem Norden von Wien, wo die Schnitzeln aus den Semmeln rausragen, wo aktuell besser Fußball gespielt wird als auf der Hohen Warte oder in Dornbach. Es kann für feinere Leute außerdem ein beinahe ethnologisches Plaisir sein, den Spruch Transdanubiens an ihr Ohr dringen zu lassen.
Wobei doch anzumerken ist: Die eingefleischten Vorstädter sterben langsam aus, auch ist man hier nicht viel derber als anderswo. Eher im Gegenteil: Meint zum Beispiel ein zugereistes Diplomatenburli, ein fiepsiges "Schiri, du Arschloch" loswerden zu müssen, dreht sich zeitnah ein Zwei-Meter-Schrank zu ihm um – und fragt mit tieferer Stimme: "Was für eine Sprache?"
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