Andreas Herzog hat von seiner Quarantäne mit Meerblick das nebenstehende Foto gemacht. Normalerweise stünde ihm dafür von der israelischen Tourismus-Werbung eine Prämie zu. Aber was ist schon normal in Coronavirus-Zeiten wie diesen, in denen quer durch die Welt ein Großereignis nach dem anderen verschoben oder abgesagt wird. Selbst an einer programmgemäßen Durchführung der EM, die am 12. Juni beginnen und (erstmals) in zwölf Ländern über die Fußball-Bühnen gehen soll, wird inzwischen gezweifelt.
Herzog weigert sich, so zu denken. Mehr noch:
Als israelischer Teamchef gibt er trotz groteskenreich ungünstiger Vorzeichen die Hoffnung nicht auf, dass sich vier Monate nach Österreichs Nationalelf am 26. März Israel zum ersten Mal überhaupt für eine EM qualifiziert. Dazu wäre ein Sieg in Glasgow gegen Schottland notwendig.
Möglich, dass auch im Hampden Park (so wie z.B. beim italienischen Schlager Juventus – Inter) unter Ausschluss der Öffentlichkeit gespielt werden muss. „Was für uns ein Vorteil sein könnte.“ Trotzdem, meint Herzog, sei ihm ein „g’sunder“ Hexenkessel mit 65.000 Schotten lieber als ein Geisterspiel.
Aus Wien kommend (mit der vorerst letzten Tel Aviv anfliegenden AUA-Maschine) in den Morgenstunden des 6. März, darf Herzog in Herzlia sein 40-Quadratmeter-Appartement bis zum 20. März nicht verlassen. Obwohl die Teamvorbereitungen, denen zuliebe die israelische Liga vorzeitig gestoppt wird, in Hinblick auf das Duell in Glasgow schon ab 17. März beginnen sollen.
Israels Fußball-Präsident, der sich wie Israels Sportdirektor Willi Ruttensteiner seit der Rückkehr vom Amsterdamer UEFA-Kongress ebenfalls in Quarantäne befindet, versucht noch, bei Regierungschef Benjamin Netanjahu ein vorzeitiges Ende des „Hausarrests“ für die Österreicher zu erwirken.
Herzogs Helfer Klaus Lindenberger (Tormanntrainer) und Martin Stranzl (Abwehr) werden gar nicht mehr nach Israel, sondern erst zum Kurz-Camp nach Nordengland kommen, ehe nach Glasgow übersiedelt wird. Gleiches hat Herzog mit den Legionären und Torjägern Eran Zahavi (mit Chinas Ex-Meister Guangzhou auf Corona-Flucht in Dubai), Shon Weissman (Wolfsberg) und Munas Dabbur (Hoffenheim) geplant.
Zumindest über die Verpflegung kann Gourmet Herzog nicht klagen. „Unser Freund Daniel vom Herods-Hotel hat dem Willi und mir einen Geschenkkorb mit wunderbaren Sachen vor die Tür gestellt.“ Mit Ruttensteiner darf Herzog, obwohl sein Landsmann bloß zwei Etagen über ihm logiert, nur telefonisch kommunizieren. Noch fällt den beiden die Appartementdecke nicht auf den Kopf. Schließlich, sagt sich Herzog, gebe es viele Menschen, die in viel kleineren Spitalszimmern viel länger durchhalten müssen. Und schließlich könne er ja von seiner One-Man-Isolierstation im zehnten Stock die besten Spiele von Europas besten Ligen (Österreich somit nicht) im TV sehen.
Was sich zurzeit in Deutschland unabhängig von Corona abspielt, findet Herzog (und nicht nur er) schon krank. Wobei Bremens ehemaliger Meisterspieler die maßlos hoch gewordenen Topgehälter für 19-Jährige in den Topligen ebenso kritisiert wie das uneinsichtige Verhalten deutscher Ultras, die Sponsoren ins Fadenkreuz rücken und sektenartig nur noch ihre eigenen Ideologien akzeptieren. „Denen geht es statt um den Fußball nur um ihre Selbstdarstellung.“
Fehlt nur noch, dass das Virus der Intoleranz in voller Wucht auf österreichische Tribünen übergreift. Anzeichen dafür ortet Österreichs Rekordinternationaler beim Rekordmeister bereits.
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