Der beliebte Jogi und der begehrte Titel

Seit 1996 sind die Deutschen ohne Titel, der Druck auf den Bundestrainer wächst.

Wäre die Beliebtheit das einzige Kriterium, Joachim Löw würde wahrscheinlich bis an sein Lebensende deutscher Bundestrainer bleiben. Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2006 genießt der smarte Breisgauer in seiner Heimat die höchsten Sympathiewerte. Bei einer Spiegel-Umfrage „welcher Prominente verkörpert für Sie ein Deutschland, wie Sie es sich wünschen“ landete Löw hinter TV-Entertainer Günther Jauch und Altkanzler Helmut Schmidt auf dem dritten Rang. Motto: Er habe zwar noch immer keinen Titel geholt, verspreche aber wenigstens nichts, was er nicht halten könne. Die Bild schwärmte einst sogar. „Jogi-Cool. So einen Bundestrainer hatten wir noch nie.“

Joachim Löw fühlt sich einerseits über so viel Popularität geschmeichelt, andererseits weiß er genau, wie er seine persönliche Lage einschätzen muss. „Beliebtheit ist keine Kategorie, die im Sport zählt“, meint der 53-Jährige im KURIER-Gespräch. „Mir ist klar, wie schnell sich das ändern kann und was für eine Fallhöhe ein Trainer hat.“

Löw, der demnächst seinen Vertrag verlängern wird, ist im siebenten Jahr seiner Amtszeit schon ziemlich weit oben angelangt. Er kann die beste Bilanz aller deutschen Bundestrainer vorweisen, er erreichte bisher bei jedem Turnier das Semifinale, er führte das Team 2008 ins EM-Endspiel und hat den Deutschen ihren gefürchteten Rumpel-Fußball ausgetrieben und durch einen offensiven, attraktiven Spielstil ersetzt. So weit, so gut.

„Nicht ganz dicht“

Der beliebte Jogi und der begehrte Titel
Germany's Bastian Schweinsteiger runs with the ball during their Euro 2012 semi-final soccer match against Italy at the National stadium in Warsaw, June 28, 2012. REUTERS/Tony Gentile (POLAND - Tags: SPORT SOCCER)
Doch zehn Monate vor der WM in Brasilien mehren sich kritische Stimmen. Elf Gegentore in den sechs Länderspielen im Kalenderjahr 2013 lassen Zweifel an der allzu stürmischen Ausrichtung des Bundestrainers laut werden. So werde es nichts mit dem ersten Titel seit 1996 (EM), so könnten sich die Deutschen schon jetzt den WM-Titel abschminken, wetterten die Medien. „ Deutschland ist nicht ganz dicht“, hatte die Hamburger Morgenpost nach dem jüngsten 3:3 im Test gegen Paraguay geschrieben.

Löw schwört beharrlich auf seine Philosophie („ich liebe es über alles, offensiv zu spielen“), aber selbst den Spielern sind die vielen Gegentreffer nicht mehr ganz geheuer. „Wir müssen wieder lernen, zu null zu spielen“, fordert Teamgoalie Manuel Neuer von Champions-League-Sieger Bayern.

Ein Triumph, der den Druck auf Joachim Löw nur noch erhöht hat. Denn angesichts der Erfolge der deutschen Vereinsmannschaften wird nun auch von ihm in Brasilien der Titel erhofft, wenn nicht gar erwartet. „Nach menschlichem Ermessen wird es schwer. Aber wir sind Mitfavoriten“, sagt Löw .

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