DDR-Serie: Der Aufstieg nach dem Fall

Andreas Thom kickte bei Leverkusen, Hertha und später in Glasgow bei Celtic.
Die DDR-Kicker Sammer, Thom und Kirsten wurden im Westen Stars.

Mit dem 0:3 am 15. November 1989 in Wien endete für die DDR der Traum von der WM 1990 in Italien. Doch es begann für viele Spieler eine Karriere im Westen: Die Perspektive vom großen Geld, von westlichem Standard, von offenen Türen in Richtung der internationalen Großklubs stand plötzlich sperrangelweit offen. Matthias Sammer kickte später bei Inter Mailand, Thomas Doll bei Lazio Rom, Andreas Thom bei Celtic Glasgow.

Der erste DDR-Kicker, der in den Westen wechselte, war Andreas Thom. Die erste Kontaktaufnahme fand wie bei anderen Spielern schon in Wien vor und nach dem Spiel gegen Österreich im Stadion-Innenraum statt. Leverkusen-Manager Reiner Calmund zeigte die schnellste Reaktion, er wurde schon wenige Tage nach der Partie von Wien in Thoms Wohnung in Ost-Berlin vorstellig. "In der Nähe vom Alexanderplatz gab es Hausnummer X, Etage Y, Wohnungsnummer Z, dahinter versteckte sich Andreas Thom mit seiner Frau und einem kleinem Baby. "

Drei Arme und drei Beine

Thom war nervös. "Der BFC Dynamo Berlin, wo er damals gespielt hat, war der Stasi-Klub, da hatten die Tapeten Ohren." Calmund nahm Thom die Angst, indem er ihm ein korrektes Vorgehen versicherte. "Ich sagte ihm: Wenn du interessiert bist, werden wir ganz offiziell beim DDR-Fußballverband anfragen und Interesse anmelden." So geschah es auch. Kurze Zeit später wurde Thom in Leverkusen präsentiert. Ein Ereignis, dass er nie vergessen wird: "Ich habe damals gedacht, ich habe drei Arme und drei Beine. Es war ein besonderer Rummel."

Calmund kam auf den Geschmack und landete noch zwei Coups: "Am 18. und 19. November hatten wir auch die Tinte von Kirsten und Sammer unter unseren Verträgen." Der Sammer-Deal kam dann durch Druck von ganz oben doch nicht zustande. "Wir bekamen noch vor Weihnachten die Nachricht von der Bayer AG, dass der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl interveniert hatte. Es würde nicht in die Landschaft passen, dass der Klub eines Konzerns gleich diese drei Spieler unter Vertrag nimmt."

Eduard Geyer, der letzte Teamchef der DDR, erhielt nach dem Mauerfall ein Angebot von Schalke 04 – nicht als Trainer, sondern in beratender Funktion, um interessante Spieler aus der DDR dorthin zu vermitteln. "Dann war aber plötzlich Funkstille. Grundsätzlich habe ich mir das anders vorgestellt. "

Nicht alle schafften den Sprung in den Westen. Manche zerbrachen, weil sie ihre persönliche Wende nicht schafften. So wie das damalige Jahrhundert-Talent Jörg Stübner, ebenfalls Teamspieler der DDR. Nach der Wende folgte für den Bundesliga-Spieler ein persönlicher Sturzflug: Depressionen, Alkohol, Selbstmordversuch, Hartz-IV-Empfänger. Ulf Kirsten kümmerte sich lange Zeit um seinen Freund, der zwischenzeitlich immer wieder abgetaucht und unauffindbar war.

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