Das ÖFB-Team im Selbsttest

Stets ein Blickfang: Marko Arnautovic ist bei den Fans besonders beliebt.
Das Spiel am Freitag in Montenegro soll Aufschlüsse für die EURO geben.

Es könnte einfach nur ein Schaulaufen sein, das Gastspiel des österreichischen Nationalteams am Freitag in Montenegro. Die Qualifikation für die EURO 2016 in Frankreich ist schon geschafft, der Gruppensieg der Mannschaft von Teamchef Marcel Koller ohnehin nicht mehr zu nehmen. Es könnte somit getrost die Kür werden vor dem Abschluss der Qualifikation am Montag in Wien gegen Liechtenstein, weil man die Pflicht in den vergangenen Spielen bereits bravourös absolviert hat.

Könnte. Theorie. Die Praxis sieht anders aus für Spieler und Betreuer. Denn der Anspruch an sich selbst hat sich in den letzten Jahren geändert, die Teamspieler sind anspruchsvoller geworden und wollen nicht nur ungeschlagen bleiben, sondern jedes Spiel gewinnen. Bloß so.

Tolle Entwicklung

Bayern-Star David Alaba erklärt den Unterschied zwischen dem Beginn der Koller-Ära und dem Status Quo: "Man braucht sich ja nur die Spiele anzusehen, dann merkt man, was sich wie entwickelt hat." Das Selbstvertrauen ist Hand in Hand mit dem neuen Selbstverständnis gestiegen. Matches, die man früher verloren hat, werden nun gewonnen.

Bei all der Euphorie rund um das Team mimt Watford-Legionär Sebastian Prödl bewusst etwas die Spaßbremse. "Die Euphorie ist zwar gerechtfertigt, weil der Erfolg da ist. Aber wir dürfen uns nicht blenden lassen. Alle sprechen von der Party gegen Liechtenstein. Niemand aus meinem Bekannten- und Freundeskreis hat mich zuletzt auf das Montenegro-Spiel angesprochen."

Toller Test

Das ÖFB-Team im Selbsttest
ABD0106_20151005 - WIEN - ÖSTERREICH: Sebastian Prödl während des Trainigs des ÖFB-Teams am Montag, 5. Oktober 2015, in Wien. Die österreichische Fußball-Nationalmannschaft wird am 9. Oktober 2015 ein EM-Qualifikationsspiel gegen Montenegro in Podgorica bestreiten. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Dabei sei ausgerechnet dieses Spiel der ideale Test für die EURO und an sich selbst. Prödl erklärt: "Für Montenegro geht es noch um die letzte Quali-Chance, sie stehen unter Druck. Für uns ist solch eine Konstellation eine perfekte Vorbereitung auf die Endrunde. In der Gruppenphase könnte es im zweiten oder dritten Spiel genau so eine Konstellation geben, wo der Gegner unter Druck steht. Oder vielleicht wir selbst."

Heute Mittag hebt das Team Richtung Podgorica ab, im Handgepäck befinden sich viel Überzeugung und Siegeswille, wie Arnautovic unterstreicht: "Wir haben noch etwas vor uns, das wir unbedingt schaffen wollen. Zwei Spiele gewinnen und für die EURO-Auslosung in den zweiten Topf kommen."

Um aus dem Wunsch eine Realität zu machen, dürfe man die Gegner, weder Montenegro noch Liechtenstein, auf die leichte Schulter nehmen. "Alle glauben zum Beispiel, dass wir Liechtenstein daheim locker mit der dritten Besetzung schlagen. Die Aufgaben werden sehr schwer. Der Druck ist diesmal nicht geringer als sonst."

Arnautovic selbst hat eine besondere Beziehung zu Montenegro, wie er nicht ohne Stolz erzählt. Vor Kurzem erst hat ihn sein großes Idol, Dejan Savicevic, als einen der drei besten österreichischen Teamkicker bezeichnet. Das Lob des Verbandschefs Montenegros geht zwar runter wie Öl, "aber wenn du es auf dem Platz nicht beweist, ist schnell ein anderer für ihn besser als ich." Schon einmal hat Savicevic Arnautovic die Hand gereicht: Es war bei einem Wiener Derby, als der kleine Marko mit dem großen Rapid-Star das Feld betreten durfte.

Tolle Erinnerung

Nur wenige Teamkicker haben die Erfahrung eines großen Turnieres gemacht. Von der aktuellen Mannschaft waren Prödl, Fuchs, Harnik und Garics bei der Heim-EM 2008 mit von der Partie. Prödl kann sich noch sehr gut und genau erinnern: "Die Wochen vor dem Turnier waren sehr aufregend. Alles ist komprimiert, viel intensiver, du erlebst den Fußball anders. Alles ist anders, selbst die Bundeshymne singst du anders. Da bekomme ich jetzt noch die Gänsehaut."

Dass Marcel Koller aufgrund seiner Erfolge mit Österreichs Team auf sich aufmerksam gemacht hat, ist nicht neu. Glaubt man den Aussagen der Spieler, so sind die Gerüchte über ein Treffen mit Mönchengladbachs Sportchef Max Eberl oder das Interesse des Schweizer Verbandes kein Thema im Teamcamp der Österreicher. "Wir haben darüber nicht gesprochen", sagt David Alaba. "Wir sind dankbar, dass er bei uns ist. Er hat uns zu dem Team gemacht, das wir jetzt sind. Sein Anteil ist sehr groß."

Ob das Team schon so weit ist, dass es in sich funktioniert, egal, wer Teamchef ist? Alaba: "Daran denken wir nicht. Wir haben gemeinsam etwas aufgebaut. Bis zur EM ist noch lange Zeit, da wird es vielleicht noch einige Gerüchte geben. Wir werden dann sehen, was passiert."

Stets wird das Vertrauen hervorgestrichen, das sämtliche Spieler in ihren Teamchef haben. Arnautovic: "Er hat zu mir gehalten, das tut gut. Aber ich muss das mit Leistungen auf dem Platz zurückgeben und rechtfertigen." Sebastian Prödl "profitiert" vom Ausfall von Martin Hinteregger und kann wieder Werbung in eigener Sache machen. "Derzeit kann der Teamchef fast keine Fehlentscheidungen treffen bei diesem Kader. Alles läuft sehr rund."

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