Barças erfolgreicher Pragmatismus

Luis Enrique hat bislang eine sehr erfolgreiche Bilanz.
Mit dem Sieg gegen PSG stellte Trainer Enrique einen neuen Vereinsrekord auf. Zufrieden sind aber nicht alle.

Während Bayern München am Dienstagabend gehörig unter Druck stand, war die Situation in Barcelona vor dem zweiten Halbfinalspiel deutlich ruhiger. Barcelona hatte bereits das Hinspiel gegen Paris Saint-Germain mit 3:1 gewinnen können und auch im Rückspiel hatte Barça keine Probleme mit der Startruppe aus Paris. Der FC Barcelona gewann mit 2:0 spazierte relativ locker ins Halbfinale.

Für Barcelona war es in der aktuellen Champions-League-Saison bereits der neunte Sieg im zehnten Spiel. Mit dem 2:0 gegen PSG stellte Luis Enrique nun sogar einen neuen Vereinsrekord auf. Denn kein anderer Trainer konnte in seinen ersten 50 Spielen auf der Trainerbank der Katalanen mehr Siege einfahren.

Noch besser als Guardiola

Enriques Bilanz ist herausragend: von 50 Spielen konnte er 42 gewinnen, verlor nur fünf Mal und spielte drei Mal Unentschieden. Damit hat der 44-Jährige eine bessere Bilanz als alle anderen Barça-Trainer in ihren ersten 50 Partien.

Bisher erwischte Helenio Herrera den besten Start als Trainer bei Barcelona. Der anschließend vor allem bei Inter für sein Catenaccio berühmt gewordene Herrera gewann 40 Spiele, verlor fünf und spielte in fünf Partien Remis. Nicht mal die Bilanz von Pep Guardiola kann mit jener von Luis Enrique mithalten, der jetzige Bayern-Coach brachte es bei seinem Start in Barcelona auf 37 Siege, acht Unentschieden und fünf Niederlagen.

Chance auf das Triple

Von Enriques 42 Pflichtspielsiegen stammen 25 aus der Liga, neun aus der Champions League und acht aus dem spanischen Pokal. Ende April ist Barcelona somit immer noch in allen drei Bewerben dabei und hat überall gute Chancen auf den Titel. In der Liga liegt Barça mit zwei Punkten Vorsprung auf Real an der Tabellenspitze, in der Champions League stehen die Katalanen im Halbfinale, im spanischen Cup bereits im Endspiel. Ein Triplegewinn scheint durchaus möglich.

Doch immer noch stehen einige Fans und Medien dem neuen Trainer etwas skeptisch gegenüber. Denn obwohl Luis Enrique bisher eine bessere Bilanz als seine großen Vorgänger wie Guardiola oder Cruyfff vorweisen kann, ist es wohl gerade die Vergangenheit des Klubs, die Enrique ein wenig zu schaffen macht.

Ende des Ballbesitzfußballs

Der Fußball von Luis Enrique unterscheidet sich nämlich relativ stark von jenem seiner Vorgänger. Cruyff führte bei den Katalanen einst einen offensiven Fußball nach niederländischem Vorbild ein und egal wer danach Trainer wurde, die Spielphilosophie im Verein blieb immer gleich. Die Niederländer Louis van Gaal oder Frank Rijkaard etwa verfolgten Cruyffs weg weiter und waren damit sehr erfolgreich. In den letzten Jahren prägte vor allem Pep Guardiola mit seinem Ballbesitzfußball den Klub, was ihm auf der ganzen Welt unzählige Verehrer und auch Nachahmer einbrachte.

Luis Enrique war einst der direkte Nachfolger von Pep Guardiola in der zweiten Mannschaft von Barcelona, weicht aber von der Philosophie ein wenig ab. Grundsätzlich gleich ist ihnen die offensive Spielweise, für die Luis Enrique 2011 zur AS Roma geholte wurde, wo er sich aber nach nur einem eher wenig erfolgreichen Jahr freiwillig wieder zurückzog. Letzte Saison übernahm er schließlich Celta Vigo, wo er sich mit einer sehr jungen Mannschaft und einer teils extrem offensiven Spielweise wieder ins Rampenlicht rückte.

Enriques direkter Fußball

Enrique lässt aber weitaus simpleren Fußball spielen als Pep Guardiola. Er nimmt kaum große Anpassungen an den Gegner vor und bleibt stets seinem 4-3-3 treu. Unter Luis Enrique ist Barcelona zudem weniger fokussiert auf ein starkes Kurzpassspiel, sondern agiert weitaus direkter. Schnelle Durchbrüche und die individuelle Qualität stehen nur mehr im Vordergrund. Und während Guardiolas Barça extrem auf das Zentrum fokussiert war, gibt es nun weitaus mehr Flügelspiel und Flanken zu sehen. Das Mittelfeld, unter Guardiola wohl das Prunkstück des Teams, tritt mittlerweile bei weitem nicht mehr so dominant auf, das Spiel ist nun vertikaler angelegt. Kritische Stimmen gab es auch, als die Sperre von Luis Suarez zu Ende war und Lionel Messi plötzlich auf den rechten Flügel rückte und nicht mehr als falsche Neun eingesetzt wurde.

Da sich die Gegner immer besser auf den zuvor praktizierten Fußball eingestellt hatten, waren dies vielleicht sogar notwendige Veränderungen. Veränderungen, die bisher jedenfalls sehr erfolgreich funktionierten. Dennoch können sich noch nicht alle so ganz mit Luis Enrique anfreunden, was vielleicht auch an seinem etwas eigenen Umgang mit den Medien liegen mag. Einige Medien sind mit Enriques Auftreten nämlich nicht ganz so zufrieden, wodurch die Berichterstattung im spanischen Blätterwald wohl etwas kritischer wird. Für Mundo Deportivo, eine dem FC Barcelona nahe stehende Sportzeitung, ist aber alles egal, solange die Ergebnisse passen. Und die passen unter Luis Enrique bisher hervorragend.

Bilder vom Champions-League-Dienstag

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