Warum Sprechchöre von Rapid-Fans diskriminierender waren als andere

Es wird zunehmend schwierig, die Video-Eklats, die Sprechchöre, Pyrotechnik-Vergehen und die dazugehörigen Strafen rund um das Wiener Derby auseinanderzuhalten. Vor allem Rapid stand in den vergangenen Tagen und Wochen im Fokus, aber auch die Austria.
Es gab:
- Strafen gegen Rapid-Spieler und Funktionäre nach der ÖFB-Rechtspflegeordnung
- Strafminderung nach Einspruch von Rapid
- Punkteabzug für die kommende Saison u. a. wegen Pyrotechnik, diskriminierender Fan-Sprechchöre. Hinzu kam eine Geldstrafe von 60.000 Euro
- 60.000 Euro Strafe auch für die Austria wegen Pyrotechnikvergehen
Was ist Diskriminierung und was nicht?
Zumindest in Hütteldorf sorgte für Irritation, dass Austria-Sprechchöre wie "Rapid verrecke" nicht geahndet wurden. Die Bundesliga befasste sich auch mit diesen Sprechgesängen. Die Folge: Die Austria wird zum Dialog mit den Fans aufgerufen, um derartige Beleidigungen künftig einzuschränken.
Für die Liga-Verantwortlichen war es nicht "diskriminierend". Man begründet das damit, dass diese Sprechchöre nicht rassistisch, homophob oder antisemitisch seien. Obwohl der Imperativ "verrecke" mehrheitlich in Zusammenhang mit antisemitischen Beschimpfungen aus der NS-Zeit ("Juda verrecke", "Rotfront verrecke") verwendet wird.
Alte Regeln, neu ausgelegt
Dass sie sich grundsätzlich mit Sprechchören und Transparenten herumschlagen muss, ist nichts Neues.
Laufend werden Banner und Gesänge wahrgenommen und von Liga-Verantwortlichen bearbeitet. Die häufigste Folge: Der Dialog mit dem jeweiligen Klub werde gesucht, die Verantwortlichen bei den Vereinen sollen auf die Fans „einwirken“, erklärt die Bundesliga auf KURIER-Nachfrage.
Seit Sommer 2023 hat die Liga den Maßnahmenkatalog des Senat 1 erweitert, in dem unter anderem Pyrotechnik, Spielunterbrechungen und Platzstürme von Anhängern geahndet werden können. In diesem Rahmen können auch diskriminierende Inhalte von Fangesängen sanktioniert werden.
„Es ist ein laufender Lern- und Entwicklungsprozess“, heißt es bei der Liga. Man orientiere sich unter anderem am internationalen Fußball, wo Anti-Diskriminierung einen hohen Stellenwert einnimmt, so ein Liga-Sprecher.
Wie in Teilen der Gesellschaft, so wird man auch im Fußball hellhöriger, was diskriminierende Sprache betrifft. Insbesondere in den Bereichen Rassismus, Sexismus, Homophobie und Antisemitismus.
Den Diskriminierungsparagrafen (112) gibt es schon seit Längerem. Er war immer auf Spieler und Funktionäre ausgelegt. Nun hat ihn die Liga eben auch auf Fans ausgeweitet. Die Strafe gegen Rapid aufgrund diskriminierender Gesänge des eigenen Anhangs ist nicht die erste dieser Art, seit die neue Regel gilt. Und es wird auch nicht die letzte sein.
Der Senat 1 mit seinen Juristen begibt sich jedenfalls auf eine Gratwanderung wie bei einer Abseitsstellung. Welche Beschimpfung ist noch tolerierbar, ab wann muss sanktioniert werden? Wichtig wird sein, dass künftig eine klare Linie gefunden wird und nicht mehrere Maßstäbe angelegt werden.
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