Bielsa, Bilbaos schräger Trainer

Athletic Bilbao ist schon als Klub eigenwillig. Aber Coach Marcelo Bielsa ist ein ganz spezielles Exemplar seiner Zunft.

Ricardo Moniz kann mit Marcelo Bielsa nichts anfangen: "Ich kenne ihn nicht." Spätestens Donnerstag wird der Salzburg-Trainer den Argentinier kennenlernen. In der Europa League tritt Moniz mit seiner Elf bei Athletic Bilbao, dem neuen Team von Bielsa an.

Der 56-Jährige ist im Vergleich zu Moniz ein Trainer von Weltruf. Er gilt als der vielleicht größte Visionär der Trainerzunft. Bei der WM 2010 wurde über die attraktive Spielweise Chiles gestaunt. Bielsa hatte für seine Mannschaft ein unkonventionelles System kreiert, mit dem alle Gegner Probleme hatten. Das 3-3-1-3 war ein Farbtupfer eines taktisch langweiligen Turniers.

Demonstrationen

In Chile ist Bielsa ein Volksheld. Auch acht Monate nach seinem Rücktritt als Teamchef sind Länderspiele noch immer Kundgebungen für den Argentinier, der sich mit der chilenischen Verbandsspitze überworfen hatte. Als Spieler war Bielsa kein Großer. Schon mit 25 wurde er Trainer bei den Newell's Old Boys in seiner Heimatstadt Rosario. Dort arbeitete er zwölf Jahre so erfolgreich, dass der Verein sein Stadion in Estadio Marcelo Bielsa unbenannt hat.

Es folgten Trainerstationen in Mexiko, Argentinien, Spanien und eben Chile. Nicht überall hatte Bielsa Erfolg, aber überall hinterließ er seine Spuren. "Er ist ein Innovator", meint etwa die argentinische Verteidiger-Legende Roberto Ayala.

Bielsas Methoden sind einzigartig. So kommt es vor, dass er Verteidiger, Mittelfeldspieler und Angreifer wochenlang nicht gemeinsam trainieren lässt. Immer wieder probiert er Neues aus, um seinen Lebensziel, den Fußball perfekt zu machen, näherzukommen.

Es sind aber auch seine Spleens, die den Spross eines argentinischen Politiker-Clans aus der Masse der Trainer hervorheben, die ihm in Südamerika aber auch den Spitznamen "El Loco" (der Verrückte) eingebracht haben.

Er soll sich stundenlang in einem Zimmer einsperren, um über Systeme und Taktik zu brüten oder um sich Fußball-Spiele aus seiner über 7000 DVDs umfassenden Sammlung anzuschauen. Dazu soll er oft und gerne in den Zoo gehen, wenn ihm die Inspiration fehlt. Exklusiv-Interviews verweigert er hartnäckig. Dafür können Pressekonferenzen dann drei, vier Stunden dauern.

Nationalteam

Seit Sommer trainiert Bielsa Athletic Bilbao. Es hätte aber auch Inter sein können. Doch als das Angebot aus Mailand kam, war der 56-Jährige den Basken schon im Wort. "Einen Nationalspieler zu motivieren, ist nicht schwer, weil es nicht ums Geld geht. Bei Athletic ist das ähnlich", erklärt Bielsa.

Bei Athletic trainiert der 56-Jährige ja nur Basken. Bei den Trainern ist ausländischer Input hingegen durchaus willkommen. Bielsa ist zwar der erste Argentinier auf Atleticos Trainerbank. Vor ihm arbeiteten aber auch schon Engländer, Ungarn, Deutsche, Tschechen, Serben und mit Helmut Senekowitsch (1979-1981) ein Österreicher in Bilbao.

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