Sie sehen aus wie Sport-BH's, sind nicht wirklich elegant und dennoch schon einige Jahre im Fußball in Mode. Die Rede ist von den schwarzen Westen, die Spieler im Training meist über und im Spiel unter ihrem Leibchen tragen. Der klassische Pulsgurt hat längst ausgedient. Mit integriertem GPS-Sensor zeichnen die Tracking-Westen auf, mit welcher Geschwindigkeit sich ein Spieler wie lange und in welchen Räumen bewegt. Unterschieden wird zwischen intensiven Läufen (20 bis 25 km/h) und Sprints (ab 25 km/h). Ein Instrument, das kaum noch wegzudenken ist aus der Trainingssteuerung.
Allerdings: Das Erheben von Daten ist das eine. Diese so zu interpretieren, dass daraus ein Mehrwert entsteht, das andere. Das zu seinem Beruf gemacht hat Philip Klöckl. Der 30-jährige Steirer ist Datenanalyst, selbstständig und beliefert in Österreich den LASK und das Unter-21-Nationalteam.
Begonnen hat er an der Basis, als Co-Trainer der Unter-15-Mannschaft des SC Stainz im Bezirk Deutschlandsberg. „Damals ist mir aufgefallen, dass im Training sehr viel rein intuitiv gestaltet wurde und sehr wenig Grundlage für viele Dinge vorhanden war.“ Also hat Klöckl investiert. Etwa in GPS-Sensoren, um, wie er sagt, „einfach einmal die Geschwindigkeit von Spielern zu messen“.
Um daraus Zusammenhänge zu erschließen, hat er als Nächstes eine eigene Software entwickelt. Diese ermöglicht es, ein Training im Vorfeld exakt zu planen. Anhand der Größe des Feldes, auf dem eine Spielform trainiert wird, kann er ausrechnen, wie hoch die Belastung sein wird. „Je größer ein Feld ist, umso mehr intensive Läufe gibt es.“
Regeneration und Belastung
Heute analysiert Klöckl nicht mehr bei der U 15 in Stainz, sondern beim LASK. Bei Trainings und Spielen in Bundesliga und Europa League überwacht er exakt, welcher Belastung die Kicker ausgesetzt sind. In Zeiten wie diesen mit einem oft dicht gedrängten Spielplan ein essenzieller Mehrwert. Vor allem, weil so gut wie nie alle Spieler eines 25-Mann-Kaders gleich belastet werden und die Schere zwischen Leistungsträgern und Reservisten oft stark auseinandergeht. „Um in Form zu bleiben, brauchen die einen Regeneration und die anderen Trainingsbelastung. Wenn man eine ganze Woche plant und einen Überblick hat, dann weiß man vor einem Spiel, wer ab der 60. Minute Gefahr läuft, sich zu verletzen.“
Das letzte Wort bei Aufstellung und Spielerwechsel hat aber freilich nicht die Software von Philipp Klöckl, sondern der jeweilige Cheftrainer. Ein gewisses Risiko sei im Leistungssport manchmal notwendig, erklärt Klöckl: „Am Ende bringt es dir nichts, wenn du über eine ganze Saison verletzungsfreie Spieler hast, aber nichts gewinnst.“ Die Kunst sei es, das Risiko so abzuschätzen, dass man mit der höchsten Wahrscheinlichkeit auf Erfolg durch die Saison kommt, ohne Punkte liegen zu lassen, weil man zu vorsichtig ist.
Verletzungsgefahr
Umgekehrt gibt es durch die künstliche Intelligenz auch klare Handlungsempfehlungen für Spieler, die das Spiel vermehrt von der Bank aus verfolgen. „Dadurch, dass viele Trainingsformen im modernen Fußball auf kleinen Spielfeldern stattfinden, fehlt bei Reservisten manchmal der Top-Speed.“ Dieser sei aber gerade für die Oberschenkel-Rückseite relevant. Um hier vorzubeugen, hilft folgender Indikator: „Wenn ein Spieler über zehn Tage nicht zumindest einmal in diesem Speed unterwegs war, sondern erst nach etwa 15 Tagen, ist das Risiko für eine Verletzung an der Oberschenkel-Rückseite enorm hoch.“ Deshalb schlägt die Software auch Alarm, wenn ein Spieler acht Tage lang nicht in dieser Geschwindigkeit gelaufen ist.
Diese Dinge, sagt Klöckl, könne ein Cheftrainer bei einem Kader mit 25 Spielern nicht mehr mit dem freien Auge wahrnehmen. Ebenso wie technisch-taktische Daten, die Klöckl längst mit den physischen verknüpft. Etwa, wie viel und wohin Spieler in Ballbesitz sprinten und welche Räume sich damit für ihre Mannschaft öffnen.
Und obwohl immer öfter ein Laptop oder Tablet in der Coaching-Zone mit dabei ist: den Trainer oder dessen Kompetenzen zu ersetzen, sei nicht das Ziel. Klöckl: „In vielen Unternehmen werden solche Dinge klar getrennt. Es gibt eine Intelligenz, in der eine Maschine klare Vorteile hat, und die Intelligenz des Menschen, bei der es um Kreativität geht. Mein Ziel ist es, dem Menschen Dinge abzunehmen, die eine Maschine besser kann. So hat der Trainer mehr Zeit für kreative Lösungen.“
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