"Man kann durchaus sagen, dass unsere Bundesliga eine Pressingliga ist“, sagt Thomas Eidler, der Leiter der Trainerausbildung im ÖFB.
Die Gründe dafür sind vielschichtig, einer davon ist sicher auf das Wirken von Ralf Rangnick zurückzuführen. Der Deutsche kam 2012 als Sportchef zu Red Bull Salzburg, richtete den Klub nach seiner Philosophie vom hohen und aggressiven Verteidigen („Angriffspressing“) aus und hatte damit so viel Erfolg, dass er kopiert wurde.
Sein Stil gelangte über Oliver Glasner zum LASK, auch der WAC hat sich etwas abgeschaut. Der Wert der frühen Ballgewinne geht laut Eidler Hand in Hand mit der Laufleistung. „In unserer Liga sehen wir auch verhältnismäßig viele gelaufene Meter im hochintensiven Bereich.“
In Summe ergebe dies die erfreuliche Erkenntnis, dass Österreichs Klubs auch aufgrund dieses Stils des überfallsartigen Verteidigens im Europacup konkurrenzfähig geworden sind. Eidler: „Sowohl Salzburg als auch der LASK und der WAC haben wiederholt ihre Gegner durch Dynamik und Geschwindigkeit überrumpelt.“ Vor fünf bis sieben Jahren sei das noch umgekehrt gewesen. „Das spiegelt sich heute in niedrigen PPDA-Werten wider.“
Indes liegt bei jenen Teams, die eine höhere Kennzahl aufweisen, der Verdacht nahe, dass sie gar nicht erst nach frühen Ballgewinnen streben, sondern lieber nach großen Räumen suchen, um erfolgreich zu sein.
Bestes Beispiel für diesen Konter-Stil im klassischen Sinne ist Atlético Madrid. Die Mannschaft von Trainer Diego Simeone liegt mit ihrem PPDA-Wert von 12,3 im hinteren Drittel der Primera División, in der Tabelle aber an der Spitze. Simeone ist bekannt dafür, seine Gegner in deren eigener Spielhälfte gewähren zu lassen, um dann jedoch im Mittelfeld aggressiv zu attackieren und nach Ballgewinn im Konter mit Geschwindigkeit den großen Raum zu nutzen. Eidler ist überzeugt: „Simeone interessiert der PPDA nicht.“
Peter Stöger vermutlich ebenso wenig. Der Wert von mehr als 15 Pässen, die man bei der Austria zulässt, bevor man aktiv wird, ist der höchste in der Bundesliga. Wie 2013, als er mit der Austria Meister wurde, lässt Stöger lieber tiefer verteidigen.
Bei der Interpretation des PPDA ist also Vorsicht geboten. Wolfsburg-Coach Oliver Glasner beschreibt es so: „Ich denke, dass dieser Wert eine bestimmte Aussagekraft darüber hat, wie schnell du deinen Gegner zu einem Fehler zwingst, jedoch gilt es, auch die Qualität des Gegners zu berücksichtigen. Ich finde den PPDA spannend, aber wichtig ist vor allem, was du danach aus diesen Fehlern machst.“
In der Tat. Wer in Ballbesitz kaum gute Lösungen hat, wird trotz vieler Ballgewinne kaum Torabschlüsse vorfinden. So geht es im Moment Altach. Die Vorarlberger wollen früh attackieren und haben mit 9,03 einen niedrigen PPDA-Wert. Dennoch haben sie mit elf Toren die wenigsten aller Teams erzielt.
Um Problemzonen im Spiel einer Mannschaft auszumachen, muss man noch einen Schritt weitergehen. Denn, so Eidler: „Isoliert betrachtet ist der PPDA-Wert nicht mehr als ein Indiz. Im Kontext gesehen und mit anderen Daten verknüpft kann allerdings ein wichtiger Leistungsindikator entstehen.“
Kombinieren kann man etwa mit dem Wert der „Expected goals“. Dabei wird die Qualität aller Torchancen anhand der Distanz zum Tor, des Schusswinkels sowie der übrigen Verteidiger zwischen Ball und Tor berechnet.
Dieser Wert ist bei den Altachern mit 15,74 zu erwartenden Toren in 13 Spielen äußerst niedrig. Viele Ballgewinne, aber nur wenige gute Chancen, deuten somit auf Probleme im Umschaltverhalten hin. Anders geht es im Moment Rapid. Zum niedrigen Pressing-Wert (7,82) kommen die meisten guten Torchancen der Liga (34,17 zu erwartende Tore) und schließlich Tabellenplatz 2.
Kommentare