Austrias Wochen der Wahrheit

Austrias Europacup-Gegner Hafnarfjördur wittert eine historische Chance.

Zuletzt hat sich Freyr Bjarnason mit dem US-Rapper Busta Rhymes beschäftigt, doch heute wird sein Hauptaugenmerk Austria-Stürmer Philipp Hosiner gelten.

Bjarnason ist Verteidiger bei FH Hafnarfjördur, dem besten Fußball-Klub Islands. Der 36-Jährige hat zuletzt viel erreicht: Er ist Meister geworden mit FH und dabei zum besten Spieler der isländischen Liga gewählt worden. Nur eines ist Freyr Bjarnason nicht: ein Profi.

Sein Arbeitstag beginnt nicht auf dem Trainingsplatz von Hafnarfjördur, sondern in einem Büro in Reykjavik. Der 1,93-Meter-Hüne kümmert sich tagsüber um das „leichte Leben“, wie es sein Kollege Eirikur Asgeirsson nennt. Beide arbeiten bei Frettabladid, der größten Tageszeitung Islands. Asgeirsson ist zuständig für Sport, Bjarnason, der Kicker mit Meisterehren, für Society.

Seit einer Woche fehlt Bjarnason nun mittlerweile im Büro, er ist auf Urlaub. Seit Sonntag weilt er in Wien. Mit seinen Kollegen von FH Hafnarfjördur bereitet er sich auf das heutige Hinspiel in der 3. Qualifikationsrunde zur Champions League gegen die Wiener Austria vor (18 Uhr/live ORFeins).

Es steht viel auf dem Spiel. Nicht nur für die Austria.

Der österreichische Meister steht vor einer Pflichtaufgabe, sein isländisches Pendant hingegen vor einer sporthistorischen Chance. Gelingt den Isländern die Sensation, steht FH fix in einer Gruppenphase des Europacups. In diesem Fall sind fixe Einnahmen von zwei bis drei Millionen Euro garantiert. Üblicherweise muss der Verein pro Saison mit rund einer Million Euro auskommen. Das wäre in etwa so, als hätte die Wiener Austria plötzlich 60 Millionen Euro mehr auf dem Konto.

Für Selbstvertrauen in Island hat ausgerechnet der größte Rivale gesorgt. Breidablik, der isländische Vizemeister, beendete in der Vorwoche die internationalen Träume von Sturm Graz. Und Asgeirsson, der Sportredakteur, schickt voraus: „Hafnarfjördur ist der mit Abstand beste und erfolgreichste Klub Islands.“

Das weiß freilich auch Freyr Bjarnason. Das „leichte Leben“ kann warten.

Neues Spiel, neues Glück. So muss die Austria nach dem 1:5 in Salzburg am Samstag und vor dem heutigen Heimspiel in der Champions-League-Qualifikation denken. Immerhin will der Meister die isländische Hürde nehmen. „Jeder geht davon aus, dass ein österreichischer Klub gegen eine isländische Mannschaft weiterkommt“, weiß Trainer Nenad Bjelica um die Erwartungshaltung gegen einen Klub, dessen Namen die Mehrheit der Fans nicht einmal unfallfrei aussprechen kann.

Doch die letzten internationalen Resultate isländischer Klubs sagen etwas anderes aus, Sturm Graz ist das beste und jüngste Beispiel. Auch Bjelica warnt vor Hafnarfjördur. „Sie sind physisch stark, gut organisiert, gefährlich bei Standardsituationen. Wenn sie den Ball haben, dann versuchen sie, Fußball zu spielen.“

Aufarbeitung

Was auch keine schlechte Idee für seine eigene Mannschaft wäre. Die Pleite von Salzburg wurde schon am Sonntag aufgearbeitet, weil in Tagen wie diesen einfach nicht viel Zeit bleibt.

Doch gelingt die Kunst des Vergessens in nur 72 Stunden? „Wir haben alle Fehler angesprochen, vor allem jene in der Defensive“, betont der kroatische Trainer. Die Abwehr wurde von den Salzburgern phasenweise in ihre Einzelteile zerlegt, im Angriff ließ man die besten Möglichkeiten aus.

Bjelica überlegt, seine Startformation an ein, zwei oder gar an drei Positionen zu verändern, um mehr Frische ins Spiel zu bringen. Der Betreuerstab der Wiener hat das Training der letzten Wochen dermaßen gesteuert, dass die Fitness seiner Spieler ab sofort am Höchststand sein sollte. In Salzburg blieb es noch beim Konjunktiv.

Die Austria will die Basis legen für den Aufstieg ins Play-off, womit man im schlechtesten Fall schon für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert wäre. Das Wunschresultat für heute? Bjelica: „Jeder Sieg ohne Gegentor.“

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