Wohlfahrt: "Weitere Angebote werden kommen"

Franz Wohlfahrt: "Wir haben ja immer wieder bewusst gesagt, dass wir am Boden bleiben."
Austrias Sportdirektor Franz Wohlfahrt zieht Bilanz und weiß, dass Trainer Fink nicht ewig zu halten ist.

Das erste Jahr im Amt ist wie im Flug vergangen. Doch Zeit zum Durchschnaufen bleibt Austrias Sportdirektor Franz Wohlfahrt keine: Am Freitag hat er mit Lucas Venuto einen der Aufsteiger der Bundesliga aus Grödig nach Wien gelotst, Alexander Gorgon könnte den Verein noch im Jänner verlassen. Kommende Woche begleitet Wohlfahrt die Mannschaft ins Trainingslager in die Türkei. Davor nahm er sich Zeit für ein Gespräch.

KURIER: Ein Jahr Sportdirektor der Austria – wie sieht Ihre Bilanz aus? Haben Sie es sich so vorgestellt?

Franz Wohlfahrt: Ich habe keinen Vergleichswert, da ich nicht genau wusste, was auf mich zukommen würde. Ich habe schon erwartet, dass es viel zu tun geben würde. So ist es auch gekommen. Ich wollte mir Zeit für Beobachtung und Analyse geben. Erst dann kann man an der Philosophie arbeiten.

Der Beginn war unruhig.

Weil wir personell gleich viel ändern und einen Trainer suchen mussten. Und den neuen Kader zusammenstellen, weswegen ich viel herumgereist bin. Da es sportlich nicht so gut lief, musste ich gleichzeitig auch vor Ort sein. Meine Aufgaben waren in dieser Phase vielfältig.

Was ist der schwierigste Teil Ihres Jobs?

Nicht die Medien (lacht). Es ist schwierig, immer ausgeglichen zu sein, weil man von außen ständig Einflüssen ausgesetzt ist. Man darf nicht alles ernst nehmen, muss aber die guten Ideen herausfiltern. Man muss das Vertrauen in sich selbst haben. Für mich gibt es kaum Glück oder Zufall. Wenn man nachhaltig gut und hart arbeitet, dann kommt auch irgendwann der Erfolg.

Ihre Arbeit umfasst viele Bereiche. Alles können Sie nicht abdecken, oder doch?

Daher ist es wichtig, gute Bereichsleiter zu haben, denen ich voll vertraue. Ich kann mich auf sie verlassen, da ich nicht alles machen kann. Dafür reicht die Zeit nicht.

Führen Sie ein Fahrtenbuch?

Das nicht, aber ich gebe jetzt wieder einen Dienstwagen retour. Bis jetzt bin ich auf rund 60.000 Kilometer gekommen. Spätestens nach einem halben Jahr muss ich das Auto zurückgeben. Bei der Trainersuche im Frühjahr habe ich mit 13 Kandidaten gesprochen. Im Finish auch mit deren Assistenten. Und die Gespräche haben fast alle im Ausland stattgefunden.

Bekommen Sie einen Ausschlag, wenn Sie einen Flughafen sehen?

Nein, das geht schon noch. Aber es stimmt, ich war im vergangenen Jahr sehr viel in der Luft. Daher braucht es eine gute Struktur mit den richtigen Leuten, auf die ich mich verlassen kann. Sonst könnte das nicht funktionieren.

Ist Trainer Thorsten Fink für Sie ein Lottosechser?

Am 26. Dezember hat es kurzfristig Aufregung bei uns gegeben: Ein deutscher Bundesligaverein hat mich gefragt, was es kosten würde, Thorsten Fink zu verpflichten.

Ihre Antwort?

Unbezahlbar. Ich hätte keine Summe nennen können, weil es in diesem Moment nicht vorstellbar war für mich. Aber es war ein Beweis, dass er ein interessanter Trainer ist und wir eine richtige Entscheidung getroffen haben. Daher haben wir auch einen Dreijahresvertrag ohne Ausstiegsklausel abgeschlossen. Hätten wir eine Klausel drinnen gehabt, hätten wir jetzt schon ein Problem. Ein großes.

Sind Sie sich dessen bewusst, dass Ihnen der Trainer halbjährlich abhanden kommen kann?

Ja. Es ist einerseits nicht lustig für uns, auf der anderen Seite spricht es für die Qualität von Thorsten Fink. Mir ist es aber so lieber, als müsste ich mir den Kopf zerbrechen, wie ich ihn loswerde und einen neuen Trainer finde.

Viel wichtiger: Wie war die Reaktion von Thorsten Fink?

Er hat schon gemeint, dass es sehr schön und reizvoll wäre, aber dass es jetzt nicht geht, weil wir hier noch nicht fertig sind. Thorsten weiß, dass wieder ein Angebot für ihn kommen wird.

Wo wird die Austria am Saisonende stehen?

Ich gehe davon aus, dass wir unser Ziel erreichen.

Haben Sie keine Angst, zu Saisonende nicht unter die Top drei zu kommen?

Ich habe keine Angst. Ich höre auch keine Stimmen. Wir sind guter Dinge und wissen auch, dass es kein Selbstläufer wird. Daher sind wir darauf vorbereitet. Lediglich das letzte Spiel liegt mir im Magen, obwohl ich sonst schnell abschalten kann. Das 1:2 gegen Altach war eigentlich nicht zu verlieren.

Was fehlt dem Team noch?

Wir haben ja immer wieder bewusst gesagt, dass wir am Boden bleiben. Wir haben Spiele mit Glück gewonnen, das darf man nicht vergessen. Auf gewissen Positionen haben wir noch Bedarf, uns zu verbessern. Mit Lucas Venuto ist uns das schon gelungen. Aber es könnten uns auch Spieler verlassen. Wir kennen alle die Situation rund um Alexander Gorgon.

Sein Vertrag läuft aus. Würden Sie gerne noch etwas Geld mit ihm verdienen?

Ich würde ihn gerne behalten, ganz ehrlich. Bleibt er nicht, dann muss der Verein, der Interesse zeigt, die Schmerzgrenze erreichen, damit wir finanziell etwas davon haben. Ich verstehe und respektiere Alexanders Situation. Er wird 28 Jahre alt und sieht noch eine Möglichkeit, international zu spielen. Oder er bleibt ewig Austrianer, was wir unterstützen würden.

Wie holt man als Sportdirektor Spieler aus dem Ausland?

Unter dem Jahr ist das schwierig. Aber es geht weniger um In- oder Ausländer. Das Wichtigste ist, dass man so viele Informationen wie möglich einholt über einen Spieler. Sportlich wie auch privat. Wenn ich viel Geld für einen Spieler ausgebe, dann möchte ich schon wissen, wann er zum Training kommt und wann er geht. Kommt er, um nur seinen Dienst zu machen, oder ist er voll und ganz bei der Sache?

Wann würden Sie einen Spieler nicht holen?

Wenn er schon monatelang nicht gespielt hat. Außer es ist ein ganz junger Spieler, der verletzt war und wieder fit ist. Und wenn ich ihn aufbauen kann und nicht sofort brauche.

Apropos Zukunft: Was muss konkret verbessert werden, damit die Austria den Europacup-Platz erreicht?

Ich glaube, wir haben zu viele Gegentore erhalten. Das Defensivverhalten und die Konzentration der ganzen Mannschaft müssen besser werden. Der alte Spruch stimmt: Offensive gewinnt Spiele, Defensive gewinnt Meisterschaften.

Kommentare