Austrianer Michael Häupl: "Meine Frau ist Rapid-Mitglied"

Austrianer Michael Häupl: "Meine Frau ist Rapid-Mitglied"
Der KURIER sprach mit Wiens Ex-Bürgermeister über die Pension und die Rivalität zwischen seiner Austria und Rapid.

Er ist ein Erz-Violetter und Kuratoriums-Vorsitzender seiner Wiener AustriaMichael Häupl lebt die absolute Toleranz zwischen den Veilchen und den Grün-Weißen persönlich in den eigenen vier Wänden vor, ist doch seine Frau Mitglied bei Rapid.

Wiens Ex-Bürgermeister wünscht sich eine vernünftige Rivalität zwischen beiden Klubs, einen starken Wiener Fußball und irgendwann auch wieder einen Wiener Klub als  österreichischen Fußballmeister. Bei der Austria zieht er im Hintergrund nach wie vor die Fäden, genießt die Pension und gemütliche Abende mit seinem Freund Erwin Pröll und macht sich Gedanken über die Sozialdemokratie und die neuen Medien.

Herr Häupl, genießen Sie Ihre Pension?

Michael Häupl: Durchaus, es sind beispielsweise 95 Prozent weniger Telefonanrufe. Nach 35 Jahren ist das etwas, was mir nicht unbedingt abgeht, denn diese 24-stündige tägliche Verfügbarkeit am Telefon ist schon arg. Von den Terminen her ist immer noch viel zu tun, aber es ist fokussierter. Und dann gibt es noch schöne Dinge wie Kuratoriumsvorsitzender der Austria zu sein.

Haben Sie Zeit, um mehr Einblick zu gewinnen?

Nein, den habe ich früher auch gehabt. Denn wenn ich etwas getan habe, dann schon ernsthaft. Bei der Austria war es für mich nicht so intensiv, weil ich sehr wohl weiß, dass man sich nicht ins Sportliche einmischt. Dafür gibt es Fachleute. Aber man muss sich halt umschauen, dass das Werk’l finanziell funktioniert. Und da habe ich meinen Teil beigetragen.

Wie geht es dem violetten Herz in dieser Saison?

Naja, für die violette Seele war das 6:1 über Rapid sehr wohltuend. Aber man muss schon das Ganze sehen. Ja, wir sind derzeit über dem Strich. Die Austria muss am Ende des Tages international spielen, das ist ein wesentlicher Punkt für die Finanzgebarung der Austria. Daher darf man nicht leichtfertig mit Punkten umgehen.

Apropos Finanzen: Kommt ein Klub wie die Austria nicht umhin, die Internationalisierung mit Partnern wie Gazprom voran zu treiben? Muss man unbedingt solche Wege gehen?

Die Kritik an Gazprom kann ich in keiner Weise nachvollziehen, weder sportlich noch auf andere Art. Dass in Österreich die Gasversorgung gesichert ist, schauen Sie doch beim Fenster raus, das ist bei so einem Winter allen Recht. Aber beim Namen Gazprom rümpft man dann die Nase. Entschuldigung, das ist doch absurd. In Deutschland gibt es die Diskussion bei Schalke überhaupt nicht.

Soll der Wiener Fußball endlich wieder Salzburg ärgern - sowohl Austria, als auch Rapid?

Momentan ist das nicht realistisch, aber das heißt nicht, dass es nicht in Zukunft so sein kann. Alle wissen wir, dass der Wiener Fußball eine entscheidende Rolle zu spielen hat, schauen Sie sich allein die Zuschauerzahlen an. Derzeit spielt Salzburg in einer anderen Welt, weder Austria noch Rapid würden aktuell Leipzig zwei mal schlagen. Salzburg hat ein Geschäftsmodell, das zwar risikobehaftet ist, aber nicht schlecht. Salzburg bildet junge Spieler gut aus und lukriert mit dem Verkauf viel Geld. Ein System, wie ich es früher von Ajax Amsterdam kenne.

Was können Austria und Rapid dann machen?

Sie müssten auf dieses Geschäftsmodell hinkommen, und ich nenne bewusst jetzt beide Klubs, denn der Wiener Fußball lebt von dieser Rivalität, wenn das nicht von Idioten ausgelebt wird, die eigentlich im Sport nichts verloren haben. Alles andere ist sehr gut. Was soll ich sagen, meine Frau ist eingeschriebenes Mitglied von Rapid. Eine positiv gelebte Rivalität zwischen Austria und Rapid ist das Wesen des Wiener Fußballs. Das muss wieder funktionieren.

Austrianer Michael Häupl: "Meine Frau ist Rapid-Mitglied"

Mit seinen Veilchen bei der Meisterfeier 2013 vor dem Rathaus.

Austrianer Michael Häupl: "Meine Frau ist Rapid-Mitglied"

Beim KURIER-Tag im September 2018 mit Freund Erwin Pröll beim Schmähführen.

++ HANDOUT ++ NIEDERÖSTERREICH: PRÄSENTATION DER KAMPAGNE "SCHAU REIN UND HUCK DI ZUWA" / PRÖLL; HÄUPL

Mit Pröll im Rahmen der Werbekampagne "Huck di zuwa".

Austrianer Michael Häupl: "Meine Frau ist Rapid-Mitglied"

Volksnah wie immer, beim KURIER-Tag.

Austrianer Michael Häupl: "Meine Frau ist Rapid-Mitglied"

Prost. Häupl trinkt auf seinen Nachfolger Michael Ludwig.

Austrianer Michael Häupl: "Meine Frau ist Rapid-Mitglied"

Entertainer: Ein Häupl hat stets viel zu erzählen.

FUSSBALL: ERÖFFNUNGSFEIER GENERALI-ARENA: FK AUSTRIA WIEN-BORUSSIA DORTMUND

Daheim in seiner Generali Arena, bei der Eröffnung gegen Dortmund.

Austrianer Michael Häupl: "Meine Frau ist Rapid-Mitglied"

Mit den Veilchen im Schnee von Flachau.

Austrianer Michael Häupl: "Meine Frau ist Rapid-Mitglied"

Häupl tauschte sich in Flachau mit Sportdirektor Muhr aus.

Das Verhältnis der beiden Klubs scheint seit einiger Zeit so schlecht wie lange nicht, vielmehr werden Positionen radikaler. Wer für A ist, ist automatisch gegen B, so das Gefühl.

Man muss alles dazu tun, dass ein Vater oder eine Mutter mit dem Kind auf den Fußballplatz gehen kann ohne sich Sorgen machen zu müssen. Sonst verlieren die Klubs eine ganze Generation an Fans. Da muss man sich halt dann von verschiedenen Leuten trennen. Es hilft nichts. Bei der Austria haben wir das damals gemacht, da war auch Ex-Präsident Wolfgang Katzian sehr dahinter. Fußball soll auch in Zukunft ein Familiensport bleiben. Ein Sportfest und nicht etwas, wo man sich fürchten muss.

Eine positiv gelebte Rivalität zwischen Austria und Rapid ist das Wesen des Wiener Fußballs. Das muss wieder funktionieren.

von Michael Häupl

Austria-Kuratorium-Vorsitzender

Machen wir einen Wechselpass zu einem anderen Thema: Können Sie in der Pension Politik und Gesellschaftspolitisches nun aus einem anderen Blickwinkel sehen?

Ein biss’l habe ich das vorher auch schon können, sonst bist du nicht 24 Jahre Bürgermeister. Solange bin ich jetzt nicht weg, dass ich behaupten kann objektiv zu sein. Ich versuche es weitestgehend zu sein. Ich halte mich zurück, spiele nicht den Balkon-Muppet. Auch der Erwin Pröll ist erstaunlich zurückhaltend. Niemand hat uns beiden zugetraut, dass wir soviel Disziplin aufbringen können. Aber es macht doch keinen Sinn, den Balkon-Muppet zu spielen.

Intern kann man aber schon seine Meinung deponieren, oder?

Das ist etwas anderes. Wenn jemand  reden will, dann verweigere ich mich nicht. Aber Vieraugen-Gespräche sind bei mir seit jeher Vieraugen-Gespräche.

Wie sehen Sie  die Sozialdemokratie in Europa? Muss Sie gegen einen Strom aktuell anschwimmen, oder handelt es sich auch um hausgemachte Fehler?

Beides, aber natürlich gibt es auch hausgemachte Fehler. Begonnen hat das Thema mit der nicht völlig klaren Abgrenzung zum Neo-Liberalismus, dieser Schröder-Kurs, der kurzfristig einen Erfolg hatte. Aber wenn du sozialdemokratische Wähler haben willst, dann musst du das auch sagen. Dann kann man aber nicht Dinge machen wie in Deutschland Hartz IV. Dort hat der Erosionsprozess begonnen, weil  Deutschland  die wichtigste sozialdemokratische Partei stellt. Ein ganz schwerer Fehler war auch, dass sich die Sozialdemokratie von der Gewerkschaft abspalten ließ, wie es bei der Spaltung mit den Linken geschehen ist. Also, da sind schon hausgemachte Fehler dabei. Im Süden Europas wie in Slowenien zum Beispiel ist die Sozialdemokratie von eher linkeren Strömungen völlig devastiert worden.

Lässt sich dieser Trend umkehren? Oder wird sich der Wind mit der Zeit ohnehin wieder drehen?

Es wird in erster Linie davon abhängen, was die Sozialdemokratie selbst tut. Ob sie diese Rückkehr auf die europäische Bühne schafft. Von der Kreisky-, Brandt-, Palme-Ära zu träumen ist sinnlos und zu wenig. Das war eine andere Zeit. Aber es steht außer Frage, dass die Sozialdemokratie in Europa eine Rolle spielen muss, schon allein aus Sicht sozial schwächerer Menschen. Politische Radikalisierung steht immer noch im Zusammenhang mit der Verarmung. Ich kann dann nicht jene Leute wählen, die für diese Pauperisierung verantwortlich sind. Und die Sozialdemokraten sollen wie Sozialdemokraten handeln und nicht wie Bürgerliche.

Wie stehen Sie zu dem neuen Politik-Stil, wo viel über Social Media kommuniziert wird?

Facebook halte ich für einen ernst zu nehmenden Informations-Austausch. Ich selbst war nie auf Facebook. Denn wenn man das macht, dann muss man es ernsthaft betreiben und darf sich nicht vertreten lassen. Die Zeit hatte ich nicht, es selbst zu betreiben.

Und wie steht’s mit Twitter?

Das ist eine eigene Geschichte, weil es ein Kommunikationsmittel zwischen Journalisten und Politiker ist. Man befindet sich in einer Blase. Mein Pressereferent hatte das damals genau verfolgt. Da hat ein Journalist über Twitter einem anderen mitgeteilt, was er mich fragen soll, weil er vom Interview-Termin wusste.

Wie geht man am Besten mit den neuen Medien um?

Ich habe  mit Erwin Pröll vor kurzem eine Heurigen-Werbekampagne in Ostösterreich gemacht. Da steckte auch eine ernste Botschaft dahinter. Man soll die neuen Medien natürlich nutzen, weil es eine Kommunikationsform ist. Aber darüber hinaus soll man nie vergessen, wie man miteinandern redet. Informationen austauschen ist das eine, richtig miteinander an einem Tisch reden das andere. Ich habe beobachtet, dass Leute ins Kaffeehaus kommen und in ihr Smartphone schauen. Dabei ist das Kaffeehaus als Ort der Inbegriff des direkten Kommunizierens.

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