Es war am 12. Oktober 2022, als sich die Wertigkeiten im Leben von Austria-Stürmer Muharem Huskovic komplett verschoben. Er war gemeinsam mit seiner Freundin im Auto als Beifahrer auf der A3 unterwegs, als der Wagen in das Heck eines stehenden LKW krachte und in Flammen aufging. Huskovics Freundin konnte sich selbst aus dem Wagen retten, dem Spieler selbst wurde von einem nachkommenden Ehepaar als Retter geholfen. Der Stürmer wurde in ein künstliches Koma versetzt, trug Brandwunden und Bänderrisse im Knie davon.
Am Sonntag wird er beim Test in Lilienfeld seinen ersten Einsatz seit dem Unfall feiern. Der KURIER traf sich davor mit dem 20-Jährigen und plauderte über den Unfall, die Nachwehen, das Leben und seine sportlichen Ziele. Huskovic stand standhaft Rede und Antwort, wich keiner Frage aus. Und wirkte gereift.
KURIER:Die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es Ihnen?
Huskovic: Mir geht es super, ich fühle mich wohl. Ich bin seit dieser Woche voll im Mannschaftstraining. Es wird Zeit brauchen bis ich die Form habe, die ich vor dem Unfall hatte.
Spüren Sie das lädierte Knie noch?
Nein, zum Glück nicht. Mir fehlt einfach die Spielpraxis.
Ist Geduld ein Stärke von Ihnen?
Grundsätzlich schon. Ich schätze meine Gesundheit, dass ich überhaupt voll trainieren kann nach all dem, was passiert ist. Das andere kommt Schritt für Schritt.
Haben Sie einen Zeithorizont, bis wann Sie wieder bei 100 Prozent sein wollen?
Jetzt geht es für mich mit einem Testspiel los. Meine medizinischen Werte sind besser als je zuvor. Wichtig ist nun, dass ich mich auf dem Platz wieder finde, den Match-Rhythmus bekomme.
In der Reha haben Sie sich wieder zurückgekämpft. Wie hart war der Weg retour?
Es war sehr intensiv. Nach dem Unfall wollte ich auch den Leuten zeigen, dass man aus jeder schwierigen Situation besser zurückkommen kann. Das habe ich mir gleich zu Beginn der Reha vorgenommen, so habe ich auch gearbeitet. Aber es ist für mich ein großes Privileg, wieder auf dem Platz mit der Mannschaft stehen zu dürfen. Fehler, die mich früher aufgeregt haben, sind mir derzeit noch egal.
Sind Sie grundsätzlich ein sehr positiv denkender Mensch?
Ja, das habe ich immer von meinem Vater mitbekommen: egal, wie die Situation ist, ich soll nie aufgeben. Gleich, ob du ein Formtief hast oder Verletzungen, es wird wieder besser.
Da ich keine Erinnerung an den Unfall habe, konnte ich ihn auch gut ausblenden. Wenn ich auf meine Knie schaue, dann sehe ich schon, dass ich da etwas gehabt habe, dass da etwas passiert ist. Ich werde eher von Menschen auf den Unfall angesprochen und daran erinnert.
Sind Sie froh, dass Sie keine Erinnerung daran haben?
Ja. Wenn mir die Verletzung im Spiel passiert wäre, dann hätte ich vielleicht noch ein Trauma. Aber so konnte ich ohne Belastung in die Reha gehen. Ich hatte davor ja Muskelverletzungen, da erinnere ich mich im Vergleich dazu viel mehr, wie es dazu gekommen ist.
Wie geht es Ihrer Freundin?
Sei erinnert sich auch an wenig, sie war damals nur kurz zwischendurch bei Bewusstsein.
Reden Sie beide noch über den Unfall? Er ist Ihnen ja auch gemeinsam geschehen.
Mittlerweile fast gar nicht mehr, außer es sprechen uns andere Menschen darauf an. Wir wollten ihn von Beginn an schnell abhaken. Es klingt vielleicht blöd, aber wir hatten danach auch eine schöne Zeit, weil wir uns sehr geholfen haben. Fußball war immer mein Leben, aber da gibt es noch die Familie. Die liegt mir noch mehr am Herzen.
Haben Sie beide psychologische Hilfe in Anspruch genommen?
Wir hatten jeder für sich Hilfe. Für mich war nach dem ersten Gespräch aber klar, dass mir das nicht hilft und ich es nicht brauche. Das Leben ist manchmal so.
Wann ist Ihnen bewusst geworden, wie schlimm der Unfall war?
Vielleicht, als ich Bilder davon gesehen habe. Aber ich habe es nie als so schlimm empfunden, weil keine Erinnerung da war. Meine Eltern hatten mehr Schmerzen und Sorgen als ich. Als ich im Krankenhaus realisierte, dass ich Arme und Beine bewegen konnte, da wusste ich, dass es wieder wird.
Haben Sie mittlerweile den Führerschein gemacht?
Ja, ich habe ihn jetzt vor kurzem fertig gemacht.
Ihre spezielle Therapie?
Ja, vielleicht. Autofahren ist für mich kein Problem. Meine Freundin ist auch bald danach wieder in ein Auto eingestiegen. Ich habe ihr auch gesagt, dass wir gemeinsam dieselbe Strecke nochmals fahren. Damit sie sieht, dass es auch ohne Unfall geht.
Wie haben Sie die Reaktionen Ihrer Mitspieler auf den Unfall aufgenommen?
Die waren top, das war mir sehr wichtig. Das emotionale Interview von Manfred Fischer hat mich berührt. Auch, wie die Fans und die Leute im Verein reagiert haben, das hat mir in dieser Zeit sehr geholfen.
Haben Sie sich schon vorgestellt, wieder vor den Austria-Fans im eigenen Stadion zu spielen?
Ich habe das sehr oft gedanklich durchgespielt daheim. Und jedes Mal kommen mir bei dem Gedanken die Tränen. Weil es mir so am Herzen liegt, da zu spielen. Wieder hier aufzulaufen, das wird einer der schönsten Momente in meinem Leben.
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