Atlético Madrid, der Klub, der Leiden schafft

Der galaktische Stadtrivale, der eigene Klub, der das Pech anzieht: Atlético-Fans haben es nicht leicht.

Wenn man böse ist und den Schalke-Fan in der Kurier-Redaktion ärgern möchte, könnte man sagen: Atlético Madrid ist das Schalke 04 von Spanien. Populär, aber erfolglos.

Atlético, 1903 von baskischen Studenten als Filiale des Athletic Club aus Bilbao gegründet, gilt in Spanien als vom Pech verfolgter Verein.

Die größte Niederlage gelang 1974. Atlético, das stets im Schatten von Real Madrid stand, hatte zum ersten – und bis heute letzten – Mal das Finale im Landesmeister-Cup erreicht.

Die 120. Minute lief, Atlético führte durch ein Tor von Luis Aragonés 1:0, der Schiedsrichter hatte die Pfeife bereits im Mund, der größte Erfolg der Vereinsgeschichte war einen Pfiff entfernt, als Bayern-Vorstopper "Katsche" Schwarzenbeck keine Anspielstation fand und in seiner Verzweiflung aus über 25 Metern einfach schoss. Natürlich ging der Ball rein. Die große Bayern-Elf der 70er, die das Wiederholungsspiel 4:0 und den Landesmeister-Cup auch '75 und '76 gewann, war geboren.

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Atlético kam erst zwölf Jahre später wieder in ein Europacup-Finale – das man 0:3 gegen Dynamo Kiew verlor. Ein Jahr später, 1987, wurde der schillernde, weniger Wohlmeinende würden sagen: verbrecherische, Jesus Gil y Gil Atlético-Präsident. "Trainer rausschmeißen ist für mich wie Bier trinken, ich kann zwanzig rausschmeißen. Oder hundert", sagte er einmal. Es wurden genau 26.

Atlético Madrid, der Klub, der Leiden schafft
(FILES) Picture dated 13 March 2003 shows Jesus Gil y Gil, Prwesident of Spanish soccer club Atletico de Madrid. Gil announced his intention to leave the club inmediately on Wednesday 21 May 2003. EPA-PHOTO/EFE FILES/BERNARDO RODRIGUEZ
Gil y Gil stand dem Klub 16 Jahre lang vor, ihm verdankt Real Madrid eines seiner größten Idole. Raúl wurde mit Atlético spanischer U-15-Meister, ehe Gil y Gil aus Kostengründen die gesamte Nachwuchsabteilung zusperrte und Raúl im Sommer 92 zu Real wechselte. Nach 18 Jahren Real wechselte Raúl zu: Schalke.

Ganz so schlimm wie auf Schalke, das seit 1958 nicht mehr Meister war, weil ein Last-Minute-Tor der Bayern den Titel 2001 kostete, ist die Erfolgslosigkeit bei den Rojiblancos nicht, holte Atlético doch 1996 das Double aus Meisterschaft und Pokal.

Doch Atlético wäre nicht Atlético, wäre man nur vier Jahre später völlig überraschend aus der Primera Division abgestiegen.

Niederlagen schweißen zusammen. "Die Hardcore-Fans in Madrid sind eher Rot-Weiße", weiß der ehemalige Atlético-Stürmer Gerhard Rodax. Zu den Heimspielen im Estadio Vicente Calderón, benannt nach einem langjährigen Klub-Präsidenten, kommen im Schnitt über 40.000 Zuschauer.

In den letzten Jahren konnte Atlético das Verlierer-Image etwas abschütteln, gewann 2010 und 2012 die Europa League, 2013 die Copa del Rey, den spanischen Cup.

Am Samstag zeigte Atlético wieder das altbekannte Gesicht. Nach einem perfekten Saisonstart mit acht Siegen hatte man die große Chance, Barcelona, das nur 0:0 spielte, von der Tabellenspitze der Primera Division zu verdrängen. Was machte Atlético? Richtig, verlieren. 0:1 bei Espanyol.

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