Almer: Rückhalt aus der zweiten Klasse

06.09.2013 Fussball, Nationalteam, Muenchen, Allianzarena, Weltmeisterschaftsqualifikation, GER - AUT, Oesterreich - Deutschland Miroslav Klose, Robert Almer Copyright DIENER / Georg Diener Marktgasse 3-7/4/5/21 A-1090 Wien Telefax +43 1 955 32 35 Mobil +43 676 629 98 51 BA-CA Bank Nr. 12000 Account Nr. 00712 223 783 e-mail: agentur@diener.at Datenbank: www.diener.at
Nur Torhüter Almer vom deutschen Zweitligisten Cottbus steht außerhalb des Schussfelds

Teamchef Marcel Koller hatte Sonntag Vormittag frei gegeben. Robert Almer verbrachte die Freizeit mit Frau Dominique und dem Nachwuchs im Haus in der Nähe von Wien. „Ein bisschen Abstand vom Team, abschalten und runterkommen. Das tut schon ganz gut.“ Der 29-jährige Tormann war der einzige Österreicher, dessen Leistung beim 0:3 in München gelobt wurde. Nicht nur die Kritiker attestierten ihm eine Klasseleistung, die Statistik wies ihn mit 53 Ballkontakten als Akkordarbeiter aus. „Ich interessiere mich nicht für Statistik und habe auch nicht mitgezählt, aber man merkt ja, wenn man viel zu tun hat“, sagt der Steirer. Der wollte die positiven Kritiken nicht an die großen Glocke hängen. „Denn man kann nicht zufrieden sein, wenn man verliert.“

Nicht einmal die Tatsache, dass er in seiner Wahlheimat Deutschland eine tollen Leistungsnachweis geliefert hat, erfüllte ihn mit Genugtuung. Nachdem er letztes Jahr bei Absteiger Düsseldorf nur die Bank drücken durfte, hat er seit Sommer in Cottbus einen Fixplatz.

Vertrauensmangel

In seiner Karriere ist der sympathische Mann aus Birkfeld in der Nähe von Weiz oft als Einser übergangen worden. Was wohl an mangelndem Egoismus gelegen ist und nicht an mangelndem Ehrgeiz und Talent. Bei der Austria hat er sich in zwei Versuchen nicht zwischen den Stangen festsetzen können. Auch bei Mattersburg und Düsseldorf standen ihm ein Platzhirsch und ein teurer Neuzugang im Weg.

Mit Rudi Bommer hat Almer in Cottbus endlich einen Trainer gefunden, der ernsthaft auf ihn setzt. Einen Klubtrainer wohlgemerkt, denn unter Teamchef Marcel Koller ist Almer im Tor gesetzt. Schon beim ersten Spiel im November 2011 stand Almer als Düsseldorf-Reservist im Teamtor. „Er ist ein hervorragender Torhüter, er hat die Sache hier gut gemacht“, sagt der Schweizer, der vom Steirer noch nicht enttäuscht wurde.

Almer fehlte in der Ära Koller im Team nur, wenn er verletzt war. So wie im März in Irland. Am Dienstag soll er wieder der Rückhalt sein, ohne dass er den Gegner kennt. „Bei uns im Team wird jeder Gegner analysiert, man redet über Stärken und Schwächen. Das ist professionell.“ Zumal er Superstar Robbie Keane auch nicht kennen würde, denn auch der war im März verletzt.

Änderungen gegen Iren

Punkto Verletzungen gibt es beim österreichischen Team nicht viel Neues. Junuzovic ist schon wieder in Bremen. Kavlak könnte spielen. Beim Mittelfeldspieler wurde keine Gehirnerschütterung, sondern nur ein Nasenbeinbruch, festgestellt. Nun wird untersucht, ob eine Maske notwendig ist und ob er sie wegen seiner geschwollenen Nase tragen kann.

Viel hängt von Kavlaks Fitness ab, ob Teamchef Marcel Koller im Mittelfeld umstellt. In Irland hatte David Alaba nach dem Ausfall von Junuzovic dessen offensive Rolle vor Kavlak und Baumgartlinger eingenommen. Und in Dublin hatte die linke Seite mit Arnautovic und Fuchs sehr gut geklappt. Offen ist auch der Einsatz von Marc Janko. Der sagt aber: „Nach elf Wochen Verletzungszeit bin ich noch nicht bei 100 Prozent.“

Es war ein Freitag, kein ganz schwarzer, aber sicher auch keiner, der den Lichtblick schenkte. Den Durchblick sehr wohl. Denn wie formulierte es ÖFB-Generaldirektor und Hobby-Mathematiker Alfred Ludwig bei der Rückkehr nach Wien ziemlich treffend: „Der Vorteil ist, dass wir jetzt wissen, was wir tun müssen. Wir brauchen nicht mehr zu rechnen.“

Im Klartext: Österreichs Nationalteam darf sich nach der0:3-Niederlage in München gegen Deutschlandund dem 2:1-Auswärtserfolg der Schweden in Dublin in der restlichen WM-Qualifikation wohl keinen Punktverlust mehr leisten.

In die Praxis übersetzt: Am kommenden Dienstag existiert nur ein gültiger Plan: Pflichtsieg im Ernst-Happel-Stadion gegen die Iren.

Und damit tut sich jetzt folgender Fragenkatalog auf:

Welche Folgen hat der Sieg der Schweden in Irland für Österreich ?

Dass Österreich damit wohl auch in Schweden gewinnen muss, um mit den vorausgesetzten Erfolgen gegen Irland und auf den Färöer Zweiter in der Gruppe zu werden. Damit wäre auch so gut wie sicher, dass der Zweite der Gruppe C nicht der schlechteste Gruppenzweite wird. Zur Erklärung: Die acht besten Gruppenzweiten kommen weiter, in den Sechser-Gruppen werden die Punkte gegen die jeweiligen Gruppenletzten abgezogen. Vor allem in Gruppe B wird der Gruppenzweite wohl schlechter sein als in der Österreicher-Gruppe C.

Ist Österreich als Zweiter schon bei der WM?

Nein. Es gibt noch zwei Play-off-Duelle (Hin- Und Rückspiel) gegen einen anderen Gruppenzweiten. Und da könnte beispielsweise die Fußball-Großmacht Frankreich warten.

Wie wird wird sich die Nullnummer von München auswirken?

Eigentlich ist am vergangenen Freitag nichts Außergewöhnliches passiert. Die erwartete Niederlage gegen die Deutschen nämlich. Relativ unspektakulär, weil so programmgemäß. Deutschlands Mannschaft bestätigte spielerische, balltechnische Überlegenheit, war spritziger und auch in der letzten körperlichen Konsequenz meist zuerst am Drücker. Teamchef Marcel Koller: „Deutschland war besser. Das muss man akzeptieren.“ Also meint der Trainer weiter: „Das Spiel gegen Deutschland abhaken.“ Wie weit das gelingt, werden die nächsten Tage zwischen Frustabbau und Lustaufbau zeigen.

Welche Lehren kann man aus dem Lehrspiel überhaupt ziehen?

Almer: Rückhalt aus der zweiten Klasse
Germany's Thomas Mueller (L-R), David Alaba of Austria und Germany's Mesut Oezil embrace after the FIFA World Cup 2014 qualification group C soccer match between Germany and Austria at Allianz Arena in Munich, Germany, 06 September 2013. Photo: Tobias Hase/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Aus Niederlagen gegen übermächtige Gegner zu lernen, ist ein gern artikulierter Vorsatz. Der Teamchef hat dazu die Idee, man könne die Konsequenz der Deutschen abschauen. Die Nachdrücklichkeit vor dem Tor, im Kampf um abspringende Bälle, in den Zweikämpfen, im geradlinigen Spiel in die Tiefe. „Aber das verlangt volle Konzentration während des ganzen Spiels.“ Nur: Der Unterschied zur Weltklassemannschaft könnte der Lernwilligkeit dann doch etwas entgegenstehen.

Ist die Inkonsequenz vor gegnerischen Toren das Hauptproblem der Ära Koller?

Ja. Es fehlt vor allem gegen große Gegner ein Angreifer, der aus den wenigen Chancen ein Tor macht. „Seit wir hier sind, arbeiten wir an dieser Konsequenz“, sagt Koller. Nicht, dass der Schlendrian im Team ist. 25 Tore in 15 Spielen wurden seit November 2011 unter Teamchef Koller erzielt. Die Quote relativiert sich, wenn man Färöer und Kasachstan abzieht (15 in 13 Spielen).

Deutschland - Österreich in Bildern

Ja gibt’s denn das. In Deutschland wird mit dem Teamchef über eine Verlängerung seines Vertrags geredet. Nicht ganz, aber es haben Löws Berater und der DFB-Generalsekretär informell miteinander gesprochen. Ein Mal EM-Finale (an Spanien gescheitert), ein Mal WM-Halbfinale (siehe EM-Finale) und ein Mal im EM-Halbfinale (an Italien gescheitert) – das reicht den deutschen Fans und Verantwortlichen nicht mehr. Sie wollen endlich einen großen Titel.

Auch in Österreich ist offiziell mit Marcel Koller noch nicht über eine Vertragsverlängerung geredet worden. Aber bei dessen Berater Dino Lamberti scheint man schon ein bisschen vorgefühlt zu haben. Erst zauderte der ÖFB, dann ließ Koller den ÖFB zappeln.

Bei anderen Teamchefs war man weniger pingelig. 1995 wurde Prohaska nach verpasster EM-Qualifikation verlängert. 2003 ebenso Krankl, dessen Truppe 1:3 in den Niederlanden verlor.

Und 2013? Nach einer Niederlage gegen Deutschland stellt mancher die Frage, ob es unter Koller eine Entwicklung im Team gegeben hat – zum Beispiel gegenüber dem 2:6 in Gelsenkirchen. Und man las auch den Terminus „Versagerteam“.

Und das nach einer Niederlage gegen eines der besten Teams der Welt. Österreich wartet 1997 auf die Qualifikation für ein großes Turnier. Deutschland wartet seit 1996 auf den großen Titel.

Was die Länder eint: Das hohe Anspruchsdenken.

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