Admira-Kapitän: „Manche Summen können größenwahnsinnig machen“

Jubel: Daniel Toth gelang mit der Admira der Sprung in den Europacup
Daniel Toth spielt seit bald zehn Jahren für die Admira. Ein Gespräch über Vereinstreue, zu hohe Gagen und den Europacup.

Wenn von den großen vier im österreichischen Fußball die Rede ist, dann sind Salzburg, Sturm Graz sowie die Wiener Klubs Rapid und Austria gemeint. Gestört wurde dieses Quartett zuletzt immer öfter von der kleinen Admira. Seit dem Aufstieg der Südstädter zur Saison 2011/ 2012 konnten sich nur Salzburg (7 Teilnahmen), Rapid (sechs) und Sturm (vier) öfter für den Europacup qualifizieren. Die Admira liegt mit drei Qualifikationen gleichauf mit der Wiener Austria. Auch in diesem Sommer dürfen die Admiraner auf Reisen gehen, was Kapitän Daniel Toth, 30, besonders stolz macht.

KURIER: Herr Toth, Sie sind seit fast zehn Jahren bei der Admira und spielen zum dritten Mal im Europacup. Was bedeutet Ihnen dieser Erfolg?

Daniel Toth: Das ist schon etwas ganz Besonderes. Wir haben einfach weniger finanzielle Mittel als viele andere und müssen daher andere Wege finden, um erfolgreich zu sein. Viele Fehlgriffe, was die Kaderzusammenstellung betrifft, darf sich ein Verein wie wir nicht leisten.

Als Sie 2009 zum Verein gekommen sind, gab es mit Präsident Trenkwalder einen Mäzen, nun geht man den Weg der eigenen Jugend. Welche Philosophie gefällt Ihnen besser?

Beides ist interessant. Als ich hierhergekommen bin, war ich einer der Jüngsten in einer Mannschaft mit gut bezahlten Routiniers, die ihre Karriere haben ausklingen lassen. In der Mannschaft durftest du dir als junger Spieler nicht viel erlauben. Nun ist es eher umgekehrt. Das liegt auch an der Zeit.

Wie meinen Sie das?

Die Ausbildung von Spielern ist für kleine Vereine enorm wichtig geworden. Fertig ausgebildete Spieler kann man sich nicht mehr leisten. Das war damals anders. Langfristig ist für den Verein der aktuelle Weg aber der vernünftigere. Zumindest bekommt der Verein nun problemlos die Lizenz für die kommende Saison.

Einmal gab es aufgrund von Lizenzverstößen sogar Punkteabzüge. Wie geht man mit so einer Situation als Spieler um?

Ich weiß noch, wie der Trainer damals in die Kabine gekommen ist und uns diese Nachricht überbracht hat. Da ändert sich schlagartig einfach alles. Jedem wurde damals die Möglichkeit gegeben, den Verein zu verlassen. Der Klassenerhalt war ja alles andere als gesichert. Da fängst du an nachzudenken, ob es hier weitergehen kann. Am Ende sind alle an Bord geblieben, und es ist gerade noch gut gegangen.

Was bedeutet Ihnen Vereinstreue?

Rückblickend hat immer alles gepasst. Ich muss ja auch dem Verein dankbar sein, dass er zu mir gestanden ist, als ich verletzt war. Die Verantwortlichen haben an mich geglaubt. Ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist und es immer seltener wird, dass ein Spieler zehn Jahre bei einem Verein spielt. Es geht zusehends um schnelle Erlöse im Fußball, und die werden eben durch Transfers erzielt. Die meisten suchen ja schon beim ersten Angebot das Weite. Ich finde diese Entwicklung schade und auch ein wenig bedenklich.

Admira-Kapitän: „Manche Summen können größenwahnsinnig machen“

Daniel Toth (links) bleibt der Admira auch im zehnten Jahr treu, Markus Lackner wechselt im Sommer nach Graz.

Als vorbildlich gilt die Admira bei der Integration der Talente in den Profibetrieb. Wie eng ist das Zusammenspiel?

Die Akademiespieler trainieren regelmäßig mit uns mit. Das hat sich schon stark verändert seit der Zeit, als ich ein junger Spieler gewesen bin. Damals durftest du dir einfach keine Fehler erlauben. Die Älteren haben dir in so einem Fall unmissverständlich gezeigt, was sie von dir halten. Viele Junge wollten deshalb gar nicht zu den Profis. Heute dürfen sie Fehler machen. Das wird dann eben angesprochen und analysiert. Es wird nur ungemütlich für einen, wenn er es zu locker nimmt. Aber es wird immer welche geben, die ihr Talent verschleudern.

Wären Sie lieber heute noch einmal Jung-Profi?

Ich glaube schon, dass man heute mehr Möglichkeiten hat und mehr Chancen bekommt. Heute wirst du eher als älterer Spieler schneller aussortiert, wenn die Leistung nicht mehr passt. Die jungen Spieler sind für die Vereine die Zukunft.

Verdienen die jungen Spieler zu viel?

Bei uns ist das Gehaltsniveau noch auf einem vernünftigen Niveau. Woanders in der Branche und in anderen Ligen können manche Summen schon dazu verleiten, größenwahnsinnig zu werden. Aber wenn du einen Spieler unbedingt willst, musst du dessen Preis eben zahlen.

Verändert das die Talente?

Die Bodenständigkeit und Dankbarkeit werden weniger. Wenn du einen persönlichen Ausrüstervertrag hast und wegen neuer Fußballschuhe anrufst, stehen am nächsten Tag acht neue Paare in verschiedenen Farben in der Kabine. Da ist es von Vorteil, wenn es jemanden gibt, der dich auf den Boden zurückholt. Nach zehn guten Partien sollte noch niemand größenwahnsinnig werden.

Finden Sie mit 30 Jahren mittlerweile schwieriger einen Draht zu den jungen Spielern?

Bei der Admira haben wir in der Tat eine extrem junge Mannschaft. Es ist durchaus lustig bei uns in der Kabine. Auch wenn ich gestehen muss, dass die Musikauswahl in der Kabine immer seltener meinen Geschmack trifft. Viele Lieder, die mir gefallen, spielt es nicht mehr.

Da hat der Mannschaftskapitän gar kein Mitspracherecht?

Leider nein. Wahnsinn, oder? Ab und zu wird extra für mich auch etwas gespielt, wie auf einer Ü-30-Party (lacht). Aber da überlasse ich den Jungs gerne die Bühne.

Ich verstehe viele junge Spieler einfach nicht, wenn sie die Schule abbrechen, sobald sie im Profikader sind.

von Daniel Toth, Admira-Kapitän

über ein zweites Standbein im Profi-Fußball

Denken Sie schon an die Karriere danach?

Ich müsste lügen, wenn Nein sage. Ich verstehe viele junge Spieler einfach nicht, wenn sie die Schule abbrechen, sobald sie im Profikader sind. Vor allem gibt es heute viel mehr Modelle, bei denen sich Schule und Training verbinden lassen. Ich habe während der Zeit in der Regionalliga die Handelsakademie gemacht, ich musste noch täglich pendeln zwischen Neusiedl und Eisenstadt und kam oft sehr spät nachhause. Ich musste richtig reinbeißen, um beides unter den Hut zu bringen. Aber die Matura war mir schon wichtig.

Was sagen Sie denjenigen, die die Schule schmeißen?

Ich versuche ihnen klar zu machen, wie wichtig das noch irgendwann sein kann. Wie viele Fußballer in Österreich haben nach der Karriere denn wirklich ausgesorgt? Ein Schulabschluss ist keine Zauberei, manchmal muss man sich überwinden. Ein Jahr zu wiederholen, ist nicht schlimm. An der Zeit scheitert es nicht, Freizeit ist immer wieder da im Leben eines Profifußballers. Erst kürzlich konnten wir bei der Admira zwei Spieler überreden, die Matura in der Abendschule nachzuholen. Ich denke, sie werden es uns irgendwann danken.

Was wollen Sie später einmal machen?

Ich würde ganz gerne in einem Büro sitzen. Ich treffe mich regelmäßig mit einer Beraterin der Gewerkschaft. Sie gibt mir Tipps. So bin ich zuletzt zu zwei Weiterbildungen gekommen.

Der Trainerjob reizt Sie nicht?

Im Hobby- oder Nachwuchsbereich vielleicht. Aber auf professioneller Ebene? Das Geschäft ist mir viel zu unsicher und nicht einfach vereinbar mit einer Familie.

Kommentare