Vorfreude auf den Höhepunkt der Ballsaison
Wenn sich der Tag nach den Anpfiffzeiten richtet; wenn der Fernseher nach dem Ausschalten noch grün flimmert; wenn sich alles nur mehr um Viererkette, Abseits und Co. dreht . . .
. . . dann, ja dann gibt sich die Welt wieder fünf Wochen lang die Kugel. Mit der Partie Russland gegen Saudi-Arabien erfolgt am Donnerstag (17 Uhr, live ORFeins) der Anpfiff zur 21.Fußball-WM. Bereits einen Tag später erlebt die Endrunde ihren ersten Höhepunkt, wenn der amtierende Europameister Portugal auf den Nachbarn und Titelfavorit Spanien trifft.
Worauf dürfen wir uns bei dieser WM in Russland aber noch freuen?
Russische Hymne
Der WM-Titel für die besten Gesangseinlagen ist eigentlich seit jeher für Italien reserviert, doch nachdem die Squadra Azzurra im Play-off gegen Schweden ihr blaues Wunder erlebt hat und erstmals seit 1958 eine Endrunde verpasst, müssen die Charts neu geschrieben werden. Favorit auf die Nummer eins ist Russland, wobei zu befürchten ist, dass die stimmungsvolle Hymne des Gastgeberlandes nur drei Mal zu hören sein wird. Sportlich gab es bei den Russen zuletzt Misstöne.
Schiedsrichter-Debatten
Waren das Zeiten, als bei Weltmeisterschaften noch Wembley-Tore fielen oder die Hand Gottes im Spiel war. Die moderne Technik soll’s möglich machen, dass der Fußball gerechter wird. Doch schon die missglückte Generalprobe des Video-Referees vor einem Jahr beim
Confederations Cup hat aufgezeigt: Nur weil jemand das Spiel auf einem Monitor verfolgt, muss der Schiedsrichter noch lange nicht besser im Bilde sein. Hitzige Diskussionen sind auch bei dieser WM programmiert, zudem warten wir schon alle sehnsüchtig auf den Schlachtruf: „Schiri, wir wissen, wo dein Fernseher steht!“
Zungenbrecher
Spiele mit iranischer Beteiligung sind eine Herausforderung für jeden TV-Kommentator. Man nehme exemplarisch nur einmal die Namen Alireza Jahanbakhsh und Reza Ghoochannejhad in den Mund. Beim Nationalteam von Südkorea herrscht derweil akute Verwechslungsgefahr: Welcher der fünf Kims im Kader war’s jetzt gleich noch einmal: Jinhyeon, Seunggyu, Younggwon, Minwoo oder doch vielleicht Shinwook Kim?
Elfmeterschießen mit
England
Zu einer echten Endrunde gehört auch ein Elfmeterschießen mit England. Auch wenn der Ausgang, sorry liebe Engländer, programmiert ist. Der Elfmeterpunkt ist nämlich für das Mutterland des Fußballs ein wunder Punkt. Seit der WM 1990 sind die Engländer bei Endrunden gleich in fünf von sechs Elfmeterschießen gescheitert. Das Elfer-Trauma ist auf der Insel dermaßen ausgeprägt, dass sich sogar schon die Wissenschaft mit diesem Phänomen beschäftigt. Die Erkenntnisse: Englische Spieler lassen sich vor dem Elfmeter weniger Zeit und meiden zudem den Blickkontakt zum Tormann.
Tierorakel
Was wäre heutzutage eine Endrunde ohne tierische Experten? ORF-Chefanalytiker Herbert Prohaska bekommt auch diesmal Konkurrenz aus dem Zoo. Krake Paul, Poseidon hab’ ihn selig, war 2010 der Godfather of Tierorakel, als Nachfolger sind nun Elefantendame Zella und Schneeleopard Sagar am Ball. Russland schickt die Katze Achilles aus Sankt Petersburg ins Rennen, die sich bei ihren Tipps nicht von Einflüsterern beeinflussen lassen wird: Achilles ist taub.
Schöne Frisuren
Der Höhepunkt der
Ballsaison ist auch eine Bühne für die neuesten Tattoos, die extravagantesten Torjubel und die hippsten Frisuren. In Sachen Haarstyling könnte ein Spieler aus Panama allen die Show stehlen: Román Aureliano Torres Morcillo hat die coolste Matte der WM – oh, wie schön ist Panama.
Jogis Fingerfertigkeit
Joachim Löw hat in der Coaching Zone alle Hände voll zu tun. Davon konnte sich alle Welt bei der EM in Frankreich vergewissern, als die Kameras den deutschen Bundestrainer beim eifrigen Herumnesteln in der Hose einfingen. Ist er deshalb ein schlimmer Finger? „Jeder von uns hat sich schon die Eier gekrault“, hatte ihn damals Lukas Podolski in Schutz genommen. Man darf gespannt sein, ob Löw auch in Russland seine Fingerfertigkeit unter Beweis stellt.
Objektiver WM-Genuss
Ja, natürlich ist es ärgerlich, dass Österreich bei dieser Weltmeisterschaft fehlt. Aber es hat andererseits auch sein Gutes. Wer will denn zwei Jahre nach der EM in Frankreich schon wieder eine Massenhysterie mit Titelwahnvorstellungen erleben, die schließlich in einer kollektiven Depression endet? Diesmal darf die rot-weiß-rote Brille abgelegt werden, das eröffnet den Blick auf das Wesentliche. Also: Zurücklehnen und einfach nur genießen.
Huuuuuuh!
Wer die Isländer vor zwei Jahren bei der EM in Frankreich erlebt hat, der hat diesen Schlachtruf noch immer im Ohr. Die Anhänger von der Insel sind das Huuh is Huuh der Fußballfans, auch bei der isländischen WM-Premiere wird der Urschrei der Begeisterung wieder zu hören sein. Jeder fünfte Isländer – 330.000 gibt es insgesamt – hat sich um ein WM-Ticket bemüht.
Heiße Fußballnächte
Es heißt ja immer gerne, dass so eine
Fußball-WM eine echte Belastungsprobe für jede Beziehung wäre. Mag ja sogar sein, dass die gemeinsamen Fernsehabende ausfallen und die Zärtlichkeiten während der Partien ins Abseits rücken. Die Erfahrungen und Statistiken der letzten Turniere sprechen freilich etwas anderes: Neun Monate nach der WM in Südafrika (2010) nahm die Geburtenrate signifikant zu. Und in manchen Teilen Deutschlands kamen neun Monate nach dem Sommermärchen 2006 um 30 Prozent mehr Babys auf die Welt.
Die Belgien-Viertelstunde
Anhänger der belgischen Nationalmannschaft können bei Spielen ihrer Mannschaft in der ersten Halbzeit guten Gewissens auf ihre Lieblingsserie umschalten. Denn für gewöhnlich versäumt man nichts. Die Belgier haben die letzten acht WM-Tore allesamt nach der 70. Minute erzielt.
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