Englands Coach Southgate bremst die Euphorie auf der Insel

Football: FIFA World Cup 2018
Nach dem Schützenfest gegen Panama ist in England schon die Rede vom WM-Titel - Trainer Southgate will davon nichts wissen.

Vor der Fußball-WM in Russland ist Englands Nationalmannschaft vom überwiegenden Teil der eigenen Anhänger und Medien als chancenlos abgestempelt worden. Nach dem 6:1 am Samstag in Nischni Nowgoroad gegen Panama schlug das Pendel in die entgegengesetzte Richtung aus. Plötzlich träumen die Yellow Press und die Fans der "Three Lions" vom WM-Titel.

"Wir glauben an ein Wunder", titelte die "Sun" nach dem fixierten Achtelfinal-Einzug. Selbst die zurückhaltende "Times" schrieb: " Harrys Heldentaten lassen die Fans vom Unglaublichen träumen." Gemeint war Harry Kane, der gegen Panama drei Treffer erzielte und mit insgesamt fünf Toren die WM-Schützenliste anführt.

Auch der Tottenham-Goalgetter wurde von der allgemeinen Hochstimmung angesteckt. "Es ist noch ein weiter Weg zum Titel, aber wir müssen daran glauben. Wenn man etwas im Leben erreichen will, muss man daran glauben", erklärte Kane.

Kane in Überform

Der 24-Jährige leistete einen wesentlichen Beitrag zu Englands höchstem WM-Sieg überhaupt. Bisher gelangen den Briten maximal vier Tore in einem Spiel - und das auch nur zweimal, zuletzt im WM-Finale 1966 beim 4:2 nach Verlängerung gegen Deutschland. Der damalige Matchwinner Geoff Hurst war bis Samstag gemeinsam mit Gary Lineker der einzige Engländer, der drei Tore in einem Weltmeisterschafts-Match schoss.

Kane stieg ebenfalls in den illustren Kreis auf und möchte nun als zweiter Engländer nach Lineker 1986 zum WM-Torschützenkönig avancieren. Deshalb bat er Teamchef Gareth Southgate um einen Einsatz am Donnerstag gegen Belgien, obwohl es in diesem Spiel nicht mehr um den Aufstieg geht. "Ich will spielen, ich will in dieser Form weitermachen", sagte Kane.

Football: Russia 2018, World Cup

Allerdings deutete Southgate schon an, einige Akteuren gegen Belgien zu schonen. "Es wird eine Chance für jene sein, die Spielpraxis brauchen, weil sie länger nicht im Einsatz waren." Der Ex-Teamspieler war inmitten der aufkommenden Euphorie bemüht, auf die Bremse zu steigen. "Ich bin nicht ganz zufrieden. Mir hat gegen Panama unsere Leistung am Anfang und das Gegentor am Ende nicht gefallen. Dazwischen war es gut, aber ich bin eben überkritisch", erklärte der Coach und betonte, wie wichtig ihm jetzt der Gruppensieg sei.

Englische Medien zweifelten jedoch die Bedeutung von Rang eins an. Rechenspiele wurden angestellt, wonach auf den Ersten von Pool G im Viertelfinale der Sieger aus dem möglichen Achtelfinal-Hit Brasilien - Deutschland warten könnte, während der Zweite in der Runde der letzten acht eventuell auf Mexiko oder die Schweiz trifft. Davor stehen für England und Belgien ohnehin noch Duelle mit den beiden Top-Teams aus Pool H (Senegal, Kolumbien oder Japan) an.

Fällt ein Losentscheid?

Die Entscheidung um Gruppe-G-Platz eins könnte zu einem engen Rennen werden, denn sowohl England als auch Belgien halten bei sechs Punkten und einem Torverhältnis von 8:2. Bei einem Remis würde die Fair-Play-Wertung herangezogen werden. Hier haben die Engländer mit bisher zwei Gelben Karten die Nase vor den Belgiern, von denen drei Kicker verwarnt wurden. Sollte am Ende auch hier Gleichstand herrschen, würde das Los entscheiden.

Über derartige Spekulationen muss sich Panama nicht mehr den Kopf zerbrechen - die Mittelamerikaner sind ebenso wie Tunesien ausgeschieden, waren nach dem England-Match aber trotzdem nicht unglücklich. Vor allem Felipe Baloy strahlte, nachdem er Panamas Ehrentreffer erzielt hatte. "Am Ende dieser langen Zeit in der Nationalmannschaft das historische erste Tor bei einer WM zu schießen, ist etwas Besonderes." Auch von den Fans wurde sein Treffer enthusiastisch und fast wie ein Sieg gefeiert. Teamchef Hernan Dario Gomez schwärmte: "Ich war sehr bewegt".

Nach dem Spiel bestätigte Baloy nach über 100 Länderspielen in 17 Jahren das Ende seiner Karriere bei den "Canaleros". "Es steht zu 100 Prozent fest, dass ich nach der WM nicht mehr für die Nationalmannschaft spielen werde, und zu 90 Prozent, dass ich gar nicht mehr Fußball spiele."

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