EURO: Ein Seitenblick auf prominente TV-Experten

Prohaska: Als Analytiker auf verbale Vorlagen seiner ORF-Moderatoren angewiesen
Schneckerl, Kahn und Scholl - sie alle haben die Seiten gewechselt.

So eine Endrunde ist traditionell auch eine Spielwiese für Altstars und Ex-Größen. Die prominenten Experten, die während der EURO für TV-Stationen am Ball sind, könnten zusammen ein richtiges Dream-Team bilden. Champions-League-Sieger, Rekordschützen, Publikumslieblinge und Córdoba-Helden – sie alle haben die Seiten gewechselt, und sie kritisieren, loben und g’schaftln nun über ihre Nachfolger.

Der KURIER hat es sich auf der Fernsehcouch bequem gemacht, einmal durchgezappt und analysiert nun die Analytiker.

Die höchste Instanz

Man würde sich manchmal wünschen, dass Herbert Prohaska das Hochdeutsch einmal in der Maske lässt und einfach drauflosredet, wie ihm der Simmeringer Schnabel gewachsen ist. "Auf der anderen Seite" (© Prohaska) würde der passionierte Stegreif-Schmähbruder dann unverzüglich manche lustigen ORF-Comedy-Formate ins Abseits stellen. Trotzdem ist und bleibt der nach der Schrift sprechende Schneckerl "ganz einfach" (© Prohaska) die höchste Fußballinstanz der Nation, auch wenn er sich mit Kritik und Häme meist sehr zurückhält. Aber wer selbst einmal als Teamchef ein 0:9 erlebt hat, der hat zwangsläufig in der neuen Rolle Erbarmen mit den Protagonisten von jetzt.

Der erloschene Vulkahn

EURO: Ein Seitenblick auf prominente TV-Experten
German former goalkeeper Oliver Kahn yawns as he stands on the pitch before the Champions League quarter final first leg soccer match between Malaga and Borussia Dortmund at La Rosaleda stadium in Malaga, April 3, 2013. REUTERS/Jon Nazca (SPAIN - Tags: SPORT SOCCER)
Wie der impulsive Torhüter Oliver Kahn wohl reagiert hätte, wenn ihm in der Kabine der vornehm zurückhaltende TV-Experte Oliver Kahn gegenübergesessen wäre? Möglicherweise mit einem seiner berühmtesten Sprüche aus seiner aktiven Zeit. "Eier, wir brauchen Eier!"

Seinerzeit, auf dem Spielfeld, war der 47-jährige Titan unberechenbar, immer für einen Auszucker gut – und er trug nicht von ungefähr den Beinamen Vulkahn. In seiner Rolle als ZDF-Analytiker gibt sich der langjährige Bayern-Tormann meist handzahm und pflegt bei seinen Expertisen einen Doppelpass zwischen übertriebener Sachlichkeit und oberlehrerhaften Einschätzungen. Unterhaltsam wird’s immer dann, wenn Kahn von Moderator Oliver Welke verbal gekitzelt wird und der Tormann plötzlich seine selbstironische Seite zeigt.

Der Rebell

EURO: Ein Seitenblick auf prominente TV-Experten
"Willkommen Österreich mit Stermann & Grissemann", "Gäste: Cro und Mehmet Scholl." Late Night Satire Talkshow mit Stermann&Grissemann Provokante Themen und schwarzer Humor - fernab von Political Correctness - präsentiert mit dem sprühenden Charme der Abgeklärtheit.Im Bild: Mehmet Scholl. SENDUNG: ORF eins - DI - 27.05.2014 - 22:00 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF/Hans Leitner. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606
Mehmet Scholl pflegt seine Rolle alsARD-Experte so, wie er seinerzeit jene als Freigeist auf dem Spielfeld interpretiert hat. Trickreich, immer für eine Überraschung gut, mit einem leichten Hang zur Lässigkeit. Man merkt es Scholl zwar an, dass er nicht immer sattelfest ist, etwa wenn er zur Halbzeit des Spiels Österreich gegen Portugal Torhüter und Hauptdarsteller Almer beim falschen Namen nennt. Aber der langjähriger Bayern-Star überspielt verbale Verdribbler mit einem frechen Augenzwinkern und einem präzisen Blick fürs Wesentliche. Auf die Objektivität wird dabei gepfiffen: Mehmet Scholl gibt unumwunden zu, dass ihn der englische Fußball nervt, zugleich ist er sich aber nicht zu schade, sich dann von den EM-Auftritten der Three Lions begeistert zu zeigen.

Die Bildschirm-Herren

Die Männer, die an den Bildschirmen mit Kreisen, Linien und Pfeilen operieren, sind nicht zu beneiden. Wer das Fußballspiel als Spiel liebt, der fühlt sich dabei schnell einmal an den Mathematik-Unterricht erinnert. Mit kurzen Einspielungen in wenigen Sekunden dem Fußvolk das taktische Fachlatein näherzubringen, wie es Roman Mählich (ORF) und Holger Stanislawski (ZDF) versuchen, das ist wohl die undankbarste Aufgabe, die ein Experte haben kann. Allein deshalb gebührt ein Lob.

Die Kultfiguren

Gary Lineker hat nun als TV-Kommentator für BBC und Al Jazeera fast noch mehr Fans als zu seiner aktiven Zeit, als der englische Stürmer WM-Torschützenkönig wurde (1986). Vor allem seine Twitter-Botschaften genießen Kultstatus. Ähnlich beliebt ist der frühere Teamspieler David Ginola, der inzwischen der Fußball-Anchorman im französischen Fernsehen ist. Lothar Matthäus wiederum analysiert die EM-Spiele für mehrere internationale Sender.

Sein früherer Trainer hat es hingegen nicht zur EURO geschafft. Für Giovanni Trapattoni hieß es vorzeitig: "Ich habe fertig." Der Kulttrainer hatte als Co-Kommentator die italienischen Spieler dermaßen beschimpft, dass die RAI ihn erst gar nicht für die EM nominierte.

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