Singapur-Grand Prix: Titelduell in der Nacht

Kaum ein Grand Prix bietet so eine eindrucksvolle Kulisse wie Singapur.
Der WM-Kampf in der Formel 1 geht in die Endphase - mit Vorteil Hamilton.

Die Saison 2016 ist ohne Zweifel die spannendste Formel-1-Weltmeisterschaft der vergangenen Jahre. Zwar sind die Mercedes von Weltmeister Lewis Hamilton und seinem deutschen Stallgefährten und WM-Konkurrenten Nico Rosberg auch heuer nicht zu bremsen - der "Krieg der Sterne" beim deutschen Team verspricht jedoch eine heiße Schlussphase für die laufende Saison.

Zwei Drittel der Saison sind absolviert, mit dem Grand Prix von Singapur stehen noch insgesamt sieben Rennen auf dem Programm. Und das Titelduell könnte kaum enger sein: Der amtierende Champion Hamilton liegt gerade einmal zwei Punkte vor Rosberg, der in Singapur in seinen 200. Grand Prix geht. Zum Vergleich: In der vergangenen Saison ging Hamilton mit 53 Punkten Vorsprung in den Singapur-Grand-Prix.

Mercedes unschlagbar - auch in Singapur?

Ausgerechnet der Stadtkurs in der Marina Bay erwies sich im vergangenen Jahr jedoch als schlechtes Pflaster für die Silbernen: Schon im Qualifying war Mercedes nur bedingt konkurrenzfähig, mussten sich hinter Ferrari und Red Bull mit den Startplätzen fünf und sechs begnügen. Im Rennen schied Hamilton mit einem technischen Problem aus, Nico Rosberg rettete Platz vier. Der Sieg ging an Ferrari.

Singapur-Grand Prix: Titelduell in der Nacht
epa04940668 German Formula One driver Sebastian Vettel of Scuderia Ferrari in action during the Singapore Formula One Grand Prix night race in Singapore, 20 September 2015. EPA/RUNGROJ YONGRIT
In der laufenden Saison ist Mercedes bisher jedoch unantastbar. Wäre nicht die unnötige Startkollision von Barcelona gewesen, dann hätte das Weltmeisterteam wohl alle Rennen des Jahres für sich entschieden. Kein Wunder, dass Mercedes also auch in den Singapur-Grand-Prix als absoluter Favorit geht.

So richtig will aber wie üblich niemand die Favoritenrolle annehmen: Bei Red Bull gibt man sich zurückhaltend, Mercedes verweist auf das Debakel im vergangenen Jahr. Und bei Ferrari ist man angesichts des zuletzt zunehmenden Rückstands auf Mercedes und zwischenzeitlich sogar Red Bull ohnehin um große Töne verlegen.

Kein Rennen wie jedes andere

Tatsache ist: Singapur ist eine Strecke für Außenseiter. Fernando Alonso siegte im unterlegenen Renault - wenn auch mit Hilfe seines absichtlich verunfallten Teamkollegen - und Sebastian Vettel düpierte die Silberpfeile im vergangen Jahr und holte sich den bis dato letzten Nicht-Mercedes-Sieg in einem Rennen, in dem zumindest ein Mercedes das Ziel erreichte.

Das liegt an der einzigartigen Charakteristik von Singapur. Vergleichsweise lange Geraden wechseln sich mit 90-Grad-Kurven und Haarnadeln ab, dazu kommt die enorme Luftfeuchtigkeit samt hohen Temperaturen (ähnlich wie in Malaysia), die den Turbomotoren enorm zu schaffen macht. Vor allem die Temperaturen waren im vergangenen Jahr einer der Sargnägel für Mercedes.

Singapur-Grand Prix: Titelduell in der Nacht
Mercedes Formula One team members push the car of Britain's Lewis Hamilton into the garage after it encountered power problems during the Singapore F1 Grand Prix at the Marina Bay street circuit September 20, 2015. REUTERS/Edgar Su
Der größte Unterschied zum Rest der Formel-1-Saison ist aber zweifellos die Startzeit. Anders als in den anderen Rennen startet die Königsklasse in Singapur nämlich erst in der Nacht: Um 20 Uhr Ortszeit gehen die Lichter an der Startampel aus. Der Flutlicht-Grand-Prix war das erste Nachtrennen der Formel 1, mittlerweile wird auch in Bahrain nach Einbruch der Dunkelheit gefahren, zudem findet das Saisonfinale in Abu Dhabi in der Dämmerung statt.

Viel Aufregung abseits der Strecke

Während die Action in Singapur am Freitag um 12 Uhr mitteleuropäischer Zeit mit dem ersten Freien Training startet, war im Vorfeld des Rennens schon viel los: Singapur gilt traditionell als eine Art Deadline für viele Teams, was ihre Fahrerpaarungen betrifft. Vor allem auf Sergio Perez war deshalb viel Aufmerksamkeit gerichtet - der Mexikaner gilt als Königsfigur im Poker um die verbliebenen Teams.

Zwar hat Perez einen Vertrag für die kommende Saison bei seinem Force-India-Team, trotzdem ist er eine begehrte Aktie auf dem Fahrermarkt. Renault sucht für seinen Werksauftritt nach einem etablierten Top-Piloten. Kevin Magnussen und Jolyon Palmer erfüllen dieses Kriterium nicht - sie beide dürften ihr Cockpit verlieren. Esteban Ocon gilt als französische Zukunftshoffnung bei Renault als gesetzt.

Bei Williams wird nur noch abgewartet, bis Lance Stroll sich den Formel-3-EM-Titel geholt hat, ehe der noch 17-Jährige als neuer Teamkollege von Valtteri Bottas verkündet wird. Er gilt nicht nur als Supertalent vom Schlage eines Max Verstappen, sondern bringt auch noch beträchtliche Sponsor-Gelder mit. Aufgrund des Kanadiers wird Felipe Nasr wohl seine Hoffnungen auf das Williams-Cockpit begraben müssen und vermutlich ein weiteres Jahr bei Sauber anhängen.

Offen bliebe, sollte sich Perez gegen Force India und für Renault entscheiden, die Nachfolge des Mexikaners beim indischen Team. Als Kandidat gilt Pascal Wehrlein - der Mercedes-Junior liefert bei Manor einen bemerkenswerten Start in seine Formel-1-Karriere ab und darf sich Hoffnungen auf den Aufstieg zum ebenfalls von Mercedes-Motoren angetriebenen Rennstall aus Indien machen.

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